Bianca Stücker - Schaulaufen für Anfänger

  • Die Autorin:
    Bianca Stücker wurde 1976 geboren. Sie schreibt die Kolumne „Ansichten einer Anachronistin“, hat Nasty-Pop-Electro und Mittelaltermusik veröffentlicht, ein Kirchenmusikexamen abgelegt, als DJane und Hinterhoftätowierer gearbeitet und lebt in Hamm.


    Meine Meinung:
    Dieses Buch war ein Verlegenheitskauf. Da gibt es gar nichts daran herumzureden. Der Lesestoff für die Rückfahrt mit der U-Bahn war mir ausgegangen und da musste in der Mittagspause schnell Ersatz beschafft werden.
    Und nun nach Abschluss dieses Buches, habe ich es erstmal vom Verlegenheitskauf in den Rang eines ganz „besonderen“ Kaufes befördert und erhoffe mir in Zukunft noch ganz viele solcher Verlegenheitskäufe.
    Um was geht es denn nun in diesem Buch? Da ist zum einen Nancy, die diese Geschichte erzählt. Und nun muss man sich ein wenig konzentrieren um auch alles mitzubekommen. Nancy ist mit Patrice zusammen, aber Patrice geht für ein Jahr nach Neuseeland und Nancy soll daher den Platz von Patrice in der WG einnehmen, in der Patrice zusammen mit Jerry und Shaoe lebte. Nancy zieht also bei den beiden Männern ein und begreift anfangs eigentlich gar nicht so richtig, warum sie das eigentlich macht.


    Nancy ist eine Studentin, Mitte Zwanzig, die die Verkörperung des gelebten Pessimismus sein könnte. Ohnehin nicht mit viel Selbstbewusstsein ausgestattet, beobachtet sie ihr eigenes Verhalten besonders kritisch und kann nicht verstehen, dass es überhaupt Menschen gibt, die irgendein Interesse für sie empfinden. Und dann tritt Raffaele in ihr Leben und die beiden beginnen so etwas wie eine Beziehung. Sie macht per Brief Schluss mit Patrice, der im fernen Neuseeland weilt. Zwischendurch macht ihr Shaoe auch noch ein sehr intimes Geständnis und dort bereits hätte sie die Dinge klarer sehen können. Und so kommt es dann zum Ende des Buches noch zu einem dramatischen Schluss. Mehr sei hier aber jetzt nicht verraten.


    Ein lesenswertes Buch. Bianca Stücker schreibt zurückhaltend und dem Leser gelingt es sehr gut, sich in die unsichere Nancy hineinzuversetzen. Bianca Stücker in der Person der Nancy überlässt dem Leser das Urteil, ein Urteil zu dem Nancy offenbar nicht in der Lage ist. Die erzählende Nancy wirkt oftmals nur wie ein Chronist der Ereignisse, und wenn sie einmal Emotionen zeigt, dann ist das nicht vielmehr als nur ein kurzes Ankratzen der Emotionsdecke. Nancy scheint nicht in der Lage zu sein, dem unbekannten Leser gegenüber ihre Gefühle wirklich transparent zu machen – vor einer unbegrenzten Offenheit schreckt sie zurück. Aber manchmal sagt man mehr über die Dinge aus indem man nichts sagt.


    Alarmbesuche einer Buchhandlung in der Mittagspause scheinen eine wirklich lohnenswerte Sache zu sein.

  • @Voltaire: Danke für die tolle Rezi, die macht richtig Lust auf das Buch. Habe es mir heute morgen bei booklooker bestellt und freue mich total darauf. Ich finde schon den Titel genial-ich mag es, wenn so mit Worten "jongliert" wird.


    LG,
    Casoubon.

  • Auch von mir ein Danke für die schöne Rezension. Das Buch steht schon seit einiger Zeit auf meiner Wunschliste und es lacht mich mit seiner auffallenden (momentan wohl auch sehr beliebten) Covergestaltung immer im Buchladen an.


    Bisher hat mich die sehr "laute" Beschreibung des Wertegangs von Frau Bianca Stücker abgeschreckt, aber mit dieser netten Rezension hab ich auch diesen Schreck überwunden. ;-)


    Liebe Grüße, gluttony

  • Zitat

    Original von gluttony
    Bisher hat mich die sehr "laute" Beschreibung des Wertegangs von Frau Bianca Stücker abgeschreckt, aber mit dieser netten Rezension hab ich auch diesen Schreck überwunden. ;-)


    Könntest du das bitte näher erklären? Ich habe noch nie etwas von ihr gehört, daher meine "naive" Frage :uups: .


    LG,
    Casoubon.

  • Hallo Casoubon!


    Mir ist schon beim Schreiben aufgefallen, dass "laut" nicht wirklich eindeutig ist, aber irgendwie fiel mir kein besserer Begriff ein.


    Ich beziehe mich dabei auf diesen Überblick der zum Leben von Bianca Stücker gegeben wird:


    Zitat

    Original von Voltaire
    Die Autorin:
    Bianca Stücker wurde 1976 geboren. Sie schreibt die Kolumne „Ansichten einer Anachronistin“, hat Nasty-Pop-Electro und Mittelaltermusik veröffentlicht, ein Kirchenmusikexamen abgelegt, als DJane und Hinterhoftätowierer gearbeitet und lebt in Hamm.


    "Laut" daher, weil ein Schlag dem anderen, ein coole und alternative Aufgabe der anderen folgt. Für mich schließe ich daraus auch auf ihren Schreibstil, auf Charaktere und Situationen die im Buch vorkommen.
    Natürlich sind das reine Vorurteile und ändert nichts daran, dass ich das Buch trotzdem lesen wollte. Aber die Rezension von Voltaire schiebt den Lebenslauf für mich in den Hintergrund und hat meine Neugierde auf das Buch nun doch auf den Siedepunkt gebracht.


    Achso, und ich find die Frage gar nicht naiv. Ich find sie sogar angebracht, wenn Miss Gluttony mal wieder einfach von der Leber weg schreibt. Ich hoffe diesmal war es verständlicher? [-o<


    Liebe Grüße, gluttony

  • @gluttony: Vielen Dank. Jetzt ist es wirklich klarer und verständlicher. Ich hatte im ersten Moment gedacht, dass in der letzten Zeit viel von Fr. Stücker in den Medien war, was ich aufgrund permanenter Fernsehabstinenz verpaßt haben könnte.


    LG,
    Casoubon.