Anne Perry - Galgenfrist für einen Mörder / Execution Dock

  • Klappentext (Auszug):
    Als es William Monk, Kommandant der Londoner Wasserpolizei, endlich gelingt, Jericho Phillips, einen Kinderschänder und Mörder, zu fassen, glaubt er an die sichere Verurteilung des perversen Verbrechers. Doch dann erhält Monks Freund, der Anwalt Sir Oliver Rathbone den Auftrag eines anonymen Mandanten, Jericho Phillips zu verteidigen. Er sagt zu – und kämpft zum ersten Mal in seiner Karriere gegen Monk. Aber Rathbone ist sich nicht bewusst, wie weit er selbst in den Fall Phillips verwickelt ist ...


    Zum Inhalt:
    Monk ist von dem Wunsch beseelt, seinem ehemaligen, inzwischen verstorbenen Vorgesetzen bei der Wasserpolizei, einen Gefallen zu erweisen, indem er dessen jahrelange verbitterte Jagd auf Jericho Phillips zu Ende bringen möchte, der an der Themse ein Bordell für feine Herren mit ungewöhnlichen Vorlieben betreibt. Durchkreuzt wird das Gelingen ausgerechnet von Rathbone, der ihm als dessen Verteidiger in den Rücken fällt. Durban, der ehemalige Vorgesetzte, der bei einem vorigen Fall sein Leben ließ, gerät in Verruf; die Existenz der Flusspolizei ist gefährdet.
    Das können Monk und seine patente Frau Hester natürlich nicht zulassen, und so begeben sie sich mit Hilfe des elfjährigen „Mudlarks“( heimatlose Kinder, die am Fluss aufwachsen) Scuff auf die Suche nach Beweisen für die Schuld des windigen Mr. Phillips und finden auch Erstaunliches über die Ursache der jahrelangen Verfolgungsjagd von Durban heraus, die nicht nur beruflichen Motiven entsprang.


    Meine Meinung:
    Anfangs hatte ich enorme Schwierigkeiten, in die Geschichte reinzufinden. Hester war mir zu vorschnell in ihrem Urteil und Entsetzen gegenüber Rathbone. Mit zunehmender Seitenzahl wurde das Buch spannender, psychologisch interessant – und trotzdem nicht leicht zu lesen. Das Thema Kindesmissbrauch - bei dem sich Mrs. Perry zwar löblich zurückhält, die Vorstellungskraft dafür aber umso mehr anheizt – ist für mich etwas unheimlich schwer Verdauliches. Insofern hat mich das Buch eher negativ überrascht, da ich von Anne Perry zwar durchdachte und psychologisch ausgefeilte Plots schätze, aber von ihren bisherigen Monk-Büchern angenehmer unterhalten worden bin. Weitere Schönheitsfehler waren die immer wieder auftauchenden Andeutungen über die Handlung des Vorgängers, die ich nach einer längeren Monk-Pause nicht mehr im Kopf habe, die unangebrachte Melodramatik im Gerichtssaal und die Vorhersehbarkeit der Handlung.
    Sehr gut fand ich Durbans persönliche Geschichte, der mir dadurch sympathischer wurde.


    Fazit:
    Lesenswert für nicht gar so zarte Gemüter. Ein Krimi in gewohnter Anne Perry-Manier mit vielen gekräuselten Lippen, edlen und korrupten Gentlemen und emanzipierten Frauen im lebendig gezeichneten viktorianischen England.
    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Danke für die interessante Rezi. Ich habe mir das englische TB, das Ende Februar erscheint, gestern bereits vorbestellt. :thumleft:

    Weitere Schönheitsfehler waren die immer wieder auftauchenden Andeutungen über die Handlung des Vorgängers, die ich nach einer längeren Monk-Pause nicht mehr im Kopf habe,

    Welches war denn der Vorgänger ? Ich habe die ganzen Monks nicht immer in der richtigen Reihenfolge gelesen, vielleicht kannst Du mir den englischen Titel des vorigen Bandes nennen? :pray:



    Lesenswert für nicht gar so zarte Gemüter.

    Das klingt wie für mich gemacht!

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • @ Klaus ~ entschuldige meine Neugier, aber darf ich wissen, weshalb meine letzten beiden Rezis editiert wurden, ohne dass ich eine Veränderung feststellen kann?


    @ €nigma ~ denke, dass dir das Buch gefallen könnte. Der Vorgänger war "Das dunkle Labyrinth" (Ich hab den Originaltitel nicht parat ... :uups: ) und handelt, glaube ich, von Monks zweitem Fall bei der Wasserpolizei unter Durban als Chef. Es ging da um irgendeine Sache in der Kanalisation, bei der Durban sein Leben lässt ... sehr vage, ich weiß. Sorry!

  • @ Klaus

    Der Vorgänger war "Das dunkle Labyrinth" (Ich hab den Originaltitel nicht parat ... :uups: )


    Ich habe gerade auf der Krimi-Couch nachgesehen, es war "Dark Assassin" und ich habe es vor 2 Jahren gelesen, die Erinnerungen sind aber eher vage.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
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  • @ €nigma ~ ich hab in meinem Bücherregal recherchiert: In "Dark Assassin" hat Monk seinen ersten Fall als Kommandant der Wasserpolizei zu lösen (nämlich jenen in der Kanalisation), aber das Buch, in dem der Vorgesetzte Durban auftaucht, heißt "Black and Ivory" (dt. Titel "Schwarze Themse").


    Ich hab in den Bücherreihen hier gesehen, dass es mittlerweile 18 Monk-Bände gibt - da ist es verständlich, wenn man den Überblick verliert, oder? ;)

  • heißt "Black and Ivory" (dt. Titel "Schwarze Themse").


    Das Buch ist offenbar total an mir vorübergegangen, weder der englische noch der deutsche Titel kommt mir bekannt vor. Ich hätte auch nie gedacht, dass es so viele Bände der Monk-Serie gibt. Bisher habe ich schätzungsweise nur 8-10 Bände gelesen (und eine Menge Pitt-Krimis).


    Ich habe gerade mein Bücherregal gecheckt: da sind insgesamt 26 Bücher von Anne Perry drin.

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  • Ich habe heute die Originalausgabe "Execution dock" beendet .


    Meine Beurteilung


    Monks verstorbener Mentor, Commander Durban, seinerzeit Chef der
    Londoner Flusspolizei, hatte bereits fieberhaft gegen den Zuhälter
    Jericho Philipps ermittelt, der auf seinem Boot ein schwimmendes Bordell
    unterhält, in dem pädophile Herren der guten Gesellschaft diskret
    vorpubertäre Jungen missbrauchen. Monk, jetzt Amtsnachfolger des
    bewunderten Durban, möchte dessen Anliegen zum gewünschten Ende, dem Tod
    Philipps am Galgen, bringen. Es gelingt ihm, den Verbrecher
    festzunehmen, doch der Prozess gegen ihn endet mit einem Freispruch aus
    Mangel an Beweisen, was ausgerechnet Sir Oliver Rathbone zu verdanken
    ist. Rathbone hat den Auftrag zur Verteidigung von einem anonymen, sehr
    wohlhabendem Herrn erhalten.


    Monk und seine Ehefrau Hester setzen nun alles daran, Philipps weiterer
    Schandtaten zu überführen, damit er seiner gerechten Strafe nicht
    entkommen kann. Auch von Drohungen lassen sie sich nicht abhalten,
    selbst gegen renommierte Persönlichkeiten höchster Gesellschaftskreise
    zu ermitteln und sie bedienen sich dabei sowohl ungewöhnlicher Mittel
    als auch "Hilfspersonals" verschiedener Herkunft.




    Der Anfang dieses Romans (Gerichtsprozess) ist ein wenig schleppend, die
    allzu detaillierten Beschreibungen der Gestik und Mimik der handelnden
    Personen wären in dieser Ausführlichkeit nicht nötig gewesen. Nachdem
    die neuerlichen Ermittlungen in Gang kommen, nimmt die Handlung jedoch
    deutlich an Tempo zu und wird zunehmend spannender. Der Leser gewinnt,
    wie so oft bei Anne Perry, gute Einblicke in das Leben - und Kinderelend
    - im London des 19.Jahrhunderts, in diesem Buch erfährt man auch
    allerhand über das damalige Rotlichtmilieu.


    Die Thematik "Recht (durch das Gesetz repräsentiert) versus
    Gerechtigkeit" ist zeitlos und auch heute noch aktuell: Ist es gerecht
    und vertretbar, wenn jemand, der eindeutig schuldig ist, nach den
    Buchstaben der Gesetzestexte freigesprochen werden muss?


    Fazit: Ein interessanter und
    lesenswerter historischer Kriminalroman, der sich, abgesehen von den
    Längen am Anfang, (zumindest in der englischen Ausgabe) sehr flüssig
    lesen lässt.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
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