J.R. Dawson - Sparks / The First Bright Thing

  • “Sparks - Die Magie der Funken” ist das Erstlingswerk von J.R. Dawson und wurde von Gesine Schröder aus dem amerikanischen Englisch übersetzt. Da ich das Buch als Rezensionsexemplar lesen durfte, geht mein Dank an den Fischer Tor Verlag!


    Während des Ersten Weltkrieges, als die Welt zu zerbrechen schien, geschah es: Die Magie trat in die Welt. Das Phänomen erhält ganz unterschiedliche Namen, doch in den USA nennt man die Menschen mit dem magischen Funken “Sparks”. Da viele von ihnen dabei geholfen haben, die Spanische Grippe in Schach zu halten, wurde eine Art Friedensvertrag geschlossen: Die Sparks werden in Ruhe gelassen, wenn sie die Normalen nicht belästigen - und wenn sie, wenn ihr Land sie braucht, zur Stelle sein werden.

    In diesem instabilen Frieden und nach dem Schock der Gewalt des Grossen Krieges haben Ringmaster, Ophelia und Mauve eine eigene kleine Welt erschaffen, ihr zu Hause, den Wanderzirkus. Hier finden jene Unterschlupf, die dies wollen und die sich der Aufgabe des Zirkusses verpflichten wollen. Denn die drei Frauen setzen ihre einzigartigen Funken dazu ein, Menschen zu helfen, die sie brauchen. Dabei verfolgt sie aber nicht nur Ringmasters Vergangenheit, der Circus King und sein grausamer Mitternachtszirkus. Auch die Zukunft, der Blick auf einen weiteren, grausamen Krieg, treibt sie um.


    Zirkusgeschichten! Man muss sie einfach lieben, oder? Einem Zirkus wohnt ein ganz eigener Zauber inne, ganz ohne echte Magie. In Kombination mit echter Magie kann eigentlich fast nichts schief gehen! Und ja, das Setting, das “Sparks” präsentiert, hat mir grundsätzlich gut gefallen. Vor allem, weil die Magie sehr verführerisch ist. Im Grunde wurde ein Teil der Menschheit zu Superhelden - mit individuellen, fantastischen Fähigkeiten, die offenbar oft zu ihren Charakteren passen. Diese Unberechenbarkeit und die schiere Anzahl an Möglichkeiten gibt dem Ganzen diesen verführerischen Sense of Wonder. Auch die zeitliche Verortung, die 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts, passt gut und verhilft zu dieser entrückten Atmosphäre. Die Menschheit leckt noch ihre Wunden und befindet sich irgendwo zwischen Trauma, Schock und Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Das wurde alles sehr gefühl- und wirkungsvoll transportiert.


    Trotzdem ist der Funke bei mir nicht so ganz übergesprungen.


    Ringmaster - von ihren Freunden liebevoll Rin genannt - ist eine interessante Protagonistin. Sie verbindet eine schreckliche Vergangenheit mit dem Circus King, aus der sie sich noch immer nicht gänzlich befreien konnte und die sich für die Leser:innen erst langsam gänzlich erschliesst. Sie hadert mit sich selbst, denn er hat ihr beigebracht, sich selbst zu verachten. Und immer wieder fällt sie aus der Gegenwart in die Vergangenheit, an einen anderen Ort. Und das tut auch der Text. Obwohl es stilistisch vielleicht passen mag, haben mich diese ständigen Vergangenheitsfetzen immer wieder aus dem Lesefluss gerissen, ungeduldig gemacht und stellenweise ziemlich geärgert. Vor allem, weil es sich mit der Zeit auch nach Wiederholung angefühlt hat. Inhaltlich war das wohl nur selten der Fall, thematisch häufig - und das Muster kam ständig wieder.

    Die übrigen Figuren haben mir in der Ausarbeitung leider nicht so gefallen. Sie scheinen zwar komplex, sind es aber eigentlich nicht. Sie alle haben eine Rolle inne - und dieser folgen sie auch stur, ohne Facetten im Verhalten aufzuweisen. Gerade Mauve und Ophelia habe ich anfangs immer wieder durcheinander bekommen. Ausserdem bewegt sich die Erzählstimme, obwohl drittpersonal bei Rin, oftmals so nah an die beiden anderen Frauen heran, dass es schon fast an Headhopping grenzt. Und bei mir immer mal wieder Unsicherheit ausgelöst hat, wenn Erzählung in Dialog überging.


    Die Handlung war für mich etwas zu vollgeladen. Da gibt es den Circus King, der im Jetzt eine Bedrohung ist; Kapitel die in der Vergangenheit spielen und die Vorgeschichte aufrollen; Der kommende Krieg, den die drei Frauen mit mässig viel Geschick zu verhindern versuchen; Rins hadern mit sich selbst; Den rotznasigen Teenager, den der Zirkus aufgabelt und die sich nur nach einem Zuhause sehnt; Die Liebesgeschichte… Irgendwie hat sich das alles für mich nicht so richtig zu einem geschmeidigen Ganzen fügen wollen und war etwas holprig. Manchmal gar etwas erzwungen.


    Dazu kommt, dass mir das Buch sprachlich nicht wirklich zugesagt hat. Es gab Ansätze, diese Zirkuswelt in magische Worte zu fassen. Aber schlussendlich war es für mich oft eher melodramatisch, zu übertrieben und gleichzeitig nicht ausschweifend genug. Vielleicht zu amerikanisch. Ich kann mir vorstellen, dass es teilweise an der Übersetzung liegen mag. Denn viele Wendungen und Formulierungen wirkten auf mich ganz anders, als ich sie mir auf Englisch vorgestellt habe. Aber auch die Anglizismen und vor allem die übernommenen englischen Bezeichnungen haben mir persönlich weniger zugesagt.


    Im Allgemeinen war “Sparks” für mich persönlich keine Erleuchtung, der Funke wollte nicht springen. Trotzdem war es eine nette Unterhaltung und ein relativ kurzweiliger Ausflug in eine durchaus interessante Welt. An den Nachtzirkus kommt es aber nicht heran - dafür fehlt es mir an sprachlicher Raffinesse und inhaltlicher Dichte.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „J.R. Dawson - Sparks“ zu „J.R. Dawson - Sparks / The First Bright Thing“ geändert.
  • Inhalt:

    Wenige Jahre nach dem Ersten Weltkrieg zieht eine Truppe von Zirkusartisten durch den Mittleren Westen der USA. Ihre Manege ist nicht groß, doch ihre Talente sind mehr als außergewöhnlich: Odette, eine Trapezkünstlerin, kann Krankheiten und Verletzungen heilen. Mauve sagt die Zukunft voraus. Und Rin vermag durch die Zeit zu reisen. Zu dritt versuchen sie mit dem Zirkus, anderen übernatürlich Begabten ein Zuhause zu bieten, Sicherheit und eine Familie.

    Denn das Leben ist für diese “Sparks” alles andere als einfach. Die Regierung versucht, sie zu instrumentalisieren oder wegzusperren. Und dann gibt es da noch den grausamen Mitternachtszirkus des mächtigen Circus King, der mit Rin noch eine Rechnung offen hat. Doch die größte Gefahr lauert in der Zukunft: Als Mauve, Odette und Rin auf einer ihrer Zeitreisen erfahren, dass ein weiterer Krieg die Welt in den Abgrund reißen wird, wollen sie alles dafür tun, ihn aufzuhalten …


    Rezension:

    Ringmaster hat mit dem Windy van Hootens Phantastischem Zirkus einen magischen Ort erschaffen, der die Zuschauer mit seinen Aufführungen verzaubert und sogar ihr Leben verändern kann.

    Doch es gibt zwei Gefahren, die den Frieden des Zirkusses bedrohen.
    Ein nahender Krieg und der Circus King, der nie hätte erfahren dürfen, dass Ringmaster noch lebt.


    "Sparks - Die Magie der Funken" von J.R Dawson ist ein Einzelband, der aus den wechselnden personalen Erzählperspektiven von Ringmaster im Jahr 1926 und Edward King im Jahr 1917 erzählt wird.


    Niemand weiß, woher der Spark kam, der vielen Menschen während des Ersten Weltkrieges eine besondere Fähigkeit verlieh. Manche können Illusionen erschaffen, andere können sich in Tiere verwandeln, sind äußerlich unverletzbar, können sich vervielfältigen. Im Zirkus Windy van Hootens sind die Artisten überwiegend Sparks, die dort ein Zuhause finden, während sie in der wirklichen Welt gemieden oder sogar in Sanatorien gesteckt werden würden.


    Gemeinsam mit ihrer Frau Odette und ihrer gemeinsamen Freundin Mauve hat Ringmaster einen Zirkus voller Licht und Hoffnung erschaffen, bis ein Schatten auf diesen fällt.
    Der Circus King mit seinen schwarzen Zelten voller Grausamkeiten hat sie gefunden, obwohl Ringmaster alles dafür getan hat, ihn glauben zu lassen, dass sie gestorben ist, aber auch in der Zukunft lauern Gefahren.
    Die Zirkusdirektorin Ringmaster hat die Fähigkeit, durch Zeit und Raum zu reisen, während Mauve in die Zukunft blicken kann. Der Spark der Trapezkünstlerin Odette ist es, zu heilen und so beschützt sie die Frauen auf ihren Unternehmungen.
    Als Mauve den Zweiten Weltkrieg voraussieht, suchen die drei Frauen nach Möglichkeiten, diesen noch abzuwenden, doch in der Gegenwart kommt der Circus King immer näher.


    Den siebzehn Jahre alten Edward King lernen wir in einem Schützengraben in Frankreich kennen, wo er im richtigen Moment von der fünfzehn Jahre alten Ruth Dover gerettet wird, die gerade ihren Spark bekommen hat und Edward aus dem Krieg befreit. Wir verfolgen, wie die beiden sich kennenlernen und Edward ihnen ein Leben aufbaut, das aber immer weiter zerfällt.


    Ich fand es sehr spannend, dass die Geschichte auf zwei Zeitebenen erzählt wurde, wobei wir dank Ringmasters Spark auch noch andere Jahre besuchen durften. Auf den ersten Blick haben die beiden Handlungsstränge nicht viel miteinander zu tun, aber die Verbindungen offenbaren sich nach und nach, bis die Handlungsstränge irgendwann zusammenlaufen, was mir sehr gut gefallen hat! Auch das Setting mit dem Zirkus und seinen völlig unterschiedlichen Artisten hat mir gut gefallen.


    Nur leider konnte mich die Geschichte aber insgesamt nicht so stark fesseln, wie ich es mir erhofft hatte.


    Nachdem Ringmaster erkannt hat, dass der Circus King nicht nur weiß, dass sie noch lebt und sogar ihren Aufenthaltsort kennt, wächst ihre Angst mit jedem Ortswechsel vor der erneuten Konfrontation. In der Zwischenzeit finden Rin, Odette und Mauve heraus, dass nach dem verheerenden Ersten Weltkrieg der nächste große Krieg nicht weit entfernt ist und sie versuchen diesen mithilfe ihrer Fähigkeiten noch abzuwenden, was die Bedrohung um den Circus King etwas in den Hintergrund geschoben hat.


    Mich konnte es tatsächlich nicht so stark mitreißen zu verfolgen, wie sie versuchen, den Zweiten Weltkrieg zu verhindern, vielleicht weil ich ihrem Erfolg von Anfang an keine hohen Chancen eingeräumt habe. Da fand ich die Bedrohung um den Circus King deutlich interessanter, auch weil man erst nach und nach erfährt, wer er ist und warum er ein Interesse an Rin hat! Die zweite Hälfte hat mir dann besser gefallen als die erste und auch das Ende fand ich gelungen, wobei ich eine Wendung aber auch nicht komplett nachvollziehbar fand, was aber auch mit der Manipulation der Zeit zu tun hat, was ja oft schwierig ist.


    Was mir aber gut gefallen hat, war die Verbindung der drei Freundinnen. Rin und Odette sind verheiratet, natürlich nicht offiziell und gemeinsam mit Mauve führen sie den Zirkus. Sie sind ein unschlagbares Team, wobei Rin mit ihrer Sturheit und ihrem Dickschädel die Anführerin ist. Aber Rin hat schon viel Schlimmes erlebt, das ihr Selbstvertrauen angeknackst hat. Es ist ihr sehr wichtig, dass ihre Artisten sich wohl und sicher fühlen und sie mit ihrem Zirkus gute Gefühle in den Menschen weckt. Sie war mir manchmal zu verbissen, wobei ich sie dafür auch bewundert habe!


    Fazit:
    "Sparks - Die Magie der Funken" von J.R Dawson ist ein guter Einzelband, der mich aber nicht ganz so stark begeistern konnte, wie ich es mir erhofft hatte.
    Ich fand es sehr spannend, dass das Buch auf zwei Zeitebenen erzählt wird und wir nach und nach erfahren haben, wie diese zusammenhängen.
    In der Gegenwart wird der Zirkus von zwei Gefahren bedroht, wobei ich eine hier deutlich interessanter fand als die andere und so konnte mich die Geschichte in der ersten Hälfte weniger fesseln als in der zweiten. Mir hat es trotzdem ganz gut gefallen, nur der letzte Funke wollte nicht so recht überspringen. Ich vergebe gute drei Kleeblätter!

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