Stefanie Gerhold - Das Lächeln der Königin

  • Die Nofrotete Büste aus Tell el-Amarna in Ägypten ist bestimmte den meisten Menschen schon mal als Bild oder vielleicht sogar live im Museum begegnet. Die Geschichte ihrer Ausgrabung, ihrer Reise nach Berlin und der Faszination, die sie dort dann ausübte, zeigt das hier vorliegende Buch von Stefanie Gerhold, das Elemente eines Romans mit zeitgenössischen Dokumenten so verknüpft, dass mensch beim Lesen das Gefühl hat mit dabei zu sein. Im Mittelpunkt des Werkes stehen der Archäologe Borchardt und der Unternehmer James Simon, der Borchardt seine Ausgrabungen finanzierte. Neben dem archäologischen Aspekt wirft das Buch aber auch einen Blick auf das verzweifelte Streben jüdischen Großbürgertums nach Anerkennung und die Verzweiflung darüber, noch immer als Menschen zweiter Klasse behandelt zu werden. Auch der Aspekt der gnadenlosen Ausbeutung von Kolonien durch Großbritannien, Frankreich und auch Deutschland kommt nicht zu kurz.
    Die Schreibweise der Autorin ist lebendig, spannen und informativ, so dass mensch gerne dabei bleibt und sich von der Geschichte berühren lässt. Die 282 Seiten verfliegen wie im Fluge und es entsteht definitiv Neugier darauf gerne mehr erfahren zu wollen.

  • REZENSION – Bislang kannte man Stefanie Gerhold (57) als Übersetzerin aus dem Spanischen. Im Februar veröffentlichte sie nun anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der ersten Ausstellung der dreieinhalbtausend Jahre alten Nofretete-Büste ihren biografischen Debütroman „Das Lächeln der Königin“ (Galiani Verlag) über Leben und Wirken des Berliner Textilkaufmanns, Wohltäters und Kunstmäzens James Simon (1851-1932). Zwölf Jahre zuvor hatte der Archäologe Ludwig Borchardt (1863-1938) diese Büste zusammen mit anderen Kunstschätzen bei Grabungen in der antiken Stadt Tell el-Amarna entdeckt und nach amtlicher Fundteilung im Jahr 1913 nach Berlin bringen lassen, wo sie James Simon als alleiniger Finanzier dieser Grabungen entgegennahm. Doch politische Streitigkeiten zwischen Frankreich, Ägypten und Deutschland verhinderten über ein Jahrzehnt die Ausstellung dieser Büste, weshalb sie erst Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs endlich 1924 erstmals gezeigt werden konnte: „Nach fünf mageren Jahren als Republik hatten die Berliner wieder eine Königin. Alle verehrten sie. Die Fachwelt stand kopf.“ Bis heute ist die Nofretete-Büste eines der bekanntesten Exponate der Berliner Museumsinsel.

    Stefanie Gerhold lässt in ihrer Romanbiografie das Berliner Bürgertum zu Beginn des 20. Jahrhunderts lebendig werden mit besonderem Blick auf die soziale Stellung der längst assimilierten jüdischen Oberschicht. Sowohl James Simon als auch Ludwig Borchardt waren Juden. Doch beide sahen sich trotz ihrer herausragenden Leistungen - im Falle Simons trotz seiner privater Stiftungen gemeinnütziger Einrichtungen - nach verlorenem Weltkrieg und wieder erstarkendem Nationalismus immer häufiger teils verdecktem, teils offen gezeigtem Antisemitismus' ausgesetzt. „Immer gab es jemanden, dem es nicht gefiel, dass jetzt auch Juden mit am Tisch saßen. Das war in den Kunstvereinen so, und in den Wirtschaftsverbänden und wahrscheinlich auch in den Sportclubs.“ Vor allem diese gesellschaftliche Schieflage zwischen der seit der Gründerzeit im Kaiserreich gewachsenen wirtschaftlichen und kulturellen Kraft des jüdischen Bürgertums und dem gleichzeitigen Erstarken des meist im Neid begründeten Antisemitismus bildet einen Schwerpunkt des Romans. So lässt Gerhold den Archäologen Ludwig Borchardt, Bruder des damaligen Bestseller-Autors Georg Hermann („Die daheim blieben“, Erstveröffentlichung 2023), nach seiner Anstellung als Attaché im deutschen Konsulat in Kairo erzählen: „Aber jetzt kommt dieser von Bissing [Anm.: Friedrich Wilhelm von Bissing (1873-1956) war ein deutscher Ägyptologe und somit Konkurrent Borchardts] und will das um jeden Preis verhindern. Er lässt die übelsten Verleumdungen auf mich los. Ich sei jüdisches Geschmeiß, … , unsereins würde Deutschland zersetzen.“

    Im Zuge der Weltwirtschaftskrise und Hyperinflation verarmte auch James Simon. Er verlor nicht nur sein Unternehmen und seine Villa in der Tiergartenstraße, sondern auch gesellschaftlichen Wert und Ansehen als ehemals finanzstarker Kunstmäzen. Jetzt bekam er deutlich zu spüren, was viele zuvor nur hinter seinem Rücken gedacht haben mögen: „Denn eines galt gestern wie heute: Sie konnten machen, was sie wollten. Es war nie genug. Immer blieben sie, was sie waren. Geduldete Juden.“

    Als einer der reichsten Berliner und größter Wohltäter zu Kaisers Zeiten umschwärmt, bewundert und auch beneidet, geriet der nun verarmte James Simon bald in Vergessenheit. Letzte Erinnerungen an ihn vernichtete dann noch das Nazi-Regime. Angesichts der latent unsicheren Stellung des jüdischen Bürgertums vermutet Autorin Stefanie Gerhold hinter der Selbstlosigkeit Simons einen gewissen Selbstschutz. Deshalb müssten Menschen wie James Simon wieder ins rechte Licht gerückt und gewürdigt werden. „Ich sehe meinen Roman als einen Beitrag in diese Richtung“, sagte sie in einem Interview. Dies ist ihr mit ihrer historisch interessanten, lebendig geschriebenen und unbedingt lesenswerten Romanbiografie „Das Lächeln der Königin“ absolut gelungen.

  • Nofretete die Königin der Berliner

    Das Herz des reichen jüdischen Textilunternehmers James Simon schlägt für die Kunst, vor allem für die antike Welt. Er spendet zwar viel Geld für wohltätige Zwecke wie Kinderheime, kauft aber auch sehr gerne Kunstwerke berühmter Maler, die er dem Bode-Museum stiftet. Aufgrund seiner Leidenschaft für das alte Ägypten finanziert er insbesondere in die Ausgrabungen von Ludwig Borchardt. Dieser hat in der Wüste „Tell el-Amarma“, die versunkene Stadt des Echnaton entdeckt und hofft auf außergewöhnliche Entdeckungen. Eines Tages ist es so weit, ein Telegram verkündet den Fund einer Büste und James spürt, etwas Besonderes ereignet sich!

    In ihrem Buch „Das Lächeln der Königin“, erzählt uns Autorin Stefanie Gerhold, die äußerst interessante Geschichte von den Umständen des Fundes der Nofretete und deren Weg nach Berlin. Gleichzeitig ist der Roman aber auch eine Hommage an den großzügigen Mäzen und Philanthropen James Simon, dem die Berliner sehr viel zu verdanken haben.

    Die zwanziger Jahre und die Kaiserzeit prägen die Erzählung und die Autorin versteht es absolut blendend diese Epoche darzustellen, dazu trägt auch ihr fesselnder und unterhaltsamer Schreibstil bei. Der ganze Ablauf ist glänzend recherchiert, ob Politik, Malerei oder aber der Wettstreit der einzelnen Forscher und Länder, was die Entdeckungen der antiken Welt betreffen.

    Mein Fazit:

    Habe das Thema und das ganze Buch in vollen Zügen genossen, ein großartiger Lesegenuss. Für mich war das Buch wirklich ein Pageturner, fast so spannend zu lesen wie ein Krimi! Also absolute Leseempfehlung.

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