Berni Mayer – Anleitung zum Traurigsein ...

  • ... Wie ich gelernt habe, mit der Trauer zu leben


    Klappentext/Verlagstext
    Als Berni Mayers Tochter Olivia an einem Gehirntumor stirbt, ist der Schmerz allumfassend. Das Gefühl der Trauer sickert in alle Bereiche seines Lebens. Wie kann man mit einem derartigen Verlust leben?
    Der Autor schildert hier seine Odyssee durch die Trauer, mit der er am Ende eine Art Waffenstillstand schließt, um weiterleben zu können. Er zeigt, was ihm geholfen hat und was nicht. So erfahren die Leser:innen, dass man Trauer auch mal wegtanzen kann, Ernährung oder Fitnesstraining unterstützend wirken und wie Therapien und manchmal auch Psychopharmaka helfen können. Und Berni Mayer erlebt, wie wichtig Selbstwirksamkeit ist und welchen Anteil Meditation und buddhistische Philosophie am inneren Frieden haben.
    ›Anleitung zum Traurigsein‹ veranschaulicht, dass und wie man lernen kann, konstruktiv mit Verlusten umzugehen. Es bietet eine Art Blaupause fürs Trauern.


    Der Autor
    Berni Mayer wurde 1974 in Niederbayern geboren und lebt schon lange in Berlin. Nach dem Studium der Anglistik und Germanistik hat er u.a. als Chefredakteur bei MTV und VIVA Online und bei einer Plattenfirma gearbeitet.

    Ab Januar 2012 erschien seine satirische Mandel-Trilogie über die detektivisch impotenten Kultur-Ermittler. Im Oktober 2016 „Rosalie“, eine düster romantische Coming-of-Age-Geschichte aus den 1980ern. Der Nachfolger "Ein gemachter Mann" setzt sich lakonisch mit dem Thema Männlichkeit, Studium und Beziehungen in den 90ern auseinander. 2023 erscheint mit "Das vorläufige Ende der Zeit" ein düsterer und gleichzeitig lebensfreudiger Roman über Bedauern, Liebe und Tod.


    Inhalt
    Als 2019 Berni Mayers Tochter Olivia an einem Hirntumor stirbt, findet der Autor sich in einem dichten Bündel von Problemen. Das erste Kind des Elternpaars war 10 Jahre zuvor tot zur Welt gekommen; so dass sie zum zweiten Mal zu „verwaisten Eltern“ geworden sind. Die Beziehung hatte schon vor Olivias Erkrankung gekriselt, so dass Mayer nun getrennt lebender, trauernder Vater mit geteiltem Sorgerecht für den älteren Sohn Ludwig ist, dazu Freiberufler und ein Mann von Mitte 40, der sich dringend um seine eigene Gesundheit kümmern muss. In diese Situation grätscht 2020 die Corona-Pandemie, die vielen Menschen in Lebenskrisen den Zugang zu Unterstützer-Strukturen abschneidet. Die Schilderung seines persönlichen Trauerprozesses ergänzt Berni Mayer u. a. um seine Auseinandersetzung mit Positionen der Trauerliteratur (Kübler-Ross, Kast, Bucay ). Hier hatte ich den Eindruck, dass Literatur zur Trauerbewältigung im Zeitalter Sozialer Medien tatsächlich neu geschrieben werden muss.


    Keine Theorie, keine Tipps, lautet Mayers Motto für das gesamte Buch. Menschen in Lebenskrisen werden gern zur Zielscheibe von Ratschlägen, die schnell gesagt und schwer umzusetzen sind. Mayers strukturierte Darstellung seiner Wege, die Trauer um Olivia in den Alltag zu integrieren, lassen sich dagegen wie ein empathischer Ratgeber-Teil eines Betroffenen lesen über Versuche, Zweifel und Erfolge.


    Herausragend waren für mich neben Medikation, Sport, Meditation und Ernährung die Punkte Psychotherapie und Selbsthilfegruppe, weil sie auch andere Menschen in Lebenskrisen betreffen und ich mich in Mayers Zweifel und Erlebnisse gut einfühlen konnte. Die dringende Empfehlung, sich als verwaiste Eltern professionelle Hilfe zu suchen, setzt bei Olivias Vater Zweifel in Gang, ob er in einer Therapie sein verschlungenes Problemknäuel tatsächlich aufknüpfen sollte und ob Therapie generell seine Rückkehr aus einer geschützten Blase nur erschweren würde. Die Überlegung sich einer Trauergruppe anzuschließen lässt ihn daran zweifeln, ob er dem Leid anderer Menschen bereits gewachsen ist. Tatsächlich waren beide Wege steinig, enthielten aber andere Steine als die erwarteten.


    Berni Mayers autobiographischer Bericht lässt sich flüssig lesen und kann für verwaiste Eltern hilfreich sein, um ihre Empathiefähigkeit für andere Familienmitglieder (Geschwisterkinder, Großeltern) zu stärken, mit der eigenen Kränkbarkeit umzugehen und wieder für sich selbst zu sorgen. Das unterstützende Umfeld kann hier u. a. lernen mit „Du solltest …“-Sätzen sparsam umzugehen oder warum man Trauernden nicht versprechen sollte „Ich bin immer für dich/euch da“.


    Fazit

    Generell empfehle ich Erlebnisberichte über Lebenskrisen ungern, weil fremdes Leid für Betroffene eine zu große Last sein kann. Berni Mayers Buch als Kombination aus Erlebtem und „Was mir geholfen hat“ ist jedoch ein seltener Glücksfall, weil er Wege aufzeigt, die allerdings Jahre oder ein ganzes Leben dauern können. Besonders empfohlen für verwaiste Väter, aber auch für Angehörige und die Unterstützerszene Trauernder.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Naylor - Die Stimme der Kraken

    :musik: --


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Buchdoktor

    Hat den Titel des Themas von „Bernie Mayer – Anleitung zum Traurigsein ...“ zu „Berni Mayer – Anleitung zum Traurigsein ...“ geändert.