Tomasz Jedrowski - Im Wasser sind wir schwerelos

  • Kurzmeinung

    Maesli
    Großartige Darstellung einer jungen homosexuellen Liebe im Polen zur Zeit Jaruzelski
  • Tomasz Jedrowski erzählt in seinem Debütroman „Im Wasser sind wir schwerelos“ vom schweren Stand queerer Liebe im sozialistischen Polen. Dabei herausgekommen ist eine wohltemperierte, wehmütige Liebesgeschichte zweier junger Männer.

    Ludwik hat sein Examen gemacht und muss im Sommer einen mehrwöchigen verpflichtenden Ernteeinsatz ableisten. Dort lernt er Janusz kennen, einen Studenten aus einer Arbeiterfamilie vom Land. Die beiden Männer kommen sich näher und verbringen den anschließenden Sommer gemeinsam. Sie campen an einem verborgenen See und verlieben sich ineinander – zu einer Zeit, in der es unmöglich ist, zu ihrer Liebe zu stehen.


    Denn du hattest Recht mit deiner Bemerkung, dass Menschen uns nicht immer geben können, was wir von ihnen möchten, dass man nicht von ihnen verlangen kann, uns so zu lieben wie wir es möchten. Man kann das den Menschen nicht zum Vorwurf machen und die Chancen für uns standen von Anfang an nicht gut.


    Ludwik und Janusz könnten unterschiedlicher nicht sein. Sie verbindet, für einen kurzen Sommer eine intensive körperliche Anziehungskraft, doch ihre Intellekte entwickelt sich bereits in gegensätzliche Richtungen.

    Ludwik wuchs als vaterloses Kind bei seiner Mutter und Großmutter auf. Beide Frauen haben im sozialistischen Polen nach dem 2. Weltkrieg vorerst heimlich den verbotenen europäischen Radiosender gelauscht und Ludwik erst später in ihr Geheimnis eingeweiht. Die 2. Judenverfolgung im Land nach dem Ende des Weltkrieges, betraf nicht nur die Auswanderung seines Kinderfreundes, sondern war für Ludwig das Ende seiner Kindheit.

    Ganz anders ist Janusz aufgewachsen. Als erster in seiner Familie konnte er studieren und findet anschließen in der Zensurbehörde eine Anstellung. Damit einher geht seine politische Linientreue dem Regime gegenüber.

    Die außergewöhnliche Beschreibung dieser Unvereinbarkeit beider Charaktere, die sich in der politischen und gesellschaftlichen Realität gegensätzlich entwickeln und auf entgegengesetzten Seiten wiederfinden, zeichnet dieses erstaunlich poetische und herzergreifende literarische Debüt aus.


    Meine persönlichen Hörerlebnisse

    Perfekt intoniert, leise und sanft liest Emil Schwarz eine Liebesgeschichte, die mich von nun an begleiten wird. Den Text begleitet eine melancholische Nuance, die der Sprecher sehr gut einfängt und weitergibt. Ich fühle, verzweifle und kämpfe mit Ludwik in seiner Aussichtslosigkeit und der Hoffnung auf einen guten Ausgang für seine Liebe und ich verstehe auch Janusz, der sich für eine sichere Zukunft in Polen entscheidet und somit ein Zusammenleben mit Ludwik ausschließt.

    Janusz kann nicht zu seiner Homosexualität stehen. Er gehört nach Polen, findet sich hier zuhause, auch wenn dieses Zugehörigkeitsgefühl seinen Preis verlangt. Seine Parallelwelt funktioniert. Er hat Angst vor dem Neuen, dem Ungewissen. Ludwik hingegen hat den Drang frei zu sein, er merkt, dass ihm das in Polen unmöglich sein wird. Dies beeinflusst sein sensibles Empfinden, die wenigen glücklichen Momenten der Liebe und Zärtlichkeit weichen fast unmittelbar einem tiefen Leiden, von dem er sich befreien muss.

    Diese Zerrissenheit beider Protagonisten wird meisterhaft dargeboten und hervorragend vorgetragen. Das große Feingefühl mit welchem die innigen Liebesszenen gelesen werden, zeugt dabei vom großen Können des Sprechers.


    Wir hatten kein Handbuch, niemand der uns den Weg zeigte als Beispiel eines glücklichen Paares das nur aus Jungen bestand. Wie sollten wir da wissen, wie es geht.


    Hervorheben möchte ich in diesem Roman auch den zweiten Aspekt, der die politischen und gesellschaftlichen Hintergründe im Polen in den 80ger Jahren beleuchtet. Ich kann mich an die Solidarnosc-Bewegung als Kind erinnern, dennoch hat Polen in meiner Realität kaum Platz gefunden. Nach Przemek Zybowski (Das pinke Hochzeitsbuch) ist der 2. Roman eines polnischen Schriftstellers, den ich lese und ich bin begeistert von der ungeheuren Intensität, die beide zum Ausdruck bringen, wenn sie über ihr Herkunftsland schreiben.


    Erst sperren sie unsere Leute in unserem Land ein, dann stecken sie sie ins Gefängnis und jetzt erschießen sie sie auf der Straße! Dreckschweine, diesmal werden sie dafür bezahlen.


    Fazit

    „Im Wasser sind wir schwerlos“ ist ein Roman der großen Gefühle zweier jungen Männer füreinander, die aber in der polnischen Realität der 80ger Jahr nicht zueinander finden können. Das Hörbuch mit Sprecher Emil Schwarz ist zudem akustisch ein Genuss.

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Im Wasser sind wir schwerelos - Tomasz Jedrowski“ zu „Tomasz Jedrowski - Im Wasser sind wir schwerelos“ geändert.