Mercè Rodoreda - Der Garten über dem Meer / Jardí vora el mar

  • Autor: Mercè Rodoreda
    Titel: Der Garten über dem Meer, aus dem Katalanischen übersetzt von Kirsten Brandt
    Originaltitel: Jardí vora el mar, erschien erstmals 1967
    Seiten: 240 Seiten
    Verlag: Berlin Verlag
    ISBN: 9783833310546


    Die Autorin:
    Mercè Rodoreda i Gurgui, 1908 in Barcelona geboren und 1983 in Girona gestorben, war eine katalanische Schriftstellerin. Nach ersten Erfolgen mit psychologischen Romanen, veröffentlichte sie nur zögerlich, machte 20 Jahre Pause und trat erst ab 1958 als Schriftstellerin wieder in Erscheinung. Ihr wohl bekanntestes Werk «Auf der Plaça del Diamant» erschien 1962.


    Inhalt: (Klappentext)
    Katalonien in den späten Zwanzigern. Sechs Sommer lang beobachtet der Gärtner eines Herrenhauses über dem Meer das Kommen und Gehen der jungen Besitzer Francesc und Rosamaria. Sie feiern ausgelassene Partys und leben einen beneidenswerten Sommernachtstraum. Doch dem Gärtner entgehen auch die feinen Risse in dem Idyll nicht. Spätestens, als auf dem Nachbargrundstück jemand eine noch größere Villa errichtet, werden die unübersehbar, denn der neue Nachbar ist niemand anderes als Rosamarias Jugendliebe Eugeni ...


    Meinung:
    Das Buch enthält ein Nachwort von Roger Willemsen, in dem er vom «Schweben einer Stimmung», der «Verdichtung eines Klimas», der «Komposition aus Meerluft, Blütenfarben und leichtherzigen Dialogen», und «Räumen voller Pastell» schwärmt.
    Und ja, dem möchte ich gerne zustimmen. Oberflächlich ein Idyll: der Garten gedeiht, wird ausführlich beschrieben, junge Menschen haben Spass, geben Partys, veranstalten ein Feuerwerk, fahren Wasserski,… doch nach und nach beobachten wir durch die Sicht des Gärtners «Misstöne».


    Der Gärtner selbst ist natürlich Angestellter, gehört nicht wirklich zu diesem «Geldadel», ist aber nah genug dran, unauffällig zu beobachten, das ein oder andere Wort aufzuschnappen, ist des Öfteren auch Jemand, bei dem man sich aussprechen kann, der zuhört. So erfährt der Erzähler quasi als Einziger viele Zusammenhänge – oder jedenfalls «seine Sicht der Dinge». Und er teilt seine Kenntnisse eher spärlich, ist vorsichtig mit Ratschlägen, auch durch seinen eigenen Lebenslauf. Das macht das Ganze zu einer «ruhigen» Erzählung. Es scheint nicht viel zu passieren, eher nebenbei erfährt man vom schleichenden Niedergang der Gesellschaft.
    Doch allzu gemächlich ist die Erzählung dann glücklicherweise doch nicht, denn jedes Kapitel springt sozusagen um ein Jahr; wir erleben aus Sicht des Gärtners nur die Sommersaison und erfahren nebenbei, was so in den vergangenen Monaten seit dem letzten Aufenthalt passiert ist.


    Dieses ganze Setting hat mich an die Erzählungen von Eduard von Keyserling erinnert, die ich quasi parallel zu dieser Geschichte las: eine abgeschiedene Idylle, die Protagonisten sind privilegiert, umgeben von Personal, doch auch diese Epoche geht zu Ende, schleichend aber unaufhaltsam.


    Insofern gefiel mir der Aufbau und auch das Thema. Die Umsetzung verglichen mit Eduard von Keyserling… - da konnte Rodoreda einfach nicht mithalten. Vielleicht liegt mir der baltische Adel näher als reiche Katalanen, vielleicht haben mich die deutlich kürzeren Erzählungen von EvK mehr überzeugt als ein ganzer Roman, aber bei mir ist aus nicht näher zu definierenden Gründen der Funke einfach nicht übergesprungen.Trotzdem werde ich gerne bei Gelegenheit noch den "plaça del Diamant" lesen.