Andy Strauß - Establishmensch

  • Der Klappentext:
    In zahlreichen Geschichten und Texten taucht Andy Strauß in den nur vordergründig normalen, meist sehr skurrilen Alltag seiner Protagonisten ein, beobachtet und seziert sie, bis der Wahnsinn aus ihnen heraus tropft. Das sammelt er dann ein und zeigt es herum. (ubooks)


    Der Autor:
    Andy Strauß, seines Zeichens erfolgreicher Poetry Slammer, Musiker, Künstler und charismatischer Gedankenverdreher. Mit seinen Texten, Lesungen und Aktionen würde er Kafka begeistern, begeistert stattdessen aber ein stetig wachsendes Publikum.(ubooks)


    Meine Meinung:
    Viele Geschichten schreibt das Leben. Manche Geschichten sind bei ihrer Entstehung schon eine Anekdote. Manche Geschichten muss man dagegen näher betrachten, die Story fortspinnen, auseinander nehmen, neu zusammen setzen, überzeichnen oder schlicht auf den Punkt bringen.
    Andy Strauß hat viele kleine und große Begebenheiten beobachtet und die Essenzen dessen zu Papier gebracht. Manches lässt einen laut auflachen, manches wiederum lässt einen das Lachen im Halse stecken bleiben, denn political correctness ist die Sache des Autoren nicht. Doch immer lohnt es sich, genau hinzusehen und die eigenen Gedanken dazu schweifen zu lassen, den Kern der Geschichte zu suchen. Oft erkennt man sich selber wieder, in seinem eigenen Tun, in seinen eigenen Wünschen oder Ängsten. Manchmal verlässt uns der Autor jedoch auch, sucht nach neuen Horizonten und bricht auf zu neuen Ufern. Aber gerade hier lohnt sich ein zweiter und dritter Blick, vielleicht erkennt man ihn und auch sich selbst etwas später.
    Der Sinn des Lebens wird hier zwar nicht geklärt, doch wurde danach auch nicht gesucht. Vielmehr bleiben die Geschichten verwurzelt im Alltäglichen, greifbar für den Betrachter und voll Vergnügen lesbar.


    Viele kleine Dosen pralles und lautes Leben, mal humorvoll, mal nachdenklich. Toll! Sollte man mal lesen.



    Zitat

    Unmittelbar neben diesem Berg wohnten die zwei stotternden Zwillinge, und es war klar, dass sie stotterten, denn wenn da, wo eigentlich nur Platz für ein Kind ist, zwei entstehen sollen, muss irgendwas auf der Strecke bleiben. Zudem hatten sie bereits in ihren jungen Jahren unproportionale Doppelkinns. Doppelkinndoppelkinder mit mit Silbendopplungssprachproblemen. Damit ich sie nicht verprügelte, haben sie mir immer jeder ein Eis gekauft, und eines von den beiden Eis gab ich direkt weiter an ihren großen Bruder, damit dieser mich nicht zwang, Sachen zu machen, die ich nicht wollte. Später, als der große Bruder aus dem Haus war, konnte ich dann beide Eis essen.


    Zitat

    Es war laues Frühlingsklima, obwohl es Herbst war, und mein Vater erhoffte sich, von den gesammelten Pilzen ein schönes Mittagessen machen zu können. Mich nahm er nur mit zum Pilzesammeln, damit er sich nicht bücken musste und um zu testen, ob die gesammelten Pilze gesundheitsschädlich sind oder nicht. Als ich nur sieben Jahre alt war, waren die Augen von meinem Vater noch sehr gut und er ließ mich selten giftige Pilze probieren. Doch die Zeit riss ihm die Haare aus dem Kopf und auch seine Sehkraft nahm ab, sodass ich häufiger an einem Sonntagabend im Krankenhaus landete, als ich den Tatort schauen konnte.

    Shalom, kfir


    :study: Joe Hill - Teufelszeug
    :thumleft: Farin Urlaub - Indien & Bhutan - Unterwegs 1 #2533 signiert


    "Scheiss' dir nix, dann feit dir nix!"

  • Danke für die Rezension!
    Ich war am Samstag - wie auch vor einigen Monaten - wieder mal bei der LMBN Poetry Leserunde
    und fand insbesondere Andy Strauß Eins-A, Spitze! So unterhaltsam und doch auch zum Nachdenken bringend! :thumright:


    Das Buch ist mir erst heute aufgefallen!
    Scheint gut zu sein, werde ich mir wahrscheinlich kaufen!