Inhalt:
Annette Pehnts hell leuchtender neuer Roman ist die schonungslose, einfühlsame Geschichte von Großmutter, Mutter und Tochter. Immer und immer wieder versuchen sie, einander nahezukommen. »Chronik der Nähe« ist ein facettenreicher Roman von Liebe und Distanz.
Annette Pehnt erzählt die Geschichte einer Familie. Und es ist eine Familie von Frauen. Wortgewaltige Lästermäuler, nicht auf den Mund gefallen, Plaudertaschen. Großmutter, Mutter, Tochter. Schwierig wird es nur, wenn das Schweigen ausbricht. Das war so zwischen der Großmutter und der Mutter. Und auch bei Mutter und Tochter ist es so. Sie schweigen, bis eine klein beigibt, bis eine die Stärkere ist und ihren Willen bekommt. Aber wie wollen sie so eine Antwort auf die Frage finden: Liebst du mich auch? Auf einer Reise lässt sich das vielleicht besser herausfinden. Bevor die Mutter stirbt. Aber ob der Ausflug nach Rügen hält, was sich die Tochter von ihm verspricht? »Chronik der Nähe« ist der Roman dreier Generationen von Frauen und eine kurze Geschichte Deutschlands zugleich.
(Quelle: Verlagsseite)
Die Autorin:
Annette Pehnt, geboren 1967 in Köln, studierte und arbeitete in Irland, Schottland, Australien und den USA. Heute lebt sie als Kritikerin und freie Autorin mit ihrem Mann und drei Kindern in Freiburg. 2001 veröffentlichte sie ihren ersten Roman »Ich muß los«, für den sie unter anderem mit dem Mara-Cassens-Preis ausgezeichnet wurde. 2002 erhielt sie in Klagenfurt den Preis der Jury für einen Auszug aus dem Roman »Insel 34«, 2008 den Thaddäus-Troll-Preis sowie die Poetikdozentur der Fachhochschule Wiesbaden und 2009 den Italo Svevo-Preis.
(Quelle: Verlagsseite)
Allgemeines:
Erschienen: März 2012
224 Seiten
7 Kapitel, benannt nach den Wochentagen
Meine Meinung:
" Mutter bedroht Annie mit dem Tod, das kann sie gut.
Ich sterbe, sagt sie zunächst leise, aber es genügt, um den Herzschlag des Kindes zu beschleunigen, um Annie an Mutters Seite zu holen, sie nimmt Mutters Hand und presst sie an ihre Schulter.
"Ich sterbe, das fühle ich, diesmal sicherlich, es ist soweit."
Annette Pehnt behandelt in ihrem Roman "Chronik der Nähe" zwei problematische Mutter-Tochter Beziehungen über drei Generationen hinweg.
Die Enkelin sitzt an sieben Tagen am Krankenbett ihrer Mutter Anne und erinnert sich an die eigene Kindheit und an Geschichten aus der Kindheit ihrer Mutter.
Ich-Erzählerin ist die Enkelin; der Leser erfährt nur den Namen der Mutter; Großmutter und Enkelin bleiben namenlos.
Männer treten in diesem Roman ganz in den Hintergrund, bleiben bis auf Onkel Hermann ebenfalls namenlos, werden z.B. als "Der Richtige" bezeichnet.
Anfangs fand ich dies etwas verwirrend, auch weil die Zeitebene plötzlich wechselt, die Erinnerungen nicht chronologisch angeordnet sind.
Die Beziehungen zwischen Mutter und Tochter gestalten sich nicht unproblematisch, sie sind geprägt von (zuviel) Nähe, Distanz, Schweigen, Forderungen und Liebe.
Aber Nähe ist nicht so einfach:
"Umarmen: nicht so leicht. Einer von uns sträubt sich kaum merklich. Am besten geht es, wenn wir uns nicht anschauen."
Als nahezu erpresserisch empfand ich folgende Passage:
" ...und dann kam das Wichtigste: Annie tritt ganz nah an Mutter heran, nimmt ihr Gescicht in beide Hände und flüstert: "du bist die Liebste." Gleich spürt sie, dass die Worte nicht gut genug sind, die Liebste sind viele, es muss anders gesagt werden, und Mutter verharrt so lange mit geschlossenen Augen, bis sie es hört: " Ich liebe dich sehr", und da öffnet sie die Arme und drückt Annie gewaltig an sich und küsst sie auf den Mund, ein Moment, den Annie zugleich verabscheut und herbeisehnt." S. 114
"Chronik der Nähe" ist ein feinfühlig geschriebener und gut konstruierter Roman, der mir auch sprachlich gut gefallen hat.
Das war mein erster Roman von Annette Pehnt, aber sicher nicht der letzte.