Holly Bourne - Orte, an denen ich geweint habe (wegen dir) / The Places I've Cried in Public

  • Inhalt (Quelle: Amazon):


    Amelie hat häufig geweint, während sie mit Reese zusammen war, und trotzdem war es zu Beginn die perfekteste Beziehung, die sie sich vorstellen konnte. Sie erinnert sich daran, wie sie die Neue in der Klasse war und wie sie sich in Reese verliebte. Wie er ihr Songs schrieb, sie auf die schönsten Dates ausführte, zum ersten Mal mit ihr schlief und wie er sagte, dass er noch nie so für jemanden empfunden habe … Und sie erinnert sich, wie er immer mehr anfing, sie unsicher und schwierig und verrückt zu nennen. Wie er sie immer mehr isolierte. Amelie sucht all die Orte auf, an denen sie Tränen verschüttet hat. Wenn sie versteht, was in ihrer Beziehung schiefgelaufen ist, findet sie vielleicht einen Weg, endlich zu heilen.


    Meine Meinung:


    Amazon sagt, dies sei ein emotionaler, berührender Coming-of-Age-Roman und das ist in der Tat wahr. Es behandelt jedoch auch Themen wie Missbrauch und Unterdrückung und ist deshalb mit einer Triggerwarnung und einer Kontaktliste für Hilfsangebote versehen.


    Wir lernen hier Amelie kennen, die ein gutes Leben in ihrer Heimatstadt Sheffield in England lebt. Sie hat einen tollen Freundeskreis, Hobbies und einen empathischen ersten Freund. Doch plötzlich verliert ihr Vater den Job und die Familie beschließt in den Heimatort ihrer Mutter, der einige Stunden entfernt im Süden Englands liegt, zu ziehen, da es dort eine passende Stelle für den Vater gibt.

    Amelie muss also alle Zelte abreißen und in einer ihr fast vollkommen fremden Stadt und einer neuen Schule neu anfangen. Sie ist eine von Natur aus sehr schüchterne Person und zieht sich daher anfangs sehr zurück. Ganz zaghaft knüpft sie dann aber neue Freundschaften und bringt sogar den Mut auf, bei einem Schulwettbewerb vorzusingen. Und diesen Wettbewerb rockt sie! Daraufhin wird jemand auf sie aufmerksam: Reese.

    Über Reese und seine Vergangenheit erfahren wir gar nicht so viel. Er möchte jedoch als Musiker Erfolg mit seiner Band haben und tut dafür alles. Das ist es auch, worüber Amelie und Reese sich anfangs näher kommen: die gemeinsame Liebe zur Musik. Ihr bisheriger Freund in Sheffield war eher der Chemie zugetan und konnte Amelies Musikerherz nie vollständig verstehen. Doch Reese ist anders, er versteht sie, er wirbt um sie, er tut alles für sie. Oder? Und es ist so unfassbar aufregend, ihr Herz schlägt ständig höher, wenn er in ihrer Nähe ist, und niemand, auch nicht ihr bisheriger Freund, hat ihr je das Gefühl gegeben, so begehrt zu sein, wie er. Oder?

    Bald schon dreht sich Amelies komplettes Dasein um Reese. Und um seine Stimmungen. Sie tut alles, um ihm zu gefallen. Warum klappt das nicht mehr, wo es doch anfangs so mühelos war? Sie musste einfach nur sie selbst sein, um von ihm angehimmelt zu werden. Aber schon lange ist sie selbst nicht mehr gut genug. Von ihren Freunden isoliert versucht sie ganz allein mit ihrer sich verändernden Beziehung und auch ihrem Wechselbad der Gefühle zurechtzukommen. Denn eins ist ihr bewusst: auf eine gewisse Art und Weise macht Reese ihr Angst.


    All das lernen wir durch Rückblicke. Denn Amelie und Reese sind nicht mehr zusammen und sie besucht nun all die Orte, an denen sie wegen Reese geweint hat. Und das waren viele Orte und viele Tränen. Obwohl ihre Beziehung doch so wunderschön war. Oder? Wie kann das sein?

    Reese ist manipulativ und schafft es, Amelies Selbstvertrauen ganz systematisch nach und nach zu zerstören. Denn nur dann kann er sich erhaben fühlen und als etwas Besonderes. Er missbraucht sie auf verschiedenste Weisen und das ist teilweise sehr, sehr hart zu lesen. Das Buch hat mich emotional mitgenommen und mir kamen mehrfach die Tränen. Ich habe Amelies Liebe, oder das, was sie dafür gehalten hat, genauso wie ihre Verzweiflung spüren können und ich wollte ihr so gern helfen.

    Ich finde es gut, dass dieses Buch so eindringlich geschrieben wurde und würde mir wünschen, dass alle Jugendlichen es lesen. Denn so kann es sensibilisieren, die Augen öffnen für die Kleinigkeiten, die oftmals im Verborgenen bleiben und einen trotzdem des eigenen Selbstvertrauens berauben. Vielleicht könnte man so frühzeitiger erkennen, dass etwas nicht stimmt und sich Hilfe holen.


    Ich empfinde es auch als einen tollen Aspekt im Buch, dass Amelie irgendwann merkt, dass sie Hilfe braucht, dass etwas nicht stimmt und sie sich selbst nicht helfen kann. Und sie sucht sich diese Hilfe und schämt sich nicht dafür. Eine Therapie zu machen und einen Psychologen zu besuchen ist leider immer noch ein so großes Tabuthema, von dem ich mir wünschen würde, dass auch das gesellschaftsfähiger werden würde.


    Die erste große Liebe prägt jeden einzelnen von uns - bei den meisten Menschen hoffentlich auf eine gute Weise. Doch mehr Menschen als man denkt wird es ähnlich gehen oder gegangen sein, wie unserer Protagonistin. Ich hoffe, dass das Buch häufig gelesen wird und vielleicht der einen oder anderen Person ein wenig die Augen öffnen und vielleicht auch Hilfestellung geben kann, auch wenn es sich um einen Roman und keinen Ratgeber handelt.

    Von mir gibt es :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:. Es ist kein Wohlfühlbuch und man muss ein bisschen was aushalten können, auch wenn vieles nicht explizit beschrieben wird, sondern man es nur unterschwellig mitbekommt. Aber die dadurch entstehende drückende Atmosphäre und das gefühlsmäßige Auf und Ab, das wir gemeinsam mit Amelie durchleben, macht das Lesen nicht unbedingt zu einer schönen, aber dennoch lesenswerten Erfahrung.

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Holly Bourne - Orte, an denen ich geweint habe (wegen dir)“ zu „Holly Bourne - Orte, an denen ich geweint habe (wegen dir) / The Places I've Cried in Public“ geändert.