Werner Siefer - Der Erzählinstinkt

  • Inhalt (Quelle Klappentext)

    Jeder von uns hat ihn, den Erzählinstinkt: Wir alle organisieren unser Gedächtnis, unsere Ziele und Wünsche, unser gesamtes Leben auf narrative Weise. Erzählend verorten wir uns in Zeit und Raum. Doch nicht nur Individuen, ganze Zivilisationen gründen auf Mythen, die Zusammenhang und Sinn stiften. Auf die Frage, was uns zu Menschen macht, gibt es viele Antworten: unser Verstand etwa oder die Fähigkeit zur Kooperation. Werner Siefer tritt den Beweis an, dass unsere Hilfsbereitschaft den Erzählinstinkt einst begründete. Eindrücklich zeigt er, warum eine gute Erzählung alles vermag: von der Überwindung persönlicher Krisen bis zur Schaffung des Weltfriedens.



    Der Autor (Quelle Hanser Verlag)
    Werner Siefer ist Diplom-Biologe und Sachbuchautor. Eines seiner Spezialgebiete ist die Hirnforschung.



    Es war vor allem der Untertitel des Buches „Warum das Gehirn in Geschichten denkt“, der mich danach greifen ließ. Überlegt man nämlich einmal in aller Ruhe, muss man zugeben, dass jeder Mensch vom Kind bis ins Greisenalter etwas zu sagen hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob man sich selber etwas erzählt (wie das bereits zweijährige Kinder in ihrer oft noch recht zusammenhanglosen Berichterstattung auch ganz für sich alleine tun), ob es sich um hochphilosophische Gespräche oder um simplen Kaffeeklatsch handelt.


    Der Homo sapiens hat laut diesem Buch einen Wandel vollzogen und müsste sich eigentlich Homo narrans nennen. Um diese Theorie zu untermauern, spannt Werner Siefer einen weiten evolutionären Bogen bis in die Welt unserer tierischen Vorfahren und der Entwicklung der Sprache. Dankbare Probanden sind auch Kleinkinder, die des Sprechens noch gar nicht mächtig sind. Mit ihren Verhaltensweisen lässt sich vielfach gut belegen, dass der Mensch gar nicht anders kann als sich mitzuteilen.
    Doch nicht nur Individuen bedienen sich des gesprochenen Wortes, so gut wie alle Völker kennen Gründungsmythen und Geschichten. Auf diese Art versuchte sich der Homo narrans bereits in vorwissenschaftlichen Zeiten in der Welt zu verorten, das ihn umgebende Chaos zu sichten und seinen Platz in einer oft feindlichen und unverständlichen Umwelt zu finden.
    So gut wie alles woran der Mensch glaubt, ethische und moralische Werte, Religionen, die Bildung von Staats- und Gesellschaftssystemen mit ihren positiven und negativen Auswirkungen, beruht auf Ideen und Ideologien, die irgendwelche Gehirne irgendwann erfunden haben und die wir uns erzählend einverleiben.
    Mir haben Werner Siefers Erklärungen sehr gut gefallen, da ich sie logisch gut nachvollziehbar finde. Allerdings ist das Buch für meinen Geschmack etwas zu kurz ausgefallen. Eine vertiefendere Darstellung abseits der evolutionären Geschehnisse wäre wohl ebenfalls sehr interessant gewesen.
    Warum der Autor seine Ausführungen an einen Briefpartner namens Maurice richtet, hat sich mir nicht erschlossen. Vielleicht wollte er damit demonstrieren, dass auch er nichts anderes tut, als sich erzählend mitzuteilen. Aus der anonymen Masse seiner Leser ist stellvertretend eben ein Maurice geworden, so habe ich das für mich interpretiert.
    Werner Siefers Ausführungen bieten jedenfalls eine Menge Anregungen, um sich mit dem einzigartigen Phänomen Sprache, ihrer Entwicklung und generell mit der Macht des Wortes zu befassen.
    Gerne vergebe ich für dieses inspirierende Werk :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Liebe Grüße von Lorraine :)


    "Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen." (Karl Kraus) :study: