Leserunde Siddharta ~ Teil 2

  • Ich denke, dass es eher auf Kamala zutrifft, dass es einen zu hohen Preis von ihr verlangen würde, jemanden zu lieben. Bei Siddharta bin ich mir da gar nicht so sicher. Ich glaube, er "kann" es einfach (noch?) nicht, weil er es nicht kennt. Sein Leben bei den Samanas hat ihn nichts darüber gelehrt und es ist ihm fremd.


    Aber er wird doch sicher von seinen Eltern Liebe geliebt worden sein?. Der Leser hat über die Eltern eigentlich nicht wirklich viel erfahren.


    Ich hätte eher den Eindruck gehabt, jemanden zu lieben, wirkt gegen Siddharthas Bestreben, das eigene Ich zu erforschen bzw. kennen zu lernen.
    Auf jeden Fall beneidet der die "Kindermenschen" um ihre Fähigkeit zu lieben.

    Jede Minute, die man lacht, verlängert das Leben um eine Stunde. (Chinesisches Sprichwort)

    Wer Bücher kauft, kauft Wertpapiere. (Erich Kästner)

  • Ich finde es ganz interessant, wie Siddharta und Kamala über uns "Kindermenschen" reden. Beide lieben ja aus unterschiedlichen Gründen nicht. Ich denke, dass es eher auf Kamala zutrifft, dass es einen zu hohen Preis von ihr verlangen würde, jemanden zu lieben. Bei Siddharta bin ich mir da gar nicht so sicher. Ich glaube, er "kann" es einfach (noch?) nicht, weil er es nicht kennt. Sein Leben bei den Samanas hat ihn nichts darüber gelehrt und es ist ihm fremd.
    Gleichzeitig finde ich es schon irgendwie lustig, wie Siddharta die Menschen als Kindermenschen bezeichnet, denn gerade zu Beginn des zweiten Teils, als er die Welt neu entdeckt, wirkte er auf mich auch wie ein Kind... :wink:

    Ja, das fand cih auch immer lustig. Wie ein Kind "neugeboren" durch die WElt gehen, uns dann aber wegen unserer Empfindungen Kinder nennen. :mrgreen: Aber das passt auch wieder dazu, dass er zunächst hochmütig gegenüber den "normalen" Menschen war, weil sie Besitztümern Bedeutung beimessen etc., er kurze Zeit später aber ebenso geworden war!

    Also die Wandlung die Siddharta durchgemacht hat in den vielen Jahren als Händler unter den "Kindermenschen" hat mich richtig traurig gemacht. Es tat mir um den fröhlichen Siddharta leid der sich doch so sehr danach gesehnt hat zu den anderen zu gehören. :cry:
    Ich bin froh, dass er nun weitergezogen ist.

    Ohja. Da war ich aufs Äußerste schockiert! Die Trägheit , die er da zuweilen beschreibt, hat mich allerdings tatsächlich an unseren Alltag erinnert. Umso schlimmer, dass er diesem Leben verfiel und alles andere verlernte. Umso erfreuter war ich, als er aus diesem Leben ausbrechen konnte - ist bestimmt nicht einfach gewesen.

    Das hat mich ehrlich gesagt auch sehr überrascht. Vorallem war ich erstaunt darüber, wie schnell sein Sinneswandel kam. Kamala muss ja wirklich eine aussergewöhnliche Frau sein. :loool:

    :mrgreen: Oder er ist einfach typisch Mann.

  • :mrgreen: Oder er ist einfach typisch Mann.


    Ich muss gestehen, wäre ich an Siddharthas Stelle, wäre ich in diesem Fall auch "typisch Mann". :drunken: Wie schon erwähnt, haben mir die Stellen mit Kamala sehr gut gefallen. :wink:

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  • Ich muss gestehen, wäre ich an Siddharthas Stelle, wäre ich in diesem Fall auch "typisch Mann". :drunken: Wie schon erwähnt, haben mir die Stellen mit Kamala sehr gut gefallen. :wink:

    :loool: Naja, wie sich ja herausstellt, hatte all das sein Gutes.

  • Aber er wird doch sicher von seinen Eltern Liebe geliebt worden sein?. Der Leser hat über die Eltern eigentlich nicht wirklich viel erfahren.

    Um diese Frage zu beantworten muss man nochmals den ersten Teil betrachten. Denn er wurde von seinen Eltern geliebt, wie auch von Govinda. Allerdings es wird nicht erwähnt dass er diese Liebe erwiderte, somit könnte man sich denken dass die Liebe welche Siddharta entgegen gebracht wurde sehr einseitig war.
    Das zeigt sich besonders hier.

    Zitat

    So liebten den Siddharta alle. Allen schuf er Freude, allen war er Lust. Er aber, Siddharta, schuf sich nicht Freude, er war sich nicht Lust.


    Zitat

    Siddharta hatte begonnen, Unzufriedenheit in sich zu nähren. Er hatte begonnen zu fühlen, dass die Liebe seines Vaters, und die Liebe seiner Mutter, und auch die Liebe seines Freundes, Govinda, nicht immer und für alle Zeit ihn beglücken, ihn stillen, ihn sättigen, ihm genügen würde.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • So liebten den Siddharta alle. Allen schuf er Freude, allen war er Lust. Er aber, Siddharta, schuf sich nicht Freude, er war sich nicht Lust.


    Vielen Dank serjena fürs Nachlesen und für deine Antwort.


    Aus dem Zitat könnte man schließen, dass Siddhartha zuallerst lernen muss, sich selbst zu lieben, um selber Liebe geben zu können.!?

    Jede Minute, die man lacht, verlängert das Leben um eine Stunde. (Chinesisches Sprichwort)

    Wer Bücher kauft, kauft Wertpapiere. (Erich Kästner)


  • Diese Textstelle finde ich auch wunderschön. Eigentlich wie bisher das ganze Buch. Aber manche Textstellen sind einfach was besonderes.
    Man sollte einfach immer an sich selbst glauben, so verstehe ich die Textstelle.


    Lieben Gruß von der Buechereule :winken:

    Liebe Grüße von der buechereule :winken:


    Im Lesesessel


    Kein Schiff trägt uns besser in ferne Länder als ein Buch!
    (Emily Dickinson)



    2024: 010/03.045 SuB: 4.302

    (P/E/H: 2.267/1.957/78)

  • Zum Thema Liebe: Jetzt lese ich gerade im Kapitel "Am Flusse" folgendes Zitat (Siddhartha hat Govinda wiedergesehen):

    Zitat

    Mit lächelndem Gesicht schaute Siddhartha ihm nach, er liebte ihn noch immer, diesen Treuen, diesen Ängstlichen. Und wie hätter er, in diesem Augenblick, in dieser herrlichen Stunde nach seinem wunderbaren Schlafe, durchdrungen von Om, irgend jemand und irgend etwas nicht lieben sollen! Eben darin bestand die Verzauberung, welche im Schlafe und durch das Om in ihm geschehen war, dass er alles liebte, dass er voll froher Liebe war zu allem, was er sah. Und eben daran, so schien es im jetzt, war er vorher so sehr krank gewesen, dass er nichts und niemanden hatte lieben können.


    Endlich :love: Und jetzt weiterlesen....

    Jede Minute, die man lacht, verlängert das Leben um eine Stunde. (Chinesisches Sprichwort)

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  • Den Traum der ihm den Anstoss dazu gegeben hat fand ich einfach nur toll. Und dass sich dann herausstellte, dass Kamala tatsächlich einen Vogel hält war es um mich geschehen
    Ich habe mich auch sehr für sie gefreut, dass sie, so wie sie es prophezeit hat, von Siddharta schwanger ist.


    Ich fand das besonders schön, weil, auch wenn Siddharta immer noch nicht lieben kann, Kamala es nun durch ihn gelernt hät. Sie gibt ja ihren "Beruf" nun auf und ich denke, dass das auch mit ihren Gefühlen für Siddharta zu tun hat.
    Der Vogel ist eine sehr schöne und eindringliche Metapher. Er ist genau wie Siddharta: man darf ihn nicht einsperren, er braucht seine Freiheit. :) Meiner Meinung nach ein besonders schönes, eindringliches Kapitel.

  • Ich fand das besonders schön, weil, auch wenn Siddharta immer noch nicht lieben kann, Kamala es nun durch ihn gelernt hät. Sie gibt ja ihren "Beruf" nun auf und ich denke, dass das auch mit ihren Gefühlen für Siddharta zu tun hat.
    Der Vogel ist eine sehr schöne und eindringliche Metapher. Er ist genau wie Siddharta: man darf ihn nicht einsperren, er braucht seine Freiheit. :) Meiner Meinung nach ein besonders schönes, eindringliches Kapitel.

    Dito! Die Sache hat mit dem Vogel fand ich auch total schön gemacht. Auch dass Kamala somit praktisch Siddhartha gehen lässt, weil er das braucht! :love:

  • Zum Thema Liebe: Jetzt lese ich gerade im Kapitel "Am Flusse" folgendes Zitat (Siddhartha hat Govinda wiedergesehen):


    Endlich :love: Und jetzt weiterlesen....

    Das freut mich für dich dass diese Stelle dir so gut gefallen hat; und ich gebe dir recht es ist sehr schöne Textstelle.


    Eindrücklich ist,wie Siddharta am Fluss ankommt, über sein geführtes Leben nachdenkt, sich vor sich selber ekelt und

    Zitat

    „Sehnlich wünschte er, nichts mehr von sich zu wissen, Ruhe zu haben, tot zu sein“

    Wie er jedoch das „Om“ sprach, reinigte sich die Atmosphare sein Gemüt beruhigte sich und sein Herz wurde froh, ist sehr berührend.
    Die Zeit welche nun Siddharta beim Fährmann verbringt ist für ihn eine befreiende Zeit. Ein Zeit in der er die Gesetze der Natur, indem er dem Fluss zuhört, kennen lernt.


    Bei diesem Satz erinnere ich mich an ein Zitat, welches Francesco Petrarca (1304-1374)italienischer Dichter und Gelehrter, zugeschrieben wird

    Zitat

    "Es ist aber Naturgesetz, dass das Herz nicht ruht, bis es ans Ziel seiner Wünsche gelangt ist."

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Ich muss auch sagen, dass die Zeit beim Fährmann mir im ganzen Buch so ziemlich am Besten gefallen hat (nur kurz unterbrochen). Alles war so friedlich und wieder in Ordnung - im Gegenteil: Es war sogaar besser als früher. :love:

  • Wie er jedoch das „Om“ sprach, reinigte sich die Atmosphare sein Gemüt beruhigte sich und sein Herz wurde froh, ist sehr berührend.


    Diese Stelle fand ich total beeindruckend (etwa dort bin ich auch gerade im Buch). Am eindrucksvollsten daran war, für mich, das ich die Ruhe, die auf einmal bei Siddhartha eingekehrt ist, richtig spüren konnte. :love:

    Narkose durch Bücher - Das Richtige ist: das intensive Buch.
    Das Buch, dessen Autor dem Leser sofort ein Lasso um den Hals wirft, ihn zerrt, zerrt und nicht mehr losläßt.


    :study: Sarah J. Mass - Throne of Glass / Die Erwählte :study:

  • Ich habe eigentlich nur noch zwanzig Seiten zu lesen, aber an diesen paar Seiten hänge ich schon seit mindestens fünf Tagen. Muss mich endlich mal aufraffen und das Bucn zuende lesen. Es hat mir bisher sehr gut gefallen, aber die letzten Tage war ich einfach nur müde.

  • Na ja, Siddharta ist da ja auch schon weg. :wink:

    Ja, schon, aber die Einsicht ist das Entscheidende. Außerdem wusstesie es im Herzen vorher schon, als sie den "Abschiedssex" hatten wie ich es nenne. :mrgreen: Und sie hätte ihn wohl auch nicht am Gehen gehindert, denn sie sagte ja selber, dass es für ihn so notwendig war wie für ihren Vogel. :wink:

  • Ich denke nur durch das Fallen und Drehen und Schwanken und Taumeln kann man zu einem Stern werden. Obwohl ich denke, dass man immer wieder mal Fallen, Drehen... muss, um sich zu überprüfen. Außerdem gibt es so viele Bereiche im Leben, in den einen ist man ein Blatt, das heftigst schwankt und das man eher nie ruhig bekommt, in den anderen ist man gefestigt oder auch nur zum Teil. Dafür sind wir alle nur Menschen...


    Ja, das denke ich auch :thumright: Dazu fällt mir folgendes Sprichwort ein:


    "Der Kopf ist rund, damit die Gedanken sich drehen können"

    Liebe Grüße
    Gabi


    "Welchen Kummer deiner Seele du auch ertränken willst,
    deine Bibliothek ist der beste Keller!"
    Jean Cocteau

  • Ich finde es ganz interessant, wie Siddharta und Kamala über uns "Kindermenschen" reden. Beide lieben ja aus unterschiedlichen Gründen nicht. Ich denke, dass es eher auf Kamala zutrifft, dass es einen zu hohen Preis von ihr verlangen würde, jemanden zu lieben. Bei Siddharta bin ich mir da gar nicht so sicher. Ich glaube, er "kann" es einfach (noch?) nicht, weil er es nicht kennt. Sein Leben bei den Samanas hat ihn nichts darüber gelehrt und es ist ihm fremd.
    Gleichzeitig finde ich es schon irgendwie lustig, wie Siddharta die Menschen als Kindermenschen bezeichnet, denn gerade zu Beginn des zweiten Teils, als er die Welt neu entdeckt, wirkte er auf mich auch wie ein Kind...


    Ich denke auch, dass Kamala aufgrund ihres Gewerbes niemanden lieben will/kann.
    Teilweise stimme ich Dir, Strandläuferin, zu, dass Siddharta nicht lieben kann, da er es nicht gelernt hat. Doch wie war es bei seinen Eltern? Ich denke er wird als Kind doch geliebt worden sein - oder?? Wenn ich es richtig im Kopf habe, wurde er von seinen Eltern geliebt, da sollte er es eigentlich kennen?

    Liebe Grüße
    Gabi


    "Welchen Kummer deiner Seele du auch ertränken willst,
    deine Bibliothek ist der beste Keller!"
    Jean Cocteau

  • gabi:
    Naja, nur weil er ständig geliebt, ja sogar vergöttert wurde, heißt das nicht, dass er auch zu solchen Gefühlen fähig ist. Zumal er sich ja nie selber lieben konnte. Und es heißt ja immer, dass man auch einen Teil von sich lieben können muss, damit man Liebe auch nach außen tragen kann!