Neil deGrasse Tyson - Im Spiegel des Kosmos/ Starry Messenger

  • Kurzbeschreibung/Amazon

    Der berühmte Astrophysiker und Bestsellerautor Neil deGrasse Tyson wirft ein neues Licht auf die brennenden Themen unserer Zeit – Krieg, Politik, Religion, Wahrheit, Ästhetik, Gender, Race – und verdeutlicht, wie uns Wissenschaft in der Tradition der Aufklärung Lösungen bieten kann. So tiefsinnig, verständlich und witzig wurde Kosmologie seit Stephen Hawking nicht mehr erzählt.

    Wir leben in einer Zeit, in der uns politische und kulturelle Sichtweisen zunehmend trennen. Doch wir äußern meist nur, was wir für wahr halten oder wahr halten wollen, ohne Rücksicht darauf, was wahr ist. Wir haben den Blick dafür verloren, was Fakten von Meinungen unterscheidet, und üben schließlich Gewalt aus, wo wir friedlich zusammenleben könnten. Neil deGrasse Tyson vollzieht in seinem neuesten Werk einen spannenden Perspektivenwechsel: So wie Galileo Galileis Erkenntnisse über das Universum die Menschen veranlasste, ihre Überzeugungen zu hinterfragen, plädiert er für ein Nachdenken über das Leben in seinem größtmöglichen Kontext – aus Sicht des Kosmos, der Sterne und Planeten. Unterhaltsam und anschaulich entwirft er Lösungen für die globalen Konflikte und leitet daraus brillante Wahrheiten über unser Dasein ab.


    Über den Autor/Amazon

    Neil deGrasse Tyson, geboren 1958 in New York City, ist ein US-amerikanischer Astrophysiker und vielen aus Serien wie den Simpsons und The Big Bang Theory bekannt. Darüber hinaus ist er Direktor des Hayden-Planetariums, Mitglied der American Academy of Arts and Sciences und hostet den Emmy-nominierten Podcast StarTalk. Mit 21 Ehrendoktorwürden ausgezeichnet und einem eigens nach ihm benannten Asteroiden zählt er zu den einflussreichsten Persönlichkeiten unserer Zeit.


    Meine Meinung

    Obwohl meine Interessen und Begabungen nicht in den Naturwissenschaften liegen, vor allem nicht in der Astrophysik, hatte die Kurzbeschreibung mein Interesse geweckt - dieses Buch wollte ich gern lesen. Und auf den 300 Seiten hat der Autor wirklich eine Menge untergebracht. Er greift die verschiedensten gesellschaftlich relevanten Themen heraus, erläutert und erklärt sie seinen Lesern, mal mehr, manchmal weniger unterhaltsam und verständlich. Das wird sicher von Leser zu Leser unterschiedlich sein, abhängig vom jeweiligen Wissensstand und der Interessenlage. Seinen Diskurs im Kapitel Fleischesser & Vegetarier z. B. fand ich überaus erfrischend, längere Passagen mit Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung, was öfter mal vorkommt, dagegen eher ermüdend.


    Wie zu erwarten, ist der Inhalt über weite Strecken wissenschaftlich/naturwissenschaftlich ausgerichtet, und die Vereinigten Staaten sind Basis für die statistischen Grundlagen zu vielen seiner Ausführungen. Nicht alles, was er schreibt ist neu für mich gewesen. Beispielsweise gibt es ein umfangreiches Kapitel über den Rassismus, da braucht es bei mir keine Überzeugungsarbeit. Auch über die Unzulänglichkeiten des amerikanischen Rechtssystems habe ich schon öfter gelesen.


    Nicht immer haben mich seine Sichtweisen überzeugt, und nicht immer habe ich alles verstanden, aber mal den Blick zu weiten und sich mit anderen Ansätzen zu beschäftigen, kann niemals schaden. So habe auch ich mich schon gefragt, warum derart viel Geld in die Weltraumforschung geballert wird, statt sich um die drängenden Probleme auf der Erde zu kümmern. Seine Argumente dazu waren jetzt für mich nicht zwingend, aber doch eine Überlegung wert, wie gesagt, sich auf eine andere Perspektive einzulassen ist immer gut.


    Viele seiner Argumente sind in meinen Augen absolut unstreitig, wie z. B. eine wissenschaftliche Herangehensweise an Probleme und Streitigkeiten ohne religiösen und/oder politischen Einfluss. Auf S. 74 stellt er den Gedanken in den Raum – „Vielleicht fehlt uns als Spezies die Reife oder die Weisheit, die es für ein Überleben der Zivilisation in der Zukunft braucht“. Angesichts des derzeitigen Zustands unserer Gesellschaft, unseres Planeten und der aktuellen Zukunftsaussichten, würde ich das Vielleicht streichen.


    Insgesamt hat mir Im Spiegel des Kosmos geholfen meinen Blick auf die Neuerungen von Wissenschaft und Technik etwas zu ändern, Vorbehalte und Ängste neu einzuordnen bzw. zu hinterfragen, wenngleich ich viele der damit verbundenen Auswüchse nach wie vor gruselig finde. Und die Lektüre ist für mich ein Anstoß gewesen, mit etwas mehr Neugier und Zuversicht in die Zukunft zu blicken – genau das, was ich mir erhofft habe.

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  • “Im Spiegel des Kosmos” ist das neuste Werk des Astrophysikers Neil deGrasse Tyson. “So tiefsinnig, verständlich und witzig wurde Kosmologie seit Stephen Hawking nicht mehr erzählt”, wirbt der Klappentext. Und es wird eine kosmische Perspektive auf die Probleme der Menschheit versprochen; dass deGrasse Tyson dadurch gelungen sei, Lösungen für globale Konflikte zu finden und brillante Lösungen abzuleiten. Und entsprechend hoch waren meine Erwartungen und meine Vorfreude. Entsprechend gross auch die Enttäuschung.


    Ja, der Kosmos bekommt seine Auftritte. Vor allem am Anfang. Da darf er - und alles was er beinhaltet und wir von unserer Erde aus sehen - als Beispiel für das Wahre und Schöne herhalten. DeGrasse Tyson beschreibt auch wie es war, als die Menschen sich das erste Mal von der Erde losgelöst haben und dem Kosmos entgegen gestrebt sind, erzählt von den Kosmonauten, den ersten Reisen zum Mond, den Bildern, welche von Sonden zur Erde geschickt wurden. Und was diese Bilder und Errungenschaften in der Welt und in den Köpfen der Menschen ausgelöst haben. Oder ausgelöst haben könnten. Von der Technologie, die zum Wohle der Menschheit durch diese Aktionen abgefallen ist. Und von Aliens und wie er sich vorstellt, dass sie unsere Erde, uns Menschen und unser Verhalten beurteilen würden, kämen sie auf Besuch.


    Was ich damit sagen möchte: In diesem Buch geht es nicht in erster Linie um eine kosmische Perspektive. Sie ist höchstens Hintergrundmusik und wird hin und wieder in Form eines Alienblicks herangezogen, um gewisse Punkte zu unterstreichen. Möglicherweise auch in dem Bemühen, Witz und Satire in die Sache zu bringen. Grundsätzlich aber scheint das Ziel des Buches zu sein, den Leser:innen eine wissenschaftliche Perspektive auf die Welt und die grossen Debatten der Menschheit zu eröffnen. Eine noble Absicht, die auch bitter nötig ist! Es gelingt dem Autor schliesslich auch, die grundlegenden wissenschaftlichen Vorgehensweisen faktenbasierter Analyse zu vermitteln und auf einige Brennpunkte anzuwenden. Angefüllt ist das Buch aber vor allem mit Beispielen und Anekdoten, bei deren Wahl es deGrasse Tyson erstaunlich wenig gelingt, über den amerikanischen Tellerrand hinauszublicken. Diese scheinbar willkürlich gewählten Geschichten und Schlaglichter sind teilweise erhellend, teilweise aber auch gefühlt ohne Richtung und Ziel. Und ich musste mehr als einmal nachschauen, wie denn die Kapitelüberschrift hielt, also um was es hier eigentlich gehen soll.


    “Im Spiegel des Kosmos” war für mich einigermassen interessant zu lesen, obwohl ich den Humor des Autors nur sehr begrenzt teilen kann. Das Werk mit Hawking oder den Inhalt gar mit Galileo zu vergleichen, finde ich aber eine ziemliche Anmassung.

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    Besten Dank an den Verlag Klett-Cotta und das Team von Vorablesen für das Rezensionsexemplar!

  • Sehr interessant und informativ



    Das Cover trifft Titel und Thema des Buches sehr gut. Es zeigt das Weltall mit Blick auf die Erde. Da das Sachbuch "Im Spiegel des Kosmos" heißt, passt das Cover perfekt. Nach der Ouvertüre nimmt der Autor die Leser:innen in zehn Kapiteln mit zu den verschiedensten Themenbereichen, die alle gesellschaftspolitische Aspekte beinhalten. Mithilfe vieler historischer Fakten und Situationen, die der Autor sehr kurzweilig darstellt, stellt er immer eine Verbindung zur Wissenschaft her. Diese wissenschaftlichen Themen werden gut lesbar und nachvollziehbar auch für Laien dargestellt. Der Schreibstil von deGrasse Tyson ist sehr angenehm. Er vermittelt patent und doch unaufdringlich nicht nur aktuelle und historische Begebenheiten, sondern auch Erkenntnisse der Wissenschaft. Das Buch ist gut zu lesen. Sachbücher sind immer eine gute Ergänzung zu Romanen, da sie die Leser:innen zur kritischen Auseinandersetzung mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen anregen.

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  • Dieses selbstregulierende System innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinde


    Tyson will uns aus allen vorherrschenden unproduktiven und die Gesellschaft spaltenden Kontroversen herausführen, indem er als Wissenschaftler uns versichert, dass es eine objektive, beweisbare Wahrheit gibt. Damit wir verstehen, wie diese enthüllt wird, gibt er uns Einblick in die Arbeit der Sachverständigen, die in immerwährendem Austausch mit Versuch und Irrtum Induktion und Deduktion betreiben.


    Dabei scheint sein Zukunftsoptimismus durch, indem er für die Erfindungen und Entdeckungen der Vergangenheit exponentielles Wachstum nachweist und dieses entsprechend in die Zukunft projiziert. 26 Seiten Fußnoten am Ende des Buchs belegen die Seriosität der Aussagen. Als Astrophysiker beruft er sich auf den Overview-Effekt, der besagt, das aus dem Weltall die Unterschiede auf der Erde gar nicht mehr wahrnehmbar sind.


    Mit Bezügen auf Religion und Mythologie aus der kosmischen Perspektive heraus widerlegt er Aberglauben und falsche Meinungen, entkräftet Vorurteile mit schlagenden Beispielen. Seine Ethik besteht aus einem eindringlichen Appell, sich die wissenschaftliche Sichtweise anzueignen. Im Kapitel über Vegetarismus führt er das regelrecht ad absurdum, indem er die Spezies Mensch als größten Räuber der Natur entlarvt.


    Diese wissenschaftliche Sichtweise führt aber nicht zu Eindeutigkeiten, sondern lehrt uns, mit Grauzonen umzugehen. Seit den Entdeckungen der Quantenphysik hat das Binäre ausgedient.


    Das längste Kapitel "Hautfarbe und Rasse" betrifft auch ihn selbst und ist richtig amüsant zu lesen wegen der zahlreichen enthaltenen Anekdoten, die das Ganze aber ein bisschen ungeordnet erscheinen lassen. Wie die systematische Ignorierung wissenschaftlicher Erkenntnisse Menschen im wahrsten Sinne des Wortes existenziell vernichtet, zeigt er uns mit einem Einblick in den US-Justizapparat mit der Konsequenz der Hinrichtung Unschuldiger.


    Seine Aussagen kulminieren in einer Forderung nach einem Land namens "Rationalien", dessen Politik sich ausschließlich auf die Beweiskraft von Daten gründet. In einem solchen Land möchte ich auch gerne leben, aber dem steht entgegen, dass sich eine Vielzahl der Menschen einfache, eindeutige Lösungen wünschen. Man kann das deutlich am Wahlerfolg radikaler Parteien in allen möglichen Ländern ablesen. Und ob diese Menschen Tysons Buch lesen werden, bezweifle ich. Aber unsereins kann sich daraus mit Argumenten versorgen.

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  • Eine Ode an die Wissenschaft


    „Sobald man sich einmal eingehend mit der Frage beschäftigt hat, wie ein Wissenschaftler die Welt sieht, wie die Erde vom Weltall aus betrachtet aussieht und welche Größe dem kosmischen Zeitalter und dem unendlichen Weltraum innewohnt, verändert sich jedes irdische Denken. Das Gehirn ordnet die Prioritäten des Lebens neu ein und bewertet auch das Handeln neu, das man als Reaktion darauf in Angriff nimmt.“ (Seite 22)


    Das Buch behandelt eine breite Palette von Themen, von der Wissenschaft und Kosmologie bis hin zu politischen, sozialen und kulturellen Fragen. Dabei nähert sich der Autor diesen Fragen aus der Sicht eines Wissenschaftlers und schafft somit einen Perspektivenwechsel der unheimlich spannend und nachvollziehbar ist.


    „Ein Schuss Wissenschaft und rationales Denken kann diesen Ansichten zumindest eine tiefere und solidere Grundlage geben.“ (Seite 16-17)


    Neil deGrasse Tyson stellt dabei Fakten über Emotionen und plädiert für eine rationale und evidente Betrachtungsweise. Gerade mit dieser Herangehensweise fordert er kritisches und objektives Denken in einer Zeit, in der Meinungen mehr Aufmerksamkeit bekommen, als Fakten. Dadurch wird dieses Buch so unglaublich aktuell sowie relevant und hilft den Blickwinkel zu erweitern.


    „Man nimmt das Leben gewissermaßen durch die Brille einer kosmischen Perspektive wahr.“ (Seite 22)


    Mir gefiel die Integration der Wissenschaft in Bezug auf die Anschauung von gesellschaftlichen Fragen. Die originelle Perspektive, die Welt aus der Sicht des Kosmos war eine interessante Leseerfahrung und hat mich sehr zum Nachdenken angeregt. Man spürt förmlich die Leidenschaft Tysons zur Wissenschaft, nur leider wirkt der Inhalt sehr amerikanisiert da die Anschauung und der Fokus auf Amerika liegen und durch die Fakten basierte Wissenschaft, welche manchen Lesern nicht so geläufig ist, könnten Verständnisprobleme auftauchen. Deshalb ziehe ich ein Stern in der Bewertung ab, welche aber keineswegs ein so gutes Buch schmälern sollte. Es sind Kritikpunkte auf hohem Niveau, welche sich eine solche Lektüre aber nun mal stellen muss.


    Das Buch bietet einen interessanten Ansatz, in dem der Leser dazu ermutigt wird, die Welt aus der Kosmossicht zu betrachten. Außerdem gefiel mir die Idee von Tyson, wie ein Außerirdischer uns Menschen betrachten würde, hätte er die Welt entdeckt. Damit wurde ein beachtenswertes Gedankenkonstrukt geschaffen, welches die Vorstellungskraft auf eine erheiternde Reise schickte.


    Insgesamt gefiel mir „Im Spiegel des Kosmos“ richtig gut. Ich mochte die Anekdoten, Zitate und wissenschaftlichen Fakten, welche mit in den Text einflossen. Ein besonders schöner Schnipsel von John Keats ist mir in Erinnerung geblieben und an dieser Stelle möchte ich ihn nicht vorenthalten, sondern zitieren: „Schönheit ist Wahrheit, Wahrheit schön, mehr weißt Du nicht – Und mehr musst du nicht wissen.“ (Seite 23)


    Das Buch ist lehrreich und vielseitig, zudem ist sehr humorvoll und leicht geschrieben, trotz der anspruchsvollen Inhalte. Die Kombination aus Wissenschaft und sozialen Themen machte es zu einer runden und anregenden Lektüre. Für mich war dieses Buch eine Bereicherung, die mich neugierig gemacht hat einige Themen weiterzuverfolgen und mein Horizont zu erweitern.


    Abschließend möchte ich noch hinzufügen, dass mir das Buch als Ode an die Wissenschaft in Erinnerung geblieben ist.


    „Mathematik kann einfach schön sein.“ (Seite 36)


    Randnotiz: Dieses Buch hat mir wieder einmal klar gemacht, dass wir eigentlich nur ein Staubkorn in diesem Universum sind und unsere Zeit viel wertvoller nutzen sollten, als uns Gedanken über die Meinung anderer zu machen.


    ⭐️⭐️⭐️⭐️