Gertrud Koch - Edelweiß. Meine Jugend als Widerstandskämpferin

  • In diesem Lande lebt man leider gemeinhin mit der Annahme, dass der Widerstand gegen das Naziregime mit den Verschwörern des 20. Juli 1944 begann und mit ihnen auch endete. Dabei taugen gerade diese Leute nicht zur Beschreibung des vielfältigen Widerstandes gegen die Nazis. Sie handelten als bereits alles sich auf die Götterdämmerung vorbereitete, als Deutschland den Krieg bereits verloren hatte. Aber es gab auch Menschen, die Widerstand leisteten, als die deutsche Wehrmacht an allen Fronten von Sieg zu Sieg eilte.


    Gertrud Koch gehörte zu den Widerstandskämpferinnen, die nie Gegenstand einer Gedenkfeier waren, die nicht aus egoistischen Motiven handelten, sondern deren Motiv die echte Sorge um die Menschen war. Standesdenken war nicht das Motiv für ihr Engagement.


    In einfachen aber sehr eindringlichen Worten schildert die 1924 geborene Gertrud Koch zuerst ihre Kindheit, dann ihre Jugend während des Dritten Reiches. Der Vater, ein einfacher Arbeiter und Kommunist, aber sehr belesen, die Mutter eine Apothekerin, schafften es dem Mädchen ihre Werte zu vermitteln. Gerechtigkeit und die Liebe zu den Menschen waren die Werte die das Mädchen prägten. Ihr Vater wurde im Jahre 1942 durch die Nazis im KZ Esterwege ermordet.


    Gertrud Koch gehörte zu den Gründern der „Edelweiß-Gruppe“. Ein Gruppe junger Menschen die sich nicht durch die Nazis vereinnahmen ließen, die vielmehr im Untergrund gegen das braune Regime agierten. Doch sie wurden verraten und der Nazistaat schlug mit aller Härte zurück. Doch Gertrud Koch überstand Folter und Demütigungen. Viele ihrer Weggefährten verloren ihr Leben und auch Gertrud Koch überlebt nur durch einen Irrtum. Irrtümlich wurde sie aus der Haft entlassen und floh dann mit ihrer Mutter aus Köln, die Stadt ihrer Kindheit und Jugend.


    Erst im Juni 2005 wurden die „Edelweißpiraten“ als Widerstandskämpfer anerkannt. Ein echter Skandal, der aber kaum in das Bewusstein der Menschen geriet. Aber Deutschland hatte ja schon immer erhebliche Probleme damit, seine Nazivergangenheit vernünftig aufzuarbeiten. Da entblödeten sich irgendwelche Bundespräsidenten nicht über das „in deutschem Namen begangene Unrecht“ zu lamentieren. Es waren Deutsche die diese Verbrechen begangen. Die Formulierung "in deutschem Namen" verharmlost und verniedlicht nur. Aber Verharmlosen und Verniedlichen war ja gerade auch in dieser Beziehung schon immer das Steckenpferd unserer politischen Chefkaste.


    Gertrud Koch hat viel mehr für Deutschland getan als viele von denen die immer um den 20. Juli herum gefeiert werden. Ein beeindruckendes, ein wirklich lesenswertes Buch. Die bewegende Geschichte eines außergewöhnlichen Mädchens.

  • Ich bin überrascht, diesen Thread hier zu entdecken! Mein Freund und ich sind mit dem Kölner Liedermacher Rolly Brings befreundet und haben uns durch ihn intensiv mit den Edelweißpiraten beschäftigt und Getrud Koch, Fritz Theilen und Jean Jülich persönlich kennengelernt. Rolly Brings war die treibende Kraft hinter der Anerkennung der Edelweißpiraten als Widerstandskämpfer.


    Fotos der Veranstaltung zur Anerkennung findet Ihr hier: http://foto.michaelmaye.de/categories.php?cat_id=105


    Auf diesem Bild erhält Gertrud Koch ihre Urkunde: http://foto.michaelmaye.de/details.php?image_id=3134

    Ich höre :musik: gerade "Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert" von Joel Dicker.

  • Was ist denn daran überraschend? :scratch:

    Die Edelweißpiraten sind über Köln hinaus nur wenig bekannt und dies ist das erste der Bücher, das hier vorgestellt wurde! :thumleft:

    Ich höre :musik: gerade "Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert" von Joel Dicker.