Klappentext:
Nachts auf einer Landstraße. Ein Gewitter zieht auf. Es regnet in Strömen. Jan könnte platzen vor Glück. Gerade hat er zum ersten Mal mit Laura geschlafen. Wieso ist ihre Wahl ausgerechnet auf ihn gefallen, den Stillen, den Schweiger, der seine Gefühle nicht in Worte fassen kann?
Plötzlich blenden ihn Schweinwerfer. Das Auto versucht ihm auszuweichen. Prallt gegen einen Baum. In dem Wagen sitzt Catrin. Die bei dem Unfall erblindet und ihm die Augen öffnen wird. Die er nicht kennt und die ihn nicht mehr loslassen wird. Die ihm immer näher kommt, je weiter er sich von Laura entfernt.
Über den Autor:
Christoph Wortberg wirkte in zahlreichen Theater- und TV-Produktionen mit. Er lebt als Autor und freier Schauspieler in Köln und schreibt Drehbücher fürs Fernsehen. Für "Die Farbe der Angst" wurde er mit dem "Hansjörg-Martin"-Krimipreis ausgezeichnet.
Allgemeines zum Buch:
Mit seinen 190 Seiten ist das neueste Werk von Christoph Wortberg recht dünn. Das Buch hat 31 Kapitel, die sich in drei Teile gliedern. Mit durchschnittlich vier bis fünf Seiten sind die Kapitel recht kurz. Zudem ist die Schrift sehr groß, wodurch sich das Buch aber angenehm lesen lässt.
Geschrieben ist das Buch aus der Sicht eines allwissenden Erzählers in der Gegenwartsform.
Interessant finde ich das Cover des Buches: Nach einem Regenschauer bleiben die Tropfen auf der Scheibe hängen. Doch der nächste Sonnenstrahl ist schon in Sicht!
Meine Meinung zum Buch:
Jan ist glücklich! So glücklich, dass er sein Glück kaum fassen kann. Doch er muss lernen, wie schnell Glück umschlagen kann. In Verzweiflung, Schuldgefühle, Vorwürfe. Denn Jan trägt Schuld an einem schrecklichen Unfall, bei dem ein unschuldiges Mädchen sein Augenlicht verlor. Wie lebt man mit dieser Schuld? Und wie verhält man sich diesem Mädchen gegenüber, dessen Lebensmut ungebrochen scheint?
Christoph Wortberg ist mit seinem Roman "Dieser eine Moment" ein wunderbar eindringliches Buch gelungen. Er versteht es sehr gut, die Gefühlswelt seiner Charaktere anschaulich darzustellen ohne dabei zu emotional zu werden.
Der Stil des Autors ist stilistisch ausgefeilt, Wortberg spielt mit rhetorischen Mitteln. Seine Protagonisten bezeichnet er als "Er" und "Sie", ihre Namen werden nur selten genannt. Dazu verwendet er kurze Sätze, von denen eine intensive Wirkung auf den Leser ausgeht. Oft sind es nicht einmal Sätze, sondern nur Wortgruppen, doch sie vermitteln eine greifbare Atmosphäre. Man meint, Jans Verzweiflung mit Händen greifen zu können und Catrins Erschütterung zu spüren.
Der Autor baut einige Szenen aus der Vergangenheit der Charaktere ein. Dabei ist der Übergang zwischen Gegenwart und Vergangenheit jedoch fließend, denn weder werden in den Kapiteln Absätze eigenbaut, die diesen Wechsel verdeutlichen würden, noch ändert sich die Zeitform. Von einer Zeile zur nächsten befindet sich der Leser unvermittelt in der Vergangenheit des Charakters und es braucht stellenweise einen Moment, bis man diesen Wechsel bemerkt. Ebenso plötzlich befindet man sich wieder in der Gegenwart. Diesen Aufbau finde ich sehr interessant und er war doch stets so gut nachvollziehbar, dass er nicht zu Verständnisproblemen geführt hat.
Jan macht im Verlauf des Buches eine interessante Entwicklung durch. Er muss sich seiner Schuld stellen und erreicht dies letztlich dadurch, dass er sich Catrin stellt. Die beiden werden Freunde, und aus der Freundschaft wird schließlich sogar noch mehr. Jan durchlebt ein Wechselbad der Gefühle: Von Schuldvorwürfen zu Mitleid zu Liebe.
Besonders berührt hat mich das Schicksal von Catrin. Meine größte Angst ist es, zu erblinden, und Catrin hat dieses Los völlig unerwartet ereilt. Sehr getroffen hat mich eine Szene, in der sie beschreibt, dass sie nicht mehr weiß, wie sie aussieht. Was muss es für ein Gefühl sein, zu vergessen, wie die Menschen, die man liebt, aussehen? Wenn man noch nicht einmal ein Foto in die Hand nehmen kann, un seine Erinnerungen aufzufrischen, geschweige denn die Menschen Auge in Auge anzusehen? Wenn die Erinnerungen einfach nach und nach verblassen? Was für eine furchtbare Vorstellung! Catrin muss so vieles aufgeben! Wird sie jemals einen Beruf haben? Wird sie jemals Kinder haben können? Nach außen wirkt sie so tapfer, aber innerlich ist sie zerstört.
Schließlich ist es Jan, der sie rettet. und rettet Catrin nicht auch Jan? Denn Catrin mag zwar blind sein, was ihre Augen betrifft, aber dafür sieht sie mit anderen Dingen. Ihre Wahrnehmung verbessert sich ungemein und schließlich erkennt sie Jan als denjenigen, der Schuld an dem Unfall trägt. Doch, was Jan nicht weiß, sie vergibt ihm unbemerkt bereits im ersten Moment, als sie sich kennenlernen.
Ein wenig gestört haben mich die Liebesszenen, die der Autor sehr ausführlich beschreibt. Hier wurde mir teilweise doch etwas zu sehr ins Detail gegangen.
Das Ende des Buches ist recht abenteuerlich, aber durchaus annehmbar. Mehr möchte ich dazu an dieser Stelle jedoch nicht sagen - lest am besten selbst!
Mein Fazit:
"Dieser eine Moment" ist ein fesselnder und faszinierender Jugendroman, der Probleme thematisiert, die mir in dieser Form bislang in keinem anderen Jugendroman begegnet sind. Ich freue mich darauf, weitere Bücher des Autors zu entdecken.