Astrid Sozio - Der rechte Pfad

  • Kurzmeinung

    easymarkt3
    Sektentum, Fremdenfeindlichkeit, Schuldgefühle – schwere Kost!
  • Ja - aber


    Begabung? Zweifellos! Potenzial? Durchaus! Stringent? Leider nicht! Kaum jemals hab ich so bedauert, nur ein eher durchwachsenes Lob aussprechen zu können.

    Das Sujet packt den Leser sofort, wenn er nur ein Organ für die aus der Zeit gefallene Religiosität dieser weltabgewandten Brüdergemeinde von Welsum aufbringen kann.

    Die Wahl des Protagonisten Benni ist überaus klug, da er der Gemeinschaft nur lose verbunden ist, lebt er in seiner Kindheit und Jugend doch zumeist bei seiner eher weltlich eingestellten Mutter in der Großstadt und verbringt nur seine Ferien bei dem ihm fremd bleibenden Vater, der seinerseits nicht in der Lage ist, ein enges Verhältnis zu seinem Sohn aufzubauen.

    Es zeigt sich alsbald, dass innerhalb der Gemeinde ein Bruch verläuft. Während die Angehörigen der älteren Generation ungebrochen sich ihrem Dogma verpflichtet fühlen, lassen sich bei den Jüngeren deutliche Spuren von Erosion verzeichnen. Am offenkundigsten treten diese bei Gideon mit seinen homoerotischen Neigungen und der lebenshungrigen Hanna zutage, während ihre Zwillingsschwester Lea oberflächlich betrachtet dem weiblichen Rollenbild zu entsprechen scheint. Auffällig jedoch, dass sie von ihren fünf Kindern überfordert scheint und auch den Ehemann kaum zu halten vermag. Auch an der Figur der Maria, wiederum der Elterngeneration zugehörig, werden Vereinsamung und Zerbrechen augenfällig demonstriert.

    Weitaus wirkungsvoller allerdings wäre dieser Roman ausgefallen, hätte die Autorin sich einer disziplinierten Erzählökonomie befleißigt. Allzu ausufernd die Entfaltung der Handlungselemente, in immer neuen Variationen das vom Leser längst Begriffene wiederholend, so dass die Betroffenheit bald dem Gefühl von Überdruss und Verdrossenheit weicht. Umso bedauerlicher, da die Intensität der sprachlichen Gestaltung, das ambitionierte Überblenden der Zeitebenen die schönsten Anlagen erkennen lassen. Bleibt zu hoffen, dass ein engagierter Lektor diese vielversprechende Autorin zu einem stringenteren Einsatz ihrer sprachlichen Mittel zu leiten vermag!







  • Sektentum, Fremdenfeindlichkeit, Schuldgefühle – schwere Kost!


    Den Buchtitel könnte man verschiedentlich interpretieren:
    Rechtes Gedankengut auf den Gemeindesitzungen – ein düsterer Pfad
    Im Wald den rechten Pfad nach Hause zu finden, auch im Dunkeln
    Den richtigen Pfad zu Gott, zu Jesus zu finden bei all diesen Heimlichkeiten, strikten Reglements auch in sexueller Hinsicht Das Cover passt ideal zum Buchinhalt. Im Kern spielen sich in dörflicher Umgebung in einer weltabgewandten Brüdergemeinde familiäre Geschichten ab, die aus den Erinnerungen der nun 40 Jahre alten Hauptperson Benjamin Weißdorn, kurz Benni - der Blödmann, gespeist werden. In zwei Zeitebenen, die nicht klar voneinander gekennzeichnet sind, werden die in der religiösen Dorfgemeinschaft verbotene Homosexualität, erste sexuelle und traumatische Kindheitserinnerungen und tiefe Freundschaft behandelt. Dialoge sind im Dialekt des Niederrheins gehalten und verstärken authentisch das allgemeine Miteinander. Anfängliche Andeutungen werden im weiteren Verlauf aufgeklärt, als Unfall werden nach scheinbar eigener Rechtsprechung häusliche Gewalt und vorsätzlich gelegter Brand eingestuft. Die Charaktere sind krass in ihrer Eigenwilligkeit, meist unsympathisch wie der Vater, oft kurios wie die Haushälterin Frau Gothel, einsam mit ihren persönlichen Problemen und dort verloren wie Hana, Lea, Gideon, Simon, Luis, Benni etc. Die angehängte Playlist bildet manche Kapitelüberschrift. Diese Erzählung über eine derart reglementierte Gemeinschaft wirkt sehr authentisch.