Guus Kuijer - Das Buch von allen Dingen / Het boek van alle dingen

  • Kurzbeschreibung von amazon:


    "Thomas kann Dinge sehen, die andere nicht sehen können. Er sieht
    tropische Fische, die in den Grachten schwimmen und erfasst die Magie
    von Frau Amersfoort, der Nachbarin, die ihren Mann im Widerstand
    verloren hat. Er sieht die Schönheit von Elisa mit ihrem Bein aus
    Leder, das beim Gehen knirscht, und sogar Herrn Jesus, der Thomas
    anbietet, ihn einfach nur Jesus zu nennen. Vor manchen Dingen würde
    Thomas allerdings am liebsten die Augen verschließen. Aber er nimmt
    sich vor, dass er keine Angst mehr haben will. Und so wird er jeden Tag
    etwas mutiger und geht in kleinen Schritten seinen Weg."


    94 Seiten sind recht schnell gelesen... aber eben nur das. Zum Nachdenken bietet dieses Büchlein sicher weitaus mehr Buchseiten.
    Kinderbuch? Ich glaube nicht. Ich weiß es nicht, wenn ich ehrlich bin. Ein Kind wird sicher eine "Geschichte mit Happy End" sehen, ein Erwachsener wohl eher nicht. Ich bin aus dem Buch mit gemischten Gefühlen rausgegangen.
    Vieles kann ich schwer einschätzen, weil mir einfach auch der Vergleich fehlt. Ich weiß nicht, wie es in den 50er Jahren in den Niederlanden war. Ich weiß auch nicht, wie die religiöse Einstellung der Menschen damals war. Ist der Vater einfach nur millitant, fanatisch oder war das damals einfach so?
    War Gewalt in der Familie eher verpönt als Damenhosen? Ja, das sind alles Fragen die aufgeworfen wurden und über die ich gestolpert bin.
    Zu Beginn gibt es da die Unterhaltung zwischen Thomas und Guus, die mir beim Lesen immer gegenwärtig war. Thomas gibt an, dass das Buch respektlos sei... ich konnte aber nicht wirklich etwas Respektloses finden. Weder die Gestalt Jesus, die mit Thomas redet noch seine Schwester, die den Vater mit einem Küchenmesser bedroht, als sie einfach nicht mehr kann.
    Schlimm fand ich aber die Beschreibungen der Gewalt, die sich gegen die Mutter und Thomas gerichtet hat. Ganz schön übel. Die Situation am Aquarium ließ mir die Gusche offen stehen. Hilflosigkeit des Vaters? Gottergebenheit? Allein die Begründung und Rechtfertigung gegenüber der Tante Pie muss doch selbst in des Vaters Ohren hohl geklungen haben. Als ob Gott (sollte es tatsächlich einen geben...) tatsächlich wollte, dass der Mann die Frau mit strenger Hand auf dem rechten Weg hält. Toll ist das Ende... der Zusammenhalt der "Schwachen", das Ignorieren des Vaters. Auch das anschließende Gespräch zwischen Thomas und Jesus: toll gemacht. Toll erzählt. Punkte vergebe ich keine. Das kann man nicht bewerten nach gutes Buch oder schlechtes Buch. Auf alle Fälle aber ein Buch, das man gelesen haben sollte.


    Ab 10 Jahren für Kinder und Erwachsene, die mit offenen Augen durch die Welt laufen.

  • Ich habe das Buch kürzlich meinem 7-jährigen Sohn vorgelesen und es hat uns sehr gut gefallen. Vielleicht nicht so sehr die Erzählung selbst, sondern die Gespräche, die sich daraus ergaben.


    Die Handlung spielt in den 1950er Jahren, der Vater streng gläubig, vermutlich aus Unsicherheit an Regeln festhaltend. Die Kinder sind abenteuerlustig, glauben aber auch, dass die Nachbarin eine böse Hexe ist. Und plötzlich treffen die Plagen Ägyptens ein, über die der Vater beim Abendmahl berichtet: Wasser färbt sich blutrot, usw.

    Wie nebenbei erfährt man auch etwas über das Leben damals: plötzlich trägt eine Frau Hose, welch ein Skandal! Oder? Und der Nachbar, der mit den Nazis kollaborierte, wird endlich von der Polizei abgeführt. Endlich Gerechtigkeit! Oder?

    Und Thomas, abgeschreckt von der fanatischen Religiösität des Vaters, entdeckt für sich das Gespräch mit Jesus. Ist die innere Einkehr Häresie oder ist es okay mit Jesus im Gespräch auf Du und Du zu sein?

    Viele, viele Themen werden hier auf wenigen Seiten in einem Kinderbuch angeschnitten. Und eigentlich geht es doch "nur" darum, wie sich Thomas etwas vom Vater als Vorbild löst und selbständiger, erwachsener wird. Und wie im echten Leben passiert auch in der Familie und auf der Strasse so viel mehr.


    Sicherlich eher für Jugendliche gedacht, aber wie gesagt - zum Vorlesen und Nachfragen, Weiterdiskutieren gab die Geschichte eine Menge Anregungen.


    Das niederländische Original "Het boek van alle dingen" erschien übrigens erstmals im Jahr 2004.

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Guus Kuijer - Das Buch von allen Dingen“ zu „Guus Kuijer - Das Buch von allen Dingen / Het boek van alle dingen“ geändert.