Martin Arnold - Führen vor Wissen

  • Hallo zusammen


    Ich stelle euch gerne mein neues Buch "FÜHREN VOR WISSEN" vor. Wie der Titel andeutet, geht es um das Führungsthema. Es umfasst aber keine theoretische Abhandlung, sondern beschreibt real erlebte Beispiele. Damit erhoffe ich mir, dass sich jeder im Buch wiederfindet und eine gewisse Sensibilität für sein zukünftiges Tun entwickelt.

    Hier eine Leseprobe aus dem Buch, damit ihr einen Eindruck erhält:


    Eines Morgens kam ich wie üblich zur Bausitzung in den großen Meetingraum und sah schon an den Gesichtern der einzelnen Teilnehmer, dass etwas nicht stimmte. „Was ist denn los, habt ihr schlechte Neuigkeiten?“

    „Setz dich erst mal, Martin“, erwiderte Roger, unser Chef Technik. Spätestens jetzt realisierte ich, dass es wohl ziemlich ernst sein musste.

    „Na sagt schon, was ist denn passiert? So schlimm kann es doch nun auch nicht sein?“ Mein Blick in die Runde verunsicherte mich jetzt aber doch. Es herrschte bedrücktes Schweigen.

    Nun begann Herr Greuter, unser Architekt: „Herr Arnold, so wie es jetzt aussieht, haben wir bei der Planung der neuen Sanitärräumlichkeiten unten im EG einen Fehler gemacht. Wie Sie wissen, wollten wir doch einen Flur erstellen, der über eine Tür in die große Halle führt?“

    „Ja klar, darüber haben wir doch vor ein paar Wochen gesprochen und es so festgelegt. Und nun gibt es da Probleme?“, fragte ich noch immer völlig im Unklaren darüber, was denn nun schiefgelaufen sein könnte.

    Roger machte weiter: „Tja, leider haben wir bei der Planung nicht richtig aufgepasst und übersehen, dass diese Öffnung direkt zu einer Säule auf der anderen Seite in der Halle führt. Der Durchgang ist so völlig unbrauchbar, weil komplett zugestellt.“

    Ich verstand allmählich. „Ach, du meinst die Säulen der Galerie? Aber das hatten wir doch noch besprochen, dass wir darauf achtgeben müssen?“ Wieder blickte ich fragend in die Runde.

    Jetzt begann, was in solchen Fällen immer beginnt: Jeder versuchte zu erklären, wieso er nicht schuld an diesem Fehler war und sich doch nur auf die Angaben des anderen verlassen hatte. Diese Diskussion wurde immer hitziger, destruktiver und jeder verteidigte irgendwann nur noch sich selbst.

    Schnell wurde es mir zu viel und ich schritt mit lauter Stimme ein: „Meine Herren, kann mir bitte einer sagen, was denn nun die Optionen sind und wie wir weitermachen können, ohne noch einmal alles abzureißen?“

    Die Teilnehmer schauten mich nur ungläubig an und begannen sofort wieder damit zu argumentieren, dass doch der andere nun einen Vorschlag machen müsse, immerhin hätte er ja auch den Fehler gemacht.

    Wieder ging ich dazwischen: „Meine Herren, bitte tun Sie mir einen Gefallen und denken Sie in Lösungen. Es interessiert mich nicht im Geringsten, wer den Fehler gemacht hat und hier die Schuld trägt!“

    Dieses Mal wurde es ruhig in der Runde und die ungläubigen Blicke verstärkten sich noch. Das war offensichtlich niemand so gewohnt, dass nicht erst die Schuldfrage geklärt wird, bevor man wieder nach vorne schauen kann.

    „Na, was ist jetzt mit den Optionen? Ihr habt euch doch sicherlich schon überlegt, wie wir wieder aus dieser Situation rausfinden?“, fragte ich noch einmal nach.

    Da antwortete Herr Greuter: „Nein, darüber haben wir noch nicht nachgedacht. Wir hatten uns nur die ganze Zeit überlegt, wie es zu diesem Fehler kommen konnte.“

    Ich entgegnete ihm: „Und wie bitte schön hilft uns das nun bei der Lösungsfindung?“

    Wieder erntete ich Schweigen.

    „Ich erkläre Ihnen jetzt einmal etwas“, nahm ich den Faden wieder auf. „Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie mir gegenüber nicht versucht haben, den Fehler zu vertuschen, sondern ehrlich waren. Damit halten wir die Folgekosten tief. Außerdem können nur da Fehler passieren, wo auch gearbeitet wird, das ist also völlig in Ordnung. Und ja, wir sollten uns überlegen, wie wir in Zukunft solche Fehler vermeiden können. Aber jetzt gerade geht es doch nur darum, das entstandene Problem zu lösen. Und genau darauf sollten wir uns jetzt konzentrieren und auf nichts anderes.“

    Wir gingen alle zusammen nach unten und schauten uns die Situation vor Ort an. Und siehe da, jetzt, wo es nicht mehr um die Schuldfrage ging, arbeiteten alle wieder zusammen und wir hatten eine halbe Stunde später einen Plan, wie wir mit möglichst geringen Zusatzkosten das Problem lösen konnten.