Wer schrieb die Bibel? So entstand das Alte Testament - Richard Elliot Friedmann

Dieses nicht mehr ganz taufrische Werk (Originalausgabe 1987) des 1946 geborenen Bibelwissenschaftlers Richard Elliot Friedman hat mich sehr beeindruckt, und mir für meine eigene Bibellektüre eine ganz neue Sichtweise eröffnet.

Im Vorwort schreibt der Autor, dass es sich beim vorliegenden Buch um eine Zusammenfassung seiner Forschungen aus den letzten 10 Jahren handelt, das sich nicht an seine Fachkollegen richtet. (Gott sei's gedankt, sonst hätte der interessierte Laie wahrscheinlich nichts oder nur sehr wenig davon begriffen).

Jedem aufmerksamen Leser des Alten Testaments wird gewiss aufgefallen sein, dass sich viele der dort erzählten Geschichten mit jeweils anderem Wortlaut wiederholen, manche scheinen abrupt zu enden, wirken seltsam abgehakt und ergeben oftmals keinen rechten Sinn.

Bereits im Mittelalter waren Zweifel aufgekommen, dass die Schriften der Bibel von einem einzigen Autor stammen. Die neuen Erkenntnisse, die im 18. Jahrhundert ihren Anfang genommen hatten, standen jedoch im Widerspruch zur altehrwürdigen, heiligen Überlieferung, und wurden vielerorts abgelehnt.

Vor dem Hintergrund der Geschichte des Volkes Israel erzählt Professor Friedman von der spannenden Spurensuche nach den Autoren des Alten Testaments und fördert dabei Erstaunliches zutage.

Anhand 11 wichtiger Bücher erklärt der Autor verständlich und logisch gut nachvollziehbar, wie die zu unterschiedlichen Zeiten und an verschiedenen Orten entstandenen heiligen Texte schließlich von einem geschickten Redaktor derart ineinander verwoben wurden, dass es viele Jahrhunderte dauern sollte, ehe sie von genialen Wissenschaftlern wieder getrennt werden konnten. Ein großartiges Beispiel dafür ist die Sintflut-Erzählung. Liest man die Stelle in der Bibel, erscheint sie als einigermaßen schlüssige Geschichte, vielleicht etwas holprig erzählt, mit manchen Wiederholungen und nicht ganz zueinander passenden Details. Ist man sich jedoch bewusst, dass man eigentlich zwei Erzählungen liest, die ineinander verschachtelt wurden und sich stilistisch deutlich voneinander unterscheiden, wird man diese Geschichte (und noch viel schwierigere Textstellen) mit ganz anderen Augen betrachten.

Die Frage, warum die biblischen Dokumente einer derartigen Bearbeitung unterzogen wurden, bleibt ebenfalls nicht unbeantwortet. Und in einigen wenigen Fällen fallen bezüglich der Autorenschaft sogar Namen. Wer hätte das gedacht?!

Unabhängig davon, ob alle Behauptungen bis heute einer kritischen Überprüfung standhalten konnten, bin ich den Ausführungen des Autors, die zeitweise spannender als mancher Krimi sind, sehr gerne gefolgt.