Hans Dominik - Das Erbe der Uraniden

  • Kurzmeinung

    HarryF
    Altmodische Sprache, stummfilmgleiches Agieren der Personen und eine über weite Strecken verwirrende Handlung.
  • Hans Dominik: Das Erbe der Uraniden; Wilhelm Heyne Verlag München 1999; 480 Seiten; ISBN: 3-453-13373-0


    "Bei kriegerischen Auseinandersetzungen wird auf der Insel Coiba vor Panama ein nuklearer Schwelbrand ausgelöst, der wie ein Krebsgeschwür um sich greift. Die Wissenschaftler und Techniker sind ratlos. Da erreichen Signale von der Venus die Erde. Dort ist ein Raumschiff einer technisch überlegenen Rasse aus einem anderen Sternsystem gestrandet. Deren Wissen könnte die Erde retten. DOch als die Expedition von der Erde den Nachbarplaneten erreicht, ist der letzte Uranide seit ein paar Stunden tot. Die fieberhafte Suche nach dem `Erbe' beginnt," berichtet die Inhaltsangabe.
    Das Buch enthält nicht nur den eigentlichen Roman; viele literaturwissenschaftliche Hintergrundinformationen sind als Anlage beigefügt. Diese Texte sind Unterlagen, die direkt aus der Feder Dominiks stammen und Aufschluß über Arbeits- und Denkweise Dominiks geben.
    Die Geschichte um das Erbe der Uraniden ist eine Mischung aus Liebesroman, Abenteuergeschichte und Science Fiction. Die Atomenergie ist ein Thema, mit dem sich Dominik, aber auch die Eroberung des Weltraums, irdische Verkehrsfragen und der Kontakt zu anderen Lebensformen, die aus der Tiefe des Raumes kommen, werden hier thematisiert.
    Das Buch ist an vielen Stellen schwierig zu lesen. Unvollständige Sätze, dahingeworfene Worte, die so wirken, als würden sie gesprochene Sprache wiedergeben, viele Punkte - der Schreibstil Dominiks ist schon ungewöhnlich. Man muß schon viel Gedult mit ihm aufbringen, wenn man das Buch bis zum Ende lesen möchte.
    Das Durchhaltevermögen wird aber belohnt. Es gibt hier eine gut erzählte Geschichte, die zwar Dominiks beruflichen Hintergrund als Techniker offenbart, gleichzeitig aber auch herzerfrischend naiv wirkt. Die Venus sieht wie die Erde aus. Die Uraniden sind zu groß geratene Menschen. Gut und Böse sind scharf voneinander getrennt. Die Helden überleben problemlos die größten Gefahren; wo andere scheitern, sind sie erfolgreich. Müssen reale Techniker kühne Erfindungen erst noch im Experiment testen, sind diese Testphasen hier nicht notwendig; die Erfindungen funktionieren problemlos. Am Ende fehlt der letzte Biß; wie soll ich sagen - die Handlung löst sich viel zu leicht in Wohlgefallen auf, als daß die Geschichte spannend wäre. Alles in allem liegt hier eine friedliche Geschichte vor, die sich mehr am wissenschaflichen Wettlauf als an kriegerischen Auseinandersetzungen orientiert.
    Trotz der internationalen Ausrichtung der Geschichte sind doch einige Besonderheiten auffällig. Bestimmte Länder fehlen: Frankreich genauso wie China, Australien oder Afrika. Dominik folgt hier dem Zeitgeist; sowohl die "Erbfeindschaft" mit Frankreich als auch das allgemeine Desinteresse Dominiks an asiatischen und afrikanischen Ländern ist hier zu spüren.
    Gleichzeitig ist auch das Interesse Dominiks an technischen Fragen überdeutlich zu spüren. Die Luft- und Raumfahrt sowie die Kommunikationstechnologie sind die hier vorherrschenden Technologiegebiete, in denen Dominik seiner Phantasie freien Lauf läßt. Mich wundert, daß Dominik doch irgendwie den Errungenschaften der `20er Jahre verhaftet bleibt. Mobiltelefone, elektronische Post, Computer / Großrechner, Fernseher und andere moderne Errungenschaften der Kommunikationstechnologie kommen hier nicht vor; stattdessen herrschen Fernschreiber, stationäre Telefone, Zeitungen und der persönliche Kontakt vor. Wirkliche technische Visionen entwickelt Dominik hier nicht.
    Erwarte ich als Leser aus heutiger Sicht vielleicht zu viel? Schaue ich mir die technische Entwicklung seit 1990 an, hat sich unser tägliches Leben doch dramatisch verändert. Wir sind überall mobil erreichbar. Die Unterhaltungstechnologie ermöglicht uns das mobile Abspielen von Tonträgern. Briefe in Papierform sind fast schon verschwunden. Wir gewöhnten uns in kürzester Zeit daran. Die Zukunftsvisionen mancher Science - fiction - Autoren sind heute schon überholt. Was kann ich noch von diesem literarischen Genre erwarten? Das Gefühl "Das gibt es schon längst" ist mir beim Lesen von Science - fiction - Romanen leider allzu vertraut.
    Doch zurück zu diesem Roman. Dominik ist ein guter Autor. Seine Bücher sind es wert, aus dem Tal des Vergessens herausgeholt zu werden.

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    Ich muss zugeben, dass ich deine Vorstellung - Andreas Rüdig - nur quer gelesen habe. Aber das Gefühl, dass sich Sience Fiction Romane ziemlich schnell selbst überholen, kenne ich. Dennoch lese ich sie immer wieder gern. Hab letztens erst ein paar aus der Reihe SF-Utopia aus meiner Jugendzeit bei meinen Eltern im Schrank wiedergefunden :wink: Die werde ich irgendwann auch alle nochmal lesen.

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    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Science-Fiction-Klassiker haben stets einen besonderen Reiz. Die Vorstellung, die Autoren aus aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert von unserer heutigen Welt hatten, ist oft amüsant, manchmal völlig überzogen, aber meistens durchaus interessant. Vielfach sind es Schriftsteller mit wissenschaftlichem Hintergrund, die den technischen Fortschritt ihrer Zeit weiter spinnen und dabei häufig ziemlich genau ins Schwarze treffen. Daher greife ich mit einer gewissen Regelmäßigkeit zu solchen Klassikern – bin aber nach dem Lesen leider ebenso regelmäßig enttäuscht. So auch im Falle des vorliegenden Buches von Hans Dominik.


    Der Autor – Nachfolger von Jules Verne?


    Der 1872 in Zwickau geborene Dominik gehört im weitesten Sinne wie viele andere zur erwähnten Autorengruppe der wissenschaftlich fundiert arbeitenden Schriftsteller. Sein Interesse an technischen Zusammenhängen hatte zunächst ein Maschinenbaustudium zur Folge, das er aber zugunsten eine Stelle als Elektroingenieur abbrach. Während dieser Zeit verfasste er bereits seine ersten Abhandlungen und arbeitete danach für verschiedenen Zeitungen. 1907 erschien seine erste utopische Erzählung und von 1912 bis 1919 schrieb er regelmäßig, aber erfolglos, Romane. Erst der 1922 erschienene Roman “Die Macht der Drei” verhalf ihm zum Durchbruch. Inzwischen wird Hans Dominik in Science-Fiction-Kreisen oft als Nachfolger von Jules Verne bezeichnet.


    Die Geschichte – Verwirrend und langatmig


    Den Plot von “Das Erbe der Uraniden” wiederzugeben ist nicht so einfach, wie es scheinen mag. Folgt man der Inhaltsangabe auf dem Buchrücken geht es um einen Wettlauf zweier genialer Wissenschaftler, die beide als erste die Venus erreichen möchten. Tatsächlich ist dies jedoch nur ein Teil der Geschichte. Viel mehr Raum nehmen die Vorgeschichte, diverse Charakterzeichnungen der Hauptakteure und schließlich auch einige unerklärliche Geschehnisse auf der Erde ein. Da ist ein seltsames, scheinbar unlöschbares Feuer, das sich unaufhaltsam durch die Gesteinsschichten einer Insel frisst und den Wissenschaftlern Rätsel aufgibt. Da ist der geheimnisvolle Gorm, ein Mann dessen Identität niemand so recht kennt, dem man aber die Schuld für das Inselfeuer gibt. Da sind die Signale einer außerirdischen Spezies, den Uraniden, die auf der Venus stranden und dort der Umwelt zum Opfer fallen. Und da ist der skrupellose Wissenschaftler Canning, der mit allen Mitteln versucht, als erster auf die Venus zu gelangen, um sich die Technologie dieser Außerirdischen zu sichern. Dabei macht er auch vor Diebstahl und Mord nicht Halt.


    Neben diesen Handlungssträngen muss der Leser noch einige weitere kleinere Plots zu einem Gesamtwerk zusammenfügen, was zunächst recht anstrengend ist. Nicht nur der altertümliche Schreibstil sorgt dafür, dass die aufmerksame Verfolgung der anfänglich sehr verwirrenden Handlung schnell ermüdend wird. Auch die Geschehnisse selbst verhindern lange ein schlüssiges Bild. Ein halbes Buch lang fragt man sich, was das Ganze mit der Inhaltsangabe auf der Rückseite zu tun haben soll. Dann gewährt einem der Autor endlich so nach und nach Einblick in die Zusammenhänge. Welche Rolle Canning, Gorm und vor allem die Uraniden spielen wird einem erst sehr spät klar. Doch dann werden viele das Buch bereits zur Seite gelegt haben. Zu verworren sind die einzelnen Szenen, zu theatralisch die Dialoge und Aktionen der Personen, zu wenig zielführend die Rahmenhandlung.


    Sicher könnte man das Buch insgesamt als utopischen Spiegel der damaligen Gesellschaft sehen, doch unterhaltsam im Sinne von “leichte Kost” ist das nicht. Statt dessen fühlt man sich in einen Stummfilm von Fritz Lang versetzt, in dem erst das ausdrucksschwangere Spiel der Akteure und die ebenso tiefgründigen wie vielschichtigen Kulissen die einzelnen Szenen zu einem sinnvollen Ganzen zusammenführen. Nur dass es dem Roman “Das Erbe der Uraniden” am künstlerischen Anspruch eines Fritz Lang fehlt. So quält sich der Leser auf der Suche nach Unterhaltung durch viele komplizierte Personen, Orte und Begenbenheiten nur um schließlich Zeuge eines fast schon berechenbaren Endes zu werden.


    Fazit


    Für mich war “Das Erbe der Uraniden” wieder einmal ein recht unerquicklicher Roman. Die altmodische Sprache, stummfilmgleiches Agieren der Personen und eine über weite Strecken verwirrende Handlung sorgten dafür, dass ich beim Lesen nur quälend langsam voran kam. Selbst die erhofften Erkenntnisse über die technologischen Visionen der damaligen Zeit gingen im allgemeinen Durcheinander der ziellosen Handlung unter. Über die Hälfte des Buches fragte ich mich, wann Dominik denn endlich mal zum Punkt kommt und als es dann soweit war, hatte er jegliche Chance auf Unterhaltung bereits vertan. Möglicherweise ist der Roman aus historischer Sicht herausragend, doch sicherlich ist es nicht Hans Dominiks bestes Buch. Da hat “Die Macht der Drei” eindeutig mehr zu bieten.


    Wem ich dieses Buch empfehlen kann? Außer Wissenschaftlern, die sich mit der Geschichte der Science-Ficition befassen, fällt mir kein Leserkreis ein. Sicher, das ist sehr subjektiv betrachtet, aber für mich muss eine Geschichte dieses Genres zumindest einige Eigenschaften aufweisen, die da heißen: unterhaltsam, intelligent, actionreich, interessant, visionär, ergreifend, lustig. “Das Erbe der Uraniden” hat leider keines dieser Attribute in sonderlich ausgeprägter Form und fällt daher bei mir in vollem Umfang durch.

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Hans Dominik: Das Erbe der Uraniden“ zu „Hans Dominik - Das Erbe der Uraniden“ geändert.