Margret Greiner - Auf Freiheit zugeschnitten

  • Diese Romanbiographie hat mich ob der tollen Sprache gänzlich in den Bann gezogen. Empfehlenswert


    Margaret Greiner entführt die Leser in das Wien der sterbenden Donau-Monarchie. Auf der einen Seite Adel und reiches Großbürgertum auf der anderen Seite verarmte Familien.


    In dieses Spannungsfeld wird Emilie Flöge als viertes Kind des Ehepaares Flöge hineingeboren. Der Vater, ein künstlerisch begabter Drechslermeister, bringt es mit seiner Fabrik zu einigem Wohlstand.


    Als die Brüder Ernst und Gustav Klimt, die auf der ärmeren Seite Wiens aufgewachsen waren, in die Leben der Schwestern Helene und Emilie Flöge treten, weiß noch niemand so genau, wie sich das Schicksal erfüllen wird.


    Obwohl die Autorin eine Romanbiographie über Emilie Flöge schreibt, schwebt Gustav Klimt beinahe übermächtig über den Flöges. Sei es, dass er die Vormundschaft der, nach dem Tod seines Bruders Ernst, vaterlosen Lentschi (Helene jun.) übernimmt und der Schwägerin beisteht oder sei es, dass er zeitweise Emilies Leben teilt.


    Er ist nie ganz da, aber auch nie ganz weg, eben wie ein Schatten, der über allem schwebt. Er beeinflusst das Leben Emilies nachhaltig. Gleichzeitig übernimmt Emilie die Aufgabe den zeitweilig depressiven Maler zur Arbeit zu motivieren. Die beiden stellen eine Symbiose dar, die nur der Tod trennen kann.


    Der Werdegang der Schwestern Flöge von einer Änderungsschneiderei zum Couture-Salon in der Casa Piccola wird anschaulich geschildert. Gut herausgearbeitet wurde wurde das Zusammenspiel der Schwestern, jede setzt ihre spezielle Begabung zum Wohl der Firma ein. Emilie ist und bleibt der kreative Kopf.


    Das Buch hat mir unglaublich gut gefallen. Die Autorin verwendet eine blumige Sprache, die sich einer Melodie gleich durch den Roman schlängelt. Unterbrochen lediglich durch ein paar im derben Wiener Dialekt gesprochenen (geschriebenen) Wort Gustavs. Der berühmte Künstler wird als wortkarg aber bildgewaltig präsentiert. Ein wenig erinnert er mich an ein trotziges Kind.


    Diskret beleuchtet Margret Greiner die Beziehung zwischen Emilie und Gustav. Die Gerüchte, die über die Beiden bis heute verbreitet werden, scheinen von einer missliebigen Zeitgenossin in die Welt gesetzt worden zu sein. Es gehörte sich einfach nicht, unverheiratet eine Beziehung mit einem Mann einzugehen. Ihre verwitwete Schwester Helene hat es da einfacher. Es gibt zwar nur ganz subtile Andeutungen, doch könnte auch Helene dem Charme von Gustav erlegen sein. Emilie verschließt hiervor ihre Augen sowie sie über die vielen Affären Gustavs hinweg sieht.


    Emilie Flöge ist ihrer Zeit weit voraus. Sie nimmt sich ihre Freiheit.


    Fazit:


    Ein überaus lesenswertes Buch! Die sorgfältig ausgewählten Bilder ergänzen die Romanbiographie perfekt.

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)