Ellen Jacobi: Frau Schick räumt auf

  • Autor


    1960 am Niederrhein geboren; Studium der Literatur und Anglistik; als
    Reiseleiterin und Lehrerin in England tätig; Redakteurin für
    Tageszeitungen sowie Magazine in Deutschland




    Inhalt




    Eigentlich hat Frau Schick gehofft, auf dem Jakobsweg in Ruhe zu sich
    selbst zu finden. Doch mit Ruhe ist es nicht weit her: Ihr Chauffeur
    Herberger lässt sie nicht aus den Augen, und die Mitwanderer gehen ihr
    gehörig auf die Nerven. Der liebeskranken Nelly nimmt sich die rüstige
    Witwe dennoch gerne an. Energisch sorgt sie im Leben ihres Schützlings
    für Ordnung. Doch auch in Frau Schicks Leben gäbe es einiges aufzuräumen
    ...
    Meine Meinung




    Frau Schick beschließt, den Jakobsweg zu gehen. Natürlich kann sie das
    in ihrem doch schon fortgeschrittenen Alter nicht mehr vollständigen
    tun, also bucht sie eine Reise mit Reiseführer, um zumindest Strecken
    des Wegs zu absolvieren. Begleitet wird sie dabei von ihrem Chauffeur
    Herberger, den sie jedoch lieber Wohlfahrt nennt, nach seinem Vornamen,
    was für sie schöner klingt. Außerdem ist da die Reisegruppe, angefangen
    mit Bettina, einer Krankenschwester, sowie zwei Ehepaaren und natürlich
    der Reiseleiter, der aussieht wie Jesus. Als Frau Schick dann noch Nelly
    einsammelt, die eigentlich einen wundervollen Typen angeln wollte und
    sich plötzlich mitten im Nirgendwo alleine ohne Koffer, dafür mit einem
    paar traumhaften sowie unpraktischen Pumps und einem verdreckten Kostüm
    vorfindet, ist das Chaos vorprogrammiert.




    Frau Schick ist in vielen Dingen eine typische Preußin, oft hat sie mich
    an meine vielen Großtanten erinnert in ihrer Handlungsweise.
    Tatsächlich sind viele meiner Tanten tatsächlich nach außen hin ein
    bisschen bissig und wirken hart, haben aber einen unglaublich weichen
    Kern. Es gibt noch mehr, aber das werde ich jetzt nicht alles aufzählen
    ;) Ich mag Frau Schick. Sie hatte kein leichtes Leben, hat sich aber
    dennoch durchgebissen und schon während ihrer Flucht Großartiges
    geleistet. Und ihr Faible für Schlitzohren fand ich absolut zauberhaft.
    Frau Schick ist ein echtes Original, mit sehr interessanten Ansichten
    und schrägen Ideen. Ihr ruppiger Charakter tut das Übrige und ich war
    hin und weg.


    Auch Herberger... oder soll ich eher Wohlfahrt sagen? Auch er ist ein
    spannender Charakter, seine kleinen Streitereien mit Frau Schick, ob es
    nun wegen des Laufens oder auch wegen Nelly ist, sorgen immer wieder für
    die amüsantesten Momente. Ganz besonders toll wurde es immer dann, wenn
    er klein beigeben musste und durch einen von Frau Schicks Tricks
    reingelegt wurde. Die Tatsache, wie er Frau Schick immer mehr mag und
    sie mehr und mehr schätzt, fand ich einfach rührend. Sie schlich sich in
    sein Herz, das wirkte sehr authentisch. Doch zugleich hat Herberger
    auch ein kleines Geheimnis, das sich vergrößert, als die beiden auf Frau
    Schicks Reisegruppe treffen.


    Und dann ist da noch Nelly: ein Unglücksrabe, wie er im Buche steht. Der
    erste Mann war selbstsüchtig und sie kam nicht drüber weg. Jetzt hat
    sie Javier kennen gelernt, Spanier, Sohn eines Weingutbesitzers und
    verdammt gut aussehend. Doch auch das endet erst in einem kleinen und
    dann in einem großen Drama. Mal abgesehen davon, dass sie dauernd ihre
    beste Freundin im Kopf hört und ihre Tochter sich langsam abnabelt und
    lieber zu ihrem Papa möchte. Da tut es ihr ganz gut, dass Frau Schick
    sich ihrer annimmt und sie für das Übersetzen von Bibelpassagen aus dem
    Spanischen bezahlt.




    Ich mag hier jeden einzelnen Charakter. Und die Entwicklung dieser auch.
    Gerade Frau Schicks Weg ist mit dem Verarbeiten von etwas verbunden und
    das ist einfach unglaublich schön dargestellt. Wut, Trauer, Erinnerung,
    Angst, alles ist dabei und es passt einfach.


    Die Geschichte an sich ist natürlich keine sonderlich hochtrabende oder
    komplizierte, doch sie hat ihren ganz eigenen Charme, der auch zum
    Großteil durch die großartigen Charaktere entsteht. Sogar jeder
    Nebencharakter ist liebevoll entworfen und eingebracht.




    Fazit




    Eine charmante Geschichte über eine alte Dame, ihren Chauffeur, einer
    absoluten Verliererin sowie eine bunte Reisegruppe, die auf dem
    Jakobsweg so einiges mitmachen und erleben. Dabei gibt es doch immer
    wieder überraschende Wendungen und Erkenntnisse. Immer wieder musste ich
    herzhaft Lachen, weil die Charaktere so eigen und in ihrem
    Zusammentreffen amüsant sind.


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  • Ich hab das Buch auf eine Flohmarkt für 1 € ergattert, und so wie es aussieht, war das eine gute Investition:). Hört sich nach einem guten Schmöker.