Robert Silverberg - Krieg der Träume / Lord Valentines's Castle

  • Zum Buch:

    Es lässt sich weder im Buch, auf dem Buchrücken noch im gesamten Internet eine deutsche Inhaltsangabe finden; deshalb muss meine eigene Inhaltsangabe genügen...


    Die Geschichte beginnt mit Valentine, der sich in der Nähe der Stadt Pidruid allein auf einem gebrigigen Pfad wiederfindet und nicht weiss, wer er ist und woher er kommt. Er trifft auf den Hirten Shanamir, der auf dem Weg ist, seine Herde in Pidruid zu verkaufen. Gemeinsam begeben sie sich in Richtung der Stadt, die sich in Erwartung des Planeten-Regenten, Coronal Lord Valentine, festlich geschmückt hat.

    Die beiden Wanderer treffen auf einen Trupp Gaukler, die Valentines bislang verborgenes Jonglier-Talent entdecken und ihn und Shanamir bei sich aufnehmen.

    Auf ihrer langen Tournee durch den Kontinent Zimroel wird Valentine immer wieder von rätselhaften Träumen heimgesucht; Träume haben auf Majipoor grossen Stellenwert und unterliegen, je nachdem, ob sie vom König der Träume von von der Lady der Trauminsel stammen, unterschiedlichen Deutungen.

    Dank der Träume verfestigt sich der Verdacht, dass Valentine der eigentliche Coronal ist, in den Körper eines Anderen versetzt, während der amtierende Herrscher sich zunehmend als Usurpator entpuppt. Lange vermag Valentine nicht recht zu glauben, dass er zu Höherem berufen sein soll, doch seine Freunde und einige wichtige Begegnungen überzeugen ihn im Laufe der Geschichte vom Gegenteil.

    So nimmt eine Odyssee durch die farbigen, vielfältigen Landschaften und Kontinente Majipoors ihren Lauf, die zum Ziel hat, den Thron mit dem rechtmässigen Herrscher zusammenzubringen.


    Mein Eindruck:

    Robert Silverberg (* 1935) hat eine Fülle von Science-Fiction Romanen verfasst, darunter die sogenannten "Majipoor-Chroniken", Romane, die in einem frei erfundenen, nicht näher lokalisierten Planetensystem spielen. Kreig der Träume ist davon der erste.


    Der Planet Majipoor ist eine riesige Welt mit Meeren und Kontinenten, die von verschiedenen Wesen - u.a. auch von Menschen - in friedlicher Ko-Existenz bewohnt wird. Majipoor wird seit tausenden von Jahren von einem Coronal und einem Pontifex regiert, wobei der auf einer Burg hoch über den Wolken thronende Coronal die für alle Bewohner sichtbare Regierungsmacht darstellt, und der Pontifex, jeweils ein abgedankter Coronal, die Geschicke des Planeten aus einem tief im Erdinnern verborgenen Labyrinth lenkt.

    Träume spielen eine wichtige Rolle auf Majipoor, sie bestimmen zu einem grossen Teil das Leben und die Entscheidungen aller Bewohner des Planeten.


    Zuvorderst fällt beim Lesen der Umstand ins Auge, wie farbenfroh, sprachlich interessant und detailliert Silverberg die verschiedenen Zivilisationen und Volksbräuche beschreibt; auch die exotischen Landschaften, die fremdartige Flora und Fauna, kurz: die ganze Schönheit der Welt erwacht dank einer liebevollen Schilderung und der unerschöpflichen Detailfreude des Autors zum Leben.

    Vor diesem Hintergrund bleibt unverständlich, wie die Verlagsverantwortlichen gleich zwei ausgesucht hässliche, der Geschichte komplett unangemessene Titelbilder wählen konnten (je eins für die Auflagen eins und zwei).


    Der Titel ("Krieg") suggeriert zudem Gewalt und Action - beides fehlt fast gänzlich in diesem Buch. Dasselbe gilt für das heute schon fast obligatorische gut-Böse-Schema: Echte Bösewichte sucht man vergebens, Silverbergs Personal (Valentines stetig wachsende Gefolgschaft) besteht aus lauter fehlbaren, aber liebenswürdigen, bisweilen verschrobenen Charakteren, tentakelbewehrten Zauberern, knurrigen vierarmigen Pelzwesen und ganz normale Menschen mit Schwächen und Macken. Diese Figuren versteht Silverberg wunderbar lebendig zu beschreiben, sie wachsen einem ans Herz - allen voran der Hauptprotagonist Valentine.
    Wie der Autor das innere Dilemma des freundlichen, erinnerungslosen Gauklers beschreibt, der erfährt, dass er einmal der Coronal gewesen sein soll, der langsame Prozess des in-die-Rolle-Hineinwachsens, das hat echt Klasse und hebt diesen Roman von vielen blutleeren Hard-Science-Fiction-Romanen ab, die damals vornehmlich von Wissenschaftlern verfasst und von der Kritik hochgejubelt wurden. Silverberg hat mit Wissenschaft nichts am Hut, er ist ein Vollbluterzähler und als solcher legt er sich hier mächtig ins Zeug, um zu zeigen, was er kann.


    Bis auf wenige kurze Sequenzen spielt die Technik kaum eine Rolle in der Geschichte; Krieg der Träume könnte glatt unter dem Label "Fantasy" veröffentlicht werden; er ist zu 95 % Prozent Fantasy- und zu 5 % Science-Fiction-Roman. Die Fahrzeuge, eine das Klima verändernde Maschine und ein medizinisches Lebenserhaltungssystem sind die einzigen Ingedienzien, die auf eine hoch entwickelte Technik hinweisen. Trotzdem wird er auch in den USA der Science-Fiction zugeschrieben.


    Fazit:

    Krieg der Träume lässt sich auch heute noch sehr gut lesen; ich fand die Lektüre sehr spannend, anregend und interessant, und zwar aufgrund des zwar gemächlichen, aber nichtsdestotrotz hervorragend aufgebauten Spannungsbogens, der herrlichen Figurenzeichnung und der phantasievollen Schilderungen; das Eintauch in diese fremde, exotische Welt macht richtig Spass.

    Wer aber ohne permanente Action, Weltraumschlachten, Gut-Böse-Schema nicht bei der Stange bleiben kann, der sollte besser die Finger davon lassen.