Katy Buchholz: Dem Spiegelbild so fern

  • Kann man sich selbst verlieren?


    Die Geschichte beginnt mit einer mysteriösen Durchsage in einer U-Bahn. Eine tragende Rolle hat diese Situation zwar nicht, dennoch stimmt sie auf etwas ein, das auf den weiteren Seiten folgen wird: eine Anekdote nach der anderen, teilweise wunderbar humorvoll geschrieben. Ich persönlich habe eine Vorliebe für einen straffen Erzählungsstil, deswegen war ich auf manchen Seiten ein etwas ungeduldiger Leser. Ungeachtet dessen bin ich jedoch sehr leichtfüßig durch die Geschichte gekommen.


    Während sich vordergründig der Alltag von vier gänzlich unterschiedlichen Freunden abspielt, schwingt im Hintergrund ein ernstes Thema mit: Bulimie. Sie ist eine von vier Formen der Essstörung und drückt sich aus durch Heißhungerattacken, denen absichtlich herbeigeführtes Erbrechen folgt. Die Magensäure greift mit der Zeit die Speiseröhre und die Zähne an.


    Ich habe mich im Nachgang dieses Buches in das Thema „Bulimie“ (auch: Bulimia nervosa) eingelesen und denke, dass ich den schlimmen Leidensweg noch intensiver miterlebt hätte, wenn die Geschichte aus Sicht der Protagonistin erzählt worden wäre. Dann hätte ich ihn an mir selbst gespürt: den Stempel der Geächteten. Und ich hätte mich selbst verloren.


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