Simona Vinci - Von den Kindern weiß man nichts

  • Originaltitel: Dei bamibini non si sa niente


    Klappentext:
    Ein zehnjähriges Mädchen, Martina, in einem blauen Kleid und roten Boots, steht vor einem riesigen Maisfeld und singt vor sich hin. Durch ihren selbstvergessenen Blick, der die Welt mit einem verträumten Staunen betrachtet, gerät der Leser in die Geschichte eines beunruhigenden Geheimnisses. Am Ende des Schuljahres, in der kurzen und endlosen Zeit eines Sommers, spielt eine Gruppe von Kindern zwischen den gelben Maisfeldern der Emilia Romagna am Rande einer Hochhaussiedlung verbotene Spiele, die immer extremer werden. Weit entfernt von den Blicken der Erwachsenen passiert Aufregendes und Schreckliches, es gibt Neugier und Lust, und dann Schmerz, Ekel und blankes Entsetzen. Erzählt wird aus der Perspektive von Martina, Greta, Luca, Matteo und dem schon 15jährigen Mirko, dem Anführer der Gruppe.


    Zum ersten Mal muss ich von einem Buch völlig abraten und sage sogar denjenigen, die es auf ihrem SUB haben: Werft es zum Altpapier und zwar ungelesen. Es ist das ekelerregenste Buch, das ich jemals gelesen habe.
    Es geht um Sex und zwar nicht um kindliche Entdeckungen und Doktorspiele, sondern um handfeste und knallhart beschriebene sexuelle Handlungen zwischen Kindern und Jugendlichen, zwischen Kindern und Kindern, die in Gewalt und Mord gipfeln.
    Das Thema ist nicht Kindesmissbrauch oder Vergewaltigung; 10jährige Mädchen machen bereitwillig mit und zeigen den Jungen auch noch, wie sie es gerne haben, Jungen sind noch nicht geschlechtsreif, aber anscheinend reif für den Geschlechtsverkehr.


    In einer Hinsicht halte ich das Buch sogar für gefährlich: Erstens dürften Pädophile an den beschriebenen Kinderkörpern und den detailliert geschilderten Sex-Szenen ihre wahre Freude haben, zweitens liefert es ihnen (vermutlich ungewollt) die Bestätigung, Kinder seien von Natur aus neugierig und auch neugierig auf Sex, und ihnen mache Sex Spaß.


    Normalerweise ist mir die Freiheit der Kunst heilig, aber ich werde, wenn ich das Buch in die Bücherei zurückbringe, den Leiter bitten, es aus dem Bestand zu nehmen und zu entsorgen.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Hallo Marie,


    ich kenne das Buch nicht und kann deshalb auch nichts zum Inhalt und zu den Darstellungen sagen. Sicherlich können solche Szenen grenzwertig sein.


    Ich hatte ähnliche Gedanken wie du, als ich vor einem Jahr von Ramona Diefenbach 'Das Spiegelhaus' in die Finger bekommen habe. Ein erwachsener Mann sucht Kontakt zu Mädchen und eine Mädchenclique von 14-Jährigen will auch unbedingt Erfahrungen sammeln und haben diese dann auch zusammen. Dabei schwang für mich die ganze Zeit eine Aussage mit, die man als 'Ja, sie wollten es doch auch!' interpretieren könnte. Gerade eine solche Aussage finde ich mehr als gewagt und sogar gefährlich.


    Dass Sex mittlerweile sehr früh dazugehört, zeigt die 12-jährige Tochter eines Bekannten, die von ihrem 14-jährigen Freund schwanger ist. Und dass man dieses Thema besprechen sollte, bleibt für mich auch völlig unbestritten. Nur die gewählte Art und Weise sollte zu diskutieren sein.

    Shalom, kfir


    :study: Joe Hill - Teufelszeug
    :thumleft: Farin Urlaub - Indien & Bhutan - Unterwegs 1 #2533 signiert


    "Scheiss' dir nix, dann feit dir nix!"

  • :shock: Ich möchte wissen, was Schriftsteller dazu veranlasst, so etwas zu schreiben! ... naja, eigentlich will ich es nicht wissen ...

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Oh Shit, ich habe das Buch auch auf dem SUB liegen. Schon ziemlich lang und ich weiß daher nicht mehr, warum ich es gekauft habe ... Ich schaue heute Nachmittag mal, ob ich es am Buch erkennen kann und werde es wahrscheinlich wirklich entsorgen. Oh Mann, das kommt davon, wenn man auf Restpostentischen kramt. Da habe ich es nämlich her, so ein Mängelexemplar für 1.99 € :-s


    Danke für die Info, Marie :-?

    "Ein Leben ohne Hund ist möglich, aber sinnlos ..."

    (nach Loriot)

  • Mmmmh, sexuelle Handlungen zwischen Kindern und Jugendlichen sind tatsächlich ein Thema, über das ziemlich wenig geredet und geschrieben wird, obwohlö es schon Fälle von Neunjährigen Schwangeren in Großbritannien gab. Und das war vor beinahe zehn Jahren.


    Es ist nicht unbedingt erbaulich, aber doch eine wichtige Ermahnung. Ich sehe zwar die gefahr, dass so ein Buch Pädophile reizen könnte (irgendwo habe ich ein zwei stabile Knüppel für solche Menschen herumliegen :twisted: ), aber es sollte auch klar sein, dass solche Dinge Realitäten darstellen, vor denen man die Augen nicht ganz verschließen sollte.

  • Zitat

    Original von Rosalita
    Ich möchte wissen, was Schriftsteller dazu veranlasst, so etwas zu schreiben! ... naja, eigentlich will ich es nicht wissen ...


    Diese Frage hat sich mir bei dem Lesen der Rezi auch gestellt :shock: .
    Allerdings möchte ich die Autorin auch nicht voreilig verurteilen ohne das Buch gelesen zu haben, aber so wie Marie es beschrieben hat, würde ich beim Lesen am meisten damit beschäftigt sein, eklige Stellen weiterzublättern (es gibt Sachen, die ich nicht lesen kann, da ich nicht möchte, dass sie in meinen Kopf Einzug erhalten).


    Was mir grad noch in den Sinn gekommen ist: Gibt es eigentlich wie bei CD´s eine zentrale Stelle, die z.B. darüber entscheidet, dass man manche Bücher nicht veröffentlichen sollte? Ich denke jetzt nicht an eine Altersbegrenzung oder ähnliches, da ich selbst weiß, wie man diese umgehen kann (schließlich gibt es große Onkeln, ältere Geschwister/ Freunde oder Eltern, die einem das Objekt der Begierde kaufen), sondern an ein generelles Verbot (bei manchen Sachen hört bei mir der Kampf um die Meinungsfreiheit auf). (Theoretisch gibt es dise Stelle doch, oder wer hat entschieden, dass es das Hitler-Tagebuch nicht im Handel gibt?)


    LG,
    Casoubon.

  • Das Hitlertagebuch wird nicht im Handel sein, da der Stern sich die Peinlichkeit ersparen wollen wird.


    Es gibt eine Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften und es gibt eine Liste von Titeln, die auf dem Index stehen und die im Verkauf nicht unter 18-Jährigen ohne Weitees zur Verfügung gestellt werden dürfen. Ein allgemeines Verbot von Schriften gibt es nicht - höchstens eine Zugriffsreduzierung auf Studienzwecke, da wir in einem freiheitlich-demokratischen Staat leben. Schau Dir mal das Grundgesetz an.

  • Zitat

    Original von K.-G. Beck-Ewe
    Das Hitlertagebuch wird nicht im Handel sein, da der Stern sich die Peinlichkeit ersparen wollen wird.


    :mrgreen:
    Die meinte ich nicht; sondern "Mein Kampf" - dachte, dass war auch eine Art Tagebuch :scratch: .


    LG,
    Casoubon

  • Dass bereits Kinder schwanger werden können, ist mir bekannt, und, wie kfir schon sagte, finde es auch wichtig, dass darüber geschrieben wird. Aber dieses Buch thematisiert weder ungewollte Schwangerschaften noch Aids. Es geht nur um die sexuelle Betätigung, aber nicht um die Konsequenzen, sieht man von der Gewalt und dem Mord ab.
    Dazu kommt: Eines der Kinder wird getötet, und die Beschreibung der Leiche ist so grauenvoll, dass ich die Seiten überblättern musste, obwohl ich bestimmt schon eine Menge blutrünstige Thriller gelesen habe.


    Ich habe übrigens mit dem Leiter unserer Bücherei gesprochen. Er nahm das Buch, blätterte und las ein paar Seiten. Dann ging er sofort zum PC, löschte es und gab einer Angestellten den Auftrag, es wegzuwerfen.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Wow, wenn man bedenkt, dass ich nur durch Zufall auf diese Rezi aufmerksam wurde ... danke Marie für die Warnung. Ich habe das Buch in der Buchhandlung in den Fingern gehabt und kurz überlegt, ob ich es auf deutsch oder italienisch (also im Original) lesen und der italienischen Literatur somit eine Chance geben soll.
    Zum Glück habe ich das bisher nicht getan!
    Ich stimme K.-G. Beck-Ewe voll und ganz zu, dass es längst an der Zeit ist, dass es auch Bücher gibt, die den Sex zwischen Jugendlichen thematisieren, die aufklären bzw. zur Aufklärung herangezogen und verwendet werden können.
    Aber ein Buch, dass den Zustand einer Leiche beschreibt, dass sogar Marie umblättern muss und das eindeutigerweise die Gefahr birgt, Pädophile anzuziehen ...
    :puker: :-# [-X =; :pukel:



    Zitat

    Original von K.-G. Beck-Ewe
    ... (irgendwo habe ich ein zwei stabile Knüppel für solche Menschen herumliegen :twisted: )


    Jup, ich hab für solche Leute extra einen guten, alten, hölzernen und starke Schmerzen verursachenden Baseballschläger! :twisted:



    Casoubon:
    Ich habe mich auch schon gefragt, ob man Mein Kampf inzwischen wieder besitzen darf. Meine Großeltern hatten mal eine Ausgabe, aber gleich nach dem Krieg sollten alle Exemplare vernichtet werden und meine Urgroßmutter hatte große Angst, falls rauskäme, dass sie der Aufforderung nicht nachgekommen sind, also hat sie es verbrannt.
    Aber ich würde gerne mal zumindest Auszüge daraus lesen. Immerhin muss Hitler wirklich krank gewesen sein und angeblich soll das im Buch auch ziemlich deutlich rüberkommen. :idea:

  • Soweit ich weiß ist der eigentlich Besitz des Titel "Mein Kampf" nicht verboten, sondern der Verlag, der die Rechte an dem Buch hat - wenn ich mich recht erinnere ein Münchener Verlagshaus - druckt Exemplare nur auf Anfrage von Universitätsbibliotheken und Historikern mit klarem Forschungsauftrag. Es wird aber häufig in anderen Ländern schwarz nachgedruckt und diese Urheberrechtverletzungen dürfen nicht vertrieben werden.


    Auszüge des Buches kann man in alten Ausgaben von "Der Stürmer" lesen und in geschichtswissenschaftlichen Texten, die sich mit dem Buch beschäftigen. Außerdem natürlich - als illegale Nachdrucke auch auf anderen Wegen, die ich hier nicht weiter erörtern möchte, weil es eben illegale NAchdrucke sind.

  • Zitat

    Original von K.-G. Beck-Ewe
    Soweit ich weiß ist der eigentlich Besitz des Titel "Mein Kampf" nicht verboten, sondern der Verlag, der die Rechte an dem Buch hat - wenn ich mich recht erinnere ein Münchener Verlagshaus - druckt Exemplare nur auf Anfrage von Universitätsbibliotheken und Historikern mit klarem Forschungsauftrag. Es wird aber häufig in anderen Ländern schwarz nachgedruckt und diese Urheberrechtverletzungen dürfen nicht vertrieben werden.


    Auszüge des Buches kann man in alten Ausgaben von "Der Stürmer" lesen und in geschichtswissenschaftlichen Texten, die sich mit dem Buch beschäftigen. Außerdem natürlich - als illegale Nachdrucke auch auf anderen Wegen, die ich hier nicht weiter erörtern möchte, weil es eben illegale NAchdrucke sind.


    Danke für die ausführliche Info. :thumright:
    Hmm, dann müsste es auch ein Buch mit Auszügen in einigen Historienbüchern geben, die man sicherlich in der Landesbibliothek ausleihen kann (die ist ja hier in Karlsruhe). Werde mich mal schlau machen.

  • Zitat

    Original von K.-G. Beck-Ewe
    Oder in den Seminarsbibliotheken von historischen Abteilungen der Universitäten.


    Stimmt oder da - aber hab ich da als Nicht-Studentin auch Zugriff (wenn nicht, schick ich JuleBule)?! :geek:

  • Zitat

    Original von K.-G. Beck-Ewe
    Eher nicht. Man müsste wohl Zugriff auf einen "Historiker" haben, der eingeschrieben ist.


    Schade, dann bleibt mir wohl doch nur die Landesbibliothek, aber da wird sich sicherlich etwas finden lassen. :wink:

  • Ich muss Marie in allen Punkten Recht geben. Ich weiß nicht, wann ich zuletzt ein solch brutales und ekelerregendes Buch gelesen habe.
    Meine Schwiegermutter hatte das Buch seinerzeit vom Verlag als Leseexemplar bekommen und war nach der Lektüre so angewidert, dass sie mich fragte, was ich davon halte.


    Das Buch hat keinerlei warnende oder abschreckende Wirkung, da es nicht wirklich aus einer Opfer-Perspektive geschrieben wird.


    Ich fand nicht nur die Beschreibung der Leiche grauenvoll, sondern auch die Art und Weise, wie es zu dem Mord kam.
    Fast genauso schlimm fand ich die Darstellung der Art, wie sich die sexuellen Handlungen zwischen diesen Kindern entwickeln. Von anfänglichem Zeigen und Schauen geht der Bogen in nullkommanichts zu S/M-ähnlichen Praktiken und dem Anschauen von Snuff-Magazinen.
    Ich frage mich allen Ernstes, was im Kopf der Autorin und der Verleger vor sich gehen musste, denn mit diesem Roman kann sich wirklich jeder Pädophile legal sein Kopfkino beschaffen.
    Mich hat das Buch derart mitgenommen, dass ich es wirklich nicht ertragen konnte, es überhaupt nur anzusehen und ich bin wirklich nicht empfindlich. :thumbdown:

  • Moment, der Pädophile kann sein Kopfkino sicherlich auch durch andere Dinge am Laufen halten.
    Macht das nicht an einem Buch fest!

    "Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont."
    Konrad Adenauer


    :study: Ashley Audrain - Der Verdacht











  • Sicher wird niemand allein wegen der Lektüre eines solchen Buches pädophil.
    Aber dennoch glaube ich, dass die Schilderung kindlicher Sexualität wie es in dem Buch geschieht, die Seiten in einem solchermaßen veranlagten Menschen zum Klingen bringt.
    Kurz, dass ihn derartige Details erregen.
    Marie beschrieb es eingangs sehr gut: Man gewinnt den Eindruck, dass das was geschieht für die Kinder ein Spiel ist. Ein Spiel dem sie aus Langeweile, aus Neugier, aus Überdruß, aus einer Gruppendynamik her folgen, aber nicht weil man sie dazu zwingt.


    Auch wenn das jetzt vom eigentlichen Thema abdriftet, gab es vor Jahren einen ähnlichen Eklat um "Josefine Mutzenbacher": Für die einen ein Werk der Weltliteratur, wurde es letztenendes auf den Index verbannt, da die Gerichte entschieden, es handele sich um Kinderpornographie. Ich finde die Entscheidung richtig. Die Geschichte, die das Leben der Josefine vom Alter zwischen fünf und vierzehn aus der Ich-Perspektive erzählt, beschreibt wie das Mädchen in dieser Zeit seiner Kindheit keinerlei Tabus oder Grenzen kennt, sondern mit Kindern wie Erwachsenen sexuelle Spiele aller Art betreibt. Dass das Buch allerdings von einem Mann geschrieben wurde, macht das Ganze für mich nur noch abgeschmackter.


    Und um wieder zum Thema zurück zu kommen: Ich finde das o.a. Buch mehr als fragwürdig.

  • Also mir wird gleich schlecht, wenn ich das so lese. Vielen Dank für die Warnung! So etwas möchte ich auf keinen Fall unterstützen. Thematisieren muss man dieses Thema auf andere Art und Weise.


    Bemerkenswert finde ich allerdings die derart unterschiedlichen Meinungen zu diesem Buch. Auf Amazon bewerten zwei KundInnen das Buch mit 5 Sternen ("Lieblingsbuch") und drei KundInnen mit 1 Stern ("am liebsten keinen"). So eine enorme Geteiltheit findet man selten.