Olaf Brill & Rüdiger Schäfer - Das Licht der Vernunft

  • Inhalt:


    Perry Rhodan wird an einem ihm unbekannten Ort in Einzelhaft festgehalten. Bis man Roi Danton in seine Zelle bringt. Einen Roi Danton, der sehr mitgenommen aussieht, als hätte ihn jemand unter Drogen gesetzt. Und eigenartigerweise beginnt Danton bei seinen Anfällen Dinge aus seiner Vergangenheit zu erzählen, die Rhodan sprachlos mitanhört…


    Beurteilung:


    Auch in diesem Roman gibt es zwei Erzählstränge, die aber gleichzeitig stark miteinander verknüpft sind. Zum einen befindet sich Rhodan in Gefangenschaft und seit einiger Zeit in Isolationshaft, weshalb er keine Ahnung mehr hat, wieviel Zeit seit seiner Gefangennahme vergangen sind. Und dann schleppen seine Bewacher seinen ehemaligen Kameraden und den Führer der radikalen Rebellengruppe „Regeneration“ Roi Danton rein. Dieser ist ziemlich mitgenommen und scheint unter dem Einfluss irgendwelcher Drogen zu stehen, die ihn in einen Zustand versetzen, wo er beginnt, verdrängte Erinnerungen preiszugeben. Und das ist der zweite Erzählstrang. Beginnend mit einem kurzweiligen Intermezzo um das Jahr 41 der reinen Vernunft (die eigentlichen Ereignisse spielen sich im Jahr 83 der reinen Vernunft ab) wacht Roi Danton in der Nähe des Louvre auf und stellt fest, dass er nach seiner langen Odyssee in einer 55 Millionen Lichtjahre weit entfernten Galaxie (die in der Staffel Odyssee – Bänder 280-289) zurück nach Hause gekommen ist. Aber ein sehr stark verändertes, für ihn stark pervertiertes Zuhause.

    Aber wer ist Roi Danton? In der Originalserie war Roi Danton ein Alias von Michael Reginald Rhodan dem zweiten Sohn von Perry Rhodan. Das ist hier nicht der Fall. Tatsächlich handelt es sich bei Roi Danton um eine historische Persönlichkeit, Georges Jaques Danton. Dessen Gehirn in Band 282 - genauso wie das von Rhodan in Band 280 - nach seiner Hinrichtung „gestohlen“ und nach Naupaum, ein Sternhaufen in der 55 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie M 87, gebracht wurde. Um dann unabsichtlich 300 Jahre später in einen „Wirtskörper“ (einem Yaanztroner) hineingesteckt zu werden. Den besagten Wirtkörper kann man übrigens auf dem Cover sehen. So wie auch Paris. Was eine glauben lässt, dass sich der Roman auch dort abspielen würde. Was aber gleichzeitig eine Irreführung ist. Einige weitere Ereignisse spielen sich zwar ebenfalls in Paris ab, aber nicht so wie man denken könnte. Als ich das Cover sah, hatte ich mir schon gedacht, dass es Rückblicke von Roi Danton geben könnte. Aber ich hatte gedacht, die würden sich darum drehen, wie Roi Danton sich zum Rebellenführer mausert. Und das Cover sowie das erste Kapitel, das man in der Leseprobe lesen kann, diente wohl dafür die Leser auf eine falsche Fährte zu führen, um dann mit ziemlich überraschenden Inhalten zu punkten. Was bei mir auch ziemlich gut geklappt hatte. Ich war total überrascht, was die Autoren hier dann raushauten. Dabei hieß es, es sei eine „Gast“-Staffel, die abseits der übergeordneten Erzählung, die man als Leser seit Band 250 mit viel Interesse verfolgt, abspielen würde.

    Und dann spielen die Ereignisse aus Roi Dantons Vergangenheit plötzlich in den Jahren 1775 bis 1794 ab, und beleuchten Roi Dantons Aufeinandertreffen mit (sagen wir mal) drei für einen Menschen der damaligen Zeit sehr exotischen Frauen (eine davon hat einen Löwenkopf – oder Gepardenkopf), die ihn nicht nur an einen sehr fantastischen Ort führen, sondern auch seine Leben massiv beeinflussen und ihn in einen Konflikt von ungeheuren Ausmaßen mithineinziehen. In der Staffel Odyssee war tatsächlich so, dass ich nicht nachvollziehen konnte, wieso man nicht nur Rhodans Gehirn entführt hatte, sondern auch das von Roi Danton. Und da war ich nicht der einzige verwirrte Leser. Eine Aufklärung, wieso sein Gehirn ebenfalls entführt wurde, gab es damals nicht. Und genau damit beschäftigt sich ein Großteil dieses Romans. Mit Roi Dantons Rolle in einem „kosmischem Geschehen“. Und das ist nicht der einzige Aha-Effekt im Roman. Nebenbei werden auch noch einige andere Dinge, die bisher nur spekulativ oder mit Fragezeichen versehen waren mit einem Aha-Effekt bestätigt, geklärt oder eingeführt. Was diesen Roman zu einem der bedeutendsten Romanen für die "Großerzählung" seit Band 250 macht. Davon abgesehen erfährt man hier auch die Identität des Führers der Aphiliker. Also die Identität des „Lichts der Vernunft“. Was aber nicht überraschend ist, schließlich lautet der Titel ja: Das Licht der Vernunft. Um wen es sich handelt, war immerhin ein Schock für Rhodan.


    So, nach dieser ziemlichen Tirade, um was es geht, komme ich zu meinem Eindruck, was den Roman betrifft. Nach einem etwas schwächelndem Expose der letzten 5 Romane, wo ich liebend gern mehr über die Gesellschaft der Aphiliker gelesen hätte und weniger über die Irrwege des „Hauptcharakters“, war ich der Staffel etwas überdrüssig. Was vor allem an dem ziemlich schwachen Umgang mit mir bekannten Charakteren lag. Aber von diesem Roman war ich begeistert. Schon vom ersten Kapitel her. Roi Dantons Erinnerungserzählungen waren hervorragend aus der Ich-Erzählperspektive geschildert worden. Und umgehauen hatte es mich, dass es hier ziemlich überraschend an die Großerzählung angeknüpft wurde. Ganz zu schweigen von den mit reichlich Sense of Wonder gefüllten Inhalten mit hervorragend gestalteten Szenen. Bei der Rhodan-Schiene war meine Begeisterung etwas gedämpfter, aber auch hier habe ich die Handlung mit viel Interesse verfolgt. Bisher hatten die Autoren in der Staffel ein eher schwaches Händchen für bekannte Charaktere gezeigt, in diesem Roman ist es ganz anders. Roi Dantons Erzählperspektive wurde mit sehr viel Tiefgang rübergebracht, wie ich es seit Band 282 (ebenfalls von Olaf Brill) bei Danton nicht mehr erlebt hatte. Auch bei Rhodan gab es viel emotionalem Tiefgang, als es in dieser Staffel bisher vorkam. Und die Story-Inhalte waren eine Wucht. Von mir gibt es die vollen 5 Sterne. Endlich mal wieder. Der erste PR Neo Roman dieses Jahr, dem das gelingt. Seit Band 294 hatte es kein PR Neo Roman bei mir auf 5 Sterne geschafft.