Sebastian Steffens - Kurztrip Weltgeschichte

  • “Kurztripp Weltgeschichte” wurde von Dr Sebastian Steffens verfasst - einem Physiker, nicht einem Historiker. Pflichtschuldig stellt der Autor gleich im Vorwort klar: Dieses Buch erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Und auch nicht auf Objektivität. Auf gut hundert Seiten ist eben nicht mehr als ein selektiver Abriss möglich. Und das ist so auch in Ordnung. Vielen Dank an den Autor und den Dark Empire Verlag für das Leseexemplar! Auf diese kurze (!) Reise war ich sehr gespannt!


    Anfangen tut dieser Kurztrip am Anfang - bei der Entstehung des Universums. Es folgen die Entstehung der Erde, wie sich das Leben auf ihr sich entwickelte. Und dann: Auftritt Mensch. Wie im Zeitraffer fliegt die Zeit vor unserer Zeit dahin - informativ dicht, aber unterhaltsam und sprachlich flott. Die Rundschau der ältesten Geschichte der Welt geht in die alte Geschichte über: Städte werden gebaut, Hochkulturen entstehen und zerfallen, Imperien werden gegründet. Über ganze fünf(einhalb) Kapitel verfolgt der Autor das Auf und Ab und Hin und Her des Römischen Reiches und seiner Kaiser und fliegt dann über das Mittelalter. Der Fokus liegt eindeutig auf Europa. In kurzen (!) Abstechern wirft er auch mal einen Blick nach China, den Nahen Osten, Südamerika. Für mehr als ein paar wenige Sätze bleibt aber keine Zeit. Denn weiter geht es mit der Kolonialisierung der Welt und dann von der Französischen Revolution und Napoleon, über den Ersten und Zweiten Weltkrieg, bis hin zum Kalten Krieg. Und rein in die Moderne, bis der Blick in die ferne Zukunft und zum Ende der Zeit schweift. Kurze Abstecher gibt es zur Unabhängigkeitsbewegung in Südamerika (eine Seite), in die Kunst und ihre diversen Stile und eine kurze Geschichte des Computers fehlt auch nicht.


    Der Schreibstil ist flott, fast schon rasant. Leicht verständlich und trotz der Dichte übersichtlich fliegt man als Leser:in durch die Zeit. Immer wieder blitzt etwas Humor durch die Fakten, was die Lektüre erheblich auflockert. Die Leseerfahrung ist nicht nur durch die geringe Anzahl an Seiten kurzweilig!


    Ich muss aber sagen, dass ich die erste Hälfte des Buches mehr genossen habe. Mit Fortschreiten der Zeit schien mir die Darstellung der Ereignisse weniger pointiert, detailliert und analytisch. Auch die so “erfrischenden” Informationen, die neue Erkenntnisse bringen, nahmen zunehmends ab. Das mag teilweise an meinen eigenen Vorkenntnissen liegen. Dazu kam dann auch noch einiges an pessimistischer Meinung, die mich persönlich nicht angesprochen hat.


    Wie der Autor ja bereits vorweggenommen hat: Dieser Kurztrip ist subjektiv und selektiv. Das wird dann sehr deutlich, wenn es auf die Moderne zu geht. Ja, alles lässt sich in so einem Büchlein nicht unterbringen. Trotzdem war ich enttäuscht, dass die Emanzipationsbewegung der Frauen in einem einzigen Satz abgehandelt wurde - die Ergebnisse blieben unerwähnt. Dabei machen Frauen immerhin 50% der Weltbevölkerung aus - da sollten ihre Errungenschaften in einer Weltgeschichte doch wenigstens ein kleines bisschen gewürdigt werden. Nicht Weisse Menschen machen übrigens mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung aus. Auch sie, ihr Leidensweg und ihre Siege und Niederlagen spielen in diesem Buch keine Rolle. Allgemein bleibt der Rest der Welt - also alles ausserhalb Europas resp. des globalen Westens - eher eine Randerscheinung. Die Entdeckung Ozeaniens bleibt genau so im Dunkeln, wie Afrika als gesamter Kontinent (bis auf das alte Ägypten). Die Arabische Welt gerät nach dem Mittelalter in Vergessenheit. Nur die Gründung Israels erhält zwei Sätze.


    Der grösste Verdienst von “Kurztrip Weltgeschichte” liegt für mich in der unterhaltsamen Übersicht und übersichtlichen Strukturierung der ältesten Geschichte vom Urknall bis etwa zum Ende des Mittelalters. Vielleicht noch etwas darüber hinaus. Danach lässt das Buch aber den zuvor gezeigten wortgewandten Scharfsinn vermissen. Der Titel des Buches ist meiner Meinung nach ausserdem nicht verdient. Eine Weltgeschichte ist hier nicht zu lesen. Sehr wohl aber jene Europas und des globalen Westens.


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