Heinz Erhardt / Das große Heinz Erhardt Buch

  • Humor ist eine zwiespältige Sache. Ähnlich wie über Kunst lässt sich auch über Humor vortrefflich streiten, hat doch jeder ein anderes Empfinden darüber, was ihn zum Lachen bringt und was ihm nicht mal ein müdes Lächeln auf die Lippen zaubert.

    Meine ganz persönliche Meinung: Ich bin Jahrgang 1962 und musste im Laufe der Jahre mehr und mehr feststellen, dass das allgemeine Humorempfinden sich deutlich gewandelt hat. Es ist platter, einfacher, ich würde sogar sagen, niveauloser geworden. Ballermann lässt grüßen.

    Ich bin da eher ein Verfechter des intelligenten und manchmal auch schwarzen Humors, Witz über den man möglicherweise auch erst einmal nachdenken muss, um ihn zu verstehen. Einer der größten Vertreter intelligenten Humors war Heinz Erhardt, der für mich neben Loriot zu den großen Komikern der deutschen Geschichte zählt. Schon als Jugendlicher las ich mit Begeisterung „Das große Heinz Erhardt Buch“, das ich mir damals beim Deutschen Bücherbund bestellte. Und ich besitze dieses Werk auch heute noch. Immer wieder wird es hervorgeholt, vergessene Strophen und Zeilen nachgeschaut und das eine oder andere Gedicht meinen Söhnen vorgelesen. Als ich 16 war, lernte ich etliche dieser Gedichte auswendig und habe sie bis heute nicht vergessen.

    > Der Inhalt <

    Das Buch enthält eine umfangreiche Sammlung an Gedichten, Anekdoten, kleinen Geschichten und Erzählungen von Heinz Erhardt – alle im unvergleichlichen Stil des größten Schelms Deutschlands. Unterteilt in einzelne abgeschlossene Themenbereiche begibt man sich beim Lesen auf die Reise durch Geschichte, Theater, Spießertum und „Deutschtum“. Alles ist übersichtlich aufgeteilt und wird durch amüsante und stets passende Strichzeichnungen von Dieter Harzig noch aufgelockert. Auf den letzten Seiten finden sich dann noch einige Schwarzweiß-Fotos aus dem Leben von Heinz Erhardt. Da dieses Buch bereits in zahlreichen Auflagen erschienen ist, kann der Aufbau allerdings etwas variieren.

    > Der besondere Humor <

    „Humorvolles Jonglieren mit der deutschen Sprache“ könnte man das nennen, was die Kunst des Heinz Erhardt ausmacht. Kaum einer war derart gekonnt in der Lage, Worte in ihrem Sinn so zu verdrehen, dass sie noch immer logisch, aber eigentlich völlig fehl am Platze sind.

    Mit wahnwitzigen Wortspielereien führt Heinz Erhardt in seinem Buch durch zahlreiche Bereiche der Geschichte und des Lebens. Bereits die erste Überschrift macht klar, was einen erwartet: „Leitanweisung und Gebrauchsfaden für die Benutzung des vorliegenden Buches“. Der darauf folgende Text sollte nicht allzu erst genommen werden (wie auch alles andere in diesem Buch). So zählt Heinz Erhardt zahlreiche Möglichkeiten auf, wozu man sein Werk verwenden kann. Ob „zur Zermalmung lästiger Kerbtiere“, als „besseres Wurfgeschoß“ für ältere Ehepaare oder als Ausgleich für einen wackligen Tisch. Jeder wird seiner Meinung nach einen Nutzen finden. Die Erkenntnis, dass man das Buch auch lesen kann, das schwarze die Buchstaben sind und diese „zweckmäßigerweise reihenweise von links nach rechts“ gelesen werden sollten, kommt in der Einleitung relativ spät, führt dem Leser aber vor Augen, dass er ab jetzt mitten in der verrückten Wortwelt von Heinz Erhardt ist.

    Nachdem er sich in „Klassisch – Erstklassisches“ den Figuren aus den Göttersagen und der Geschichte gewidmet hat, gelangt man zu „Tierisch – Satirisches“. Hier dreht sich alles um unsere Mitbewohner auf dieser Erde und die besonderen Beziehungen und Abhängigkeiten zwischen Mensch und Tier. Dann tauchen wir ab in die Welt der „Märchen“, wo dem Leser vieles bekannt vorkommt, obwohl es irgendwie anders ist. Die Welt von „Theater, Oper, Konzert, Film und Fernsehen“ beinhaltet Gedichte und Anekdoten, die man Heinz Erhardt so irgendwie nicht recht abnehmen will. In „Schwänke aus heiterem Himmel“ widmet der Schelm sich dem ganz normalen Leben und erklärt unter anderem, welch wundersame Begebenheit dazu geführt hat, dass er zu dichten begann. Das nächste Kapitel steht ganz im Zeichen von „Ritter Fips“ und seinen Abenteuern. „In vier Zeilen“ sind die darauf folgenden Gedichte gehalten. Für mich ein ständiger Quell amüsanter Reime und Verse. In dieses Kapitel schaue ich immer mal wieder hinein.

    Nach einer kleinen Reise in die „Sterne“ schließt das Buch mit einigen Gedichten zum Thema „Besinnliches“ ab. Doch auch wenn die Zeilen in diesem Kapitel zum Nachdenken anregen, so kann man sich meist ein Schmunzeln nicht verkneifen.

    Wie bereits erwähnt, ist Heinz Erhardt für mich einer der größten Humoristen überhaupt. Das vorliegende Buch stellt eine überaus umfangreiche Sammlung seines Lebenswerkes dar und bietet einem auf schelmische Art und Weise zeitlose Unterhaltung mit Tiefgang und sehr viel Witz. Wenn ich so die Gedichte lese, stelle ich mir immer die ungewöhnliche, manchmal gespielt verlegene Stimme Heinz Erhardts vor. Meine Eltern besaßen damals eine Schallplatte mit der Aufzeichnung eines Auftritts von ihm und als Jugendlicher habe ich mir diese Platte immer mal wieder angehört. So habe ich bereits mit 15 Jahren diesen großen Mann kennen- und lieben gelernt. Die Kunst, aus banalen Situationen durch die geschickte Verwendung der deutschen Sprache, die größten Lacher zu zaubern, wird in diesem Buch ständig aufs neue praktiziert. Gedichte, wie sie zunächst absurder nicht sein könnten, entpuppen sich bei aufmerksamem Lesen als tiefgründige Wortspielereien (oder würdet Ihr das Wort „legitim“ als Beurteilung einer schauspielerischen Leistung verwenden ;-)). Selbst wenn Heinz Erhardt vermeintliche Geschichten aus seinem Leben erzählt, möchte man ihm einfach glauben, dass ihm als Baby im Haus seiner Eltern eine Fee erschienen ist, der gegenüber er im Hinblick auf seine durchnässten Windeln den Wunsch äußerte, er möchte gerne „dichter“ werden – was ihn letztendlich zu seinem Beruf gebracht haben soll.

    > Fazit <

    "Das große Heinz Erhardt Buch“ ist das umfassende Werk einer der größten Humoristen und Komiker der deutschen Geschichte. Freunde tief- und feinsinniger Wortspielereien kommen mit diesem Buch voll auf ihre Kosten. Humor, wie man ihn heutzutage leider nirgendwo mehr findet. Viel Witz, schelmische Geschichten und Gedichte, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen, machen dieses Werk zu einem Muss für jeden, der mit Ballermann-Humor und Teenie-Klamauk nichts anzufangen weiß.