Christian Scherl - Steirischer Funkenflug

  • Wer hat hier gezündelt?

    In einem Zimmer der (fiktiven) Flüchtlingsunterkunft Seggauberg bricht ein Feuer aus. Der syrische Bewohner erliegt seinen Brandverletzungen. Recht schnell ist klar, dass es sich hier um Brandstiftung handelt. Doch von wem? Ein Streit unter den Asylwerbern oder doch ein Anschlag der rechten Szene?


    Inspektor Heinz Pöls ist zufällig in der Nähe und beginnt mit den Ermittlungen. Je tiefer er in die Gepflogenheiten des Heimleiters und des Sprachtrainers, der die männlichen Geflüchteten die deutsche Sprache lehrt, eindringt, desto verwirrender wird die ganze Causa. Er verbeißt sich regelrecht in Fall, was seinem Vorgesetzten, der den Ball möglichst flach halten will, nicht ganz so gut gefällt.


    Meine Meinung:


    Dieser Krimi ist in der Südsteiermark unweit der slowenischen Grenze angesiedelt. Die Menschen sind das Leben an der Grenze gewöhnt und erinnern sich nach wie vor an den Jugoslawien-Krieg von 1991 sowie an den rechtsextremistischen Bombenleger Franz Fuchs, der vier Menschen ermordet und zahlreiche andere schwer verletzt hatte.


    Die Einheimischen leben vor allem vom Weinbau und einige sind ziemlich eigenbrötlerisch. Das wird von der österreichischen TV-Kuppel-Show „Steirischer Funkenflug“ auch weidlich ausgenützt.


    Die Charaktere sind recht gut gezeichnet. Besonders der Ermittler Heinz Pöls, ein Mann in mittleren Jahren, der sich mit seinem immer schlechteren Sehvermögen so gar nicht auseinandersetzen mag und an ständigen Rückenschmerzen leidet. Beides „bekämpft“ er mit dem einen oder anderen Schluck aus seinem Flachmann.


    Der Heimleiter scheint ehrliches Interesse am Wohlergehen seiner Schutzbefohlenen zu haben, auch wenn er sie als seine „Kinder“ oder „Schafe“ wenig wertschätzend bezeichnet. Stefan Sonnleitner, der Sprachtrainer ist eine undurchsichtige Person, der ich von Beginn an keinen Millimeter über den Weg getraut habe.


    Der Schreibstil ist recht einfach, ist aber durch den „stoasteirisch bellenden“ Flüchtling Mahmoud aufgelockert, aber für alle Nicht-Steirer trotz Übersetzung, schwer zu lesen.


    Die Handlung ist von Beginn an spannend, nimmt schnell Fahrt auf und bekommt im Laufe der Ermittlungen eine ganz eigene Dimension, die in einer völlig überraschenden Auflösung endet. Die Rückblicke in das Schicksal der Protagonisten erklärt einiges, aber nicht alles.


    Fazit:


    Ein Regionalkrimi, der das nach wie vor aktuelle Thema Asylwerber und den Umgang mit ihnen behandelt. Von mir erhält der Krimi 4 Sterne.

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)