Anne Provoost - Rosalenas Spiegel

  • Inhalt:
    Als Neugeborenes schwächlich mit einer durchsichtigen Haut geboren, sieht es zunächst so aus, als müsste Rosalena bald sterben. Aber dank der Elfen, die sich um die Kleine kümmern, wächst sie zu einem bildhübschen Mädchen heran, das von seinen älteren Schwestern Richenel und Idelies glühend beneidet wird, zumal der Vater nach dem frühen Tod der Mutter seine Zuneigung vor allem seiner Jüngsten schenkt.
    In einem alten Spiegel ihrer Mutter sieht Rosalena das, was sich weit entfernt abspielt, kann also stets vorhersagen, wann der Vater von seinen Kaufmannsreisen nach Hause kommt. Anders als ihre Schwestern steht sie im Bunde mit Elfen und Engeln, ist immun, als eine große Pockenepidemie um sich greift. Als ihr Vater für sie eine weiße Rose pflückt, stürzt er die ganze Familie ins Verderben, denn der hässliche Thybeert, Besitzer der Rose, lässt die Häuser der Schwestern niederbrennen, und Rosalena muss sich in seine Dienst begeben, um ihn auszusöhnen.


    Das Buch ist in neun Kapitel gegliedert, und jedem Kapitel ist eine kurze Inhaltsangabe dessen vorgesetzt, was es erzählen wird.
    "Man sagt von mir, ich sei die schönste Frau der Welt. Ich habe rote Lippen, schneeweiße Haut und Hände gleich kostbaren Muscheln. In der Liebfrauenkirche stehen Heiligenbilder, die nach meinem Ebenbild geschaffen wurden." So fängt das Buch an, und mein erster Gedanke war: Warum hat die Autorin nicht in der 3. Person geschrieben? Gerade solche Sätze wirken in der 1. Person zu aufdringlich.


    Chronologisch erzählt Rosalena in kurzen Episoden von ihrem Leben und dem ihrer Familie; im Mittelpunkt steht immer ihre Andersartigkeit und ihre besondere Schönheit. Darüber hinaus fehlte mir ein roter Faden. Und auch die Personen erscheinen ziemlich blass und leblos.
    Dass die Autorin in ihrem Buch die berühmte Erzählung "La Belle et la Bête" verarbeitet hat, klingt erst im letzten Drittel an, dem interessantesten Teil des Buches. Doch mit dem abrupten Schluss, der die Ebene des Märchens verlässt, fühlt sich der Leser alleingelassen.


    Ein nettes Buch, das sich schnell und leicht lesen lässt, dem aber einiges fehlt, um richtig zu fesseln. Man könnte es, von Stil und Inhalt her, bei den Kinderbüchern einsortieren, wären da nicht die Darstellungen, wie Rosalena die nächtlichen Besuche der Ehemänner ihrer Schwestern genießt. Oder die sehr deutliche Beschreibung eines missgebildeten siamesischen Zwillings-Babys.


    Das Buch hat überall, auch bei Amazon, fast nur überschwengliche Lobeshymnen bekommen. Vielleicht habe ich es einfach nicht richtig verstanden. :(


    (Wen das Buch interessiert: Bei der Amazon-Produktbeschreibung ist unter "Aus der Amazon.de-Redaktion" ein Artikel, der detailliert alles erzählt, was sich in dem Buch ereignet, und was ich absichtlich bei der Inhaltsangabe ausgelassen habe.)


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)