Eddie Hartmann - Strategien des Gegenhandelns.

  • Klappentext:

    In Europa hat die öffentliche Debatte über Integration und Zuwanderung wieder deutlich an Schärfe hinzugewonnen. Die anhaltende Diskussion über „gescheiterte Integration“, „Ghettoisierung“ und „Parallelgesellschaften“ bringen die Idee der multikulturellen Gesellschaft immer stärker in Verruf. Ein Ereignis, das diese Debatte erst vor wenigen Jahren erneut entfachte, waren die französischen Vorstadtunruhen im Herbst 2005: die berüchtigten émeutes urbaines. Jenseits der üblichen medienwirksamen Schlagworte bemüht sich die vorliegende Arbeit um eine analytisch gehaltvolle Erklärungsperspektive. Auf Grundlage einer qualitativen Studie in von den Unruhen maßgeblich betroffenen Vororten entwickelt sie Eine soziologische Perspektive auf die konfliktreichen Beziehungen zwischen den sogenannten jeunes de banlieue und ihrer gesellschaftlichen Umwelt. Dabei gewährt sie einen distanzierten und analytisch aufschlussreichen Einblick in eine Konfliktdynamik, die offenbar zur dauerhaften Verhärtung antagonistischer sozialer Beziehungen zwischen jüngeren Zuwanderungsgenerationen und Teilen der Aufnahmegesellschaft führt.

    Eigene Beurteilung:

    Eddie Hartmann hat im Jahr 2010 seine Dissertation zum Gegenhandeln französischer Jugendlicher in den französischen Vorstädten eingereicht, die auf einer qualitativen Analyse von 25 Interviews mit Akteuren bei den Unruhen in den banlieue basiert. Er findet dabei die ambivalenten Grenzziehungstypen (angepasste Kämpferin, Gruppenmeider und empörte Kämpferin), die sich bemühen, ihre stigmatisierte Umgebung zu verlassen. Dann gibt es die Umwertungstypen (Egalisierer, geläuterter Krieger und unfreiwilliger Krieger), die das Stigma für sich und ihre Gruppe ins Positive wenden und damit ihre Handlungen entschuldigen. Und schließlich sind da noch die Selbstausgrenzer („Ghettoweise“, Verschwörungstheoretiker und politischer Aktivist), die gewaltsames Vorgehen gutheißen, weil die konstruierte Gegenseite so böse und hintertrieben ist und ihnen gar keine anderen Möglichkeiten lässt.

    Tatsächlich sind diese Typen und Subtypen den meisten Freunden sogenannter Ghetto-Thriller durchaus schon seit Anfang der 80er Jahre vertraut, so dass der Erkenntniswert dieser Arbeit vergleichsweise gering ist. Der lange Vorlauf zur Analyse wirkt daneben eher ein wenig aufgebläht und das Fehlen der Interviews im Anhang eher irritierend. Leserinnen und Leser ohne Französischkenntnisse werden dieses Buch auch lieber meiden wollen, denn alle Interview-Zitate und Zitate aus der französischen Fachliteratur liegen nicht in Übersetzung vor, was bei dieser großen Menge an Zitaten sicherlich problematisch ist. Insgesamt nicht zu empfehlen.