Die Kugel, die durch die Welt rollt - und durch unsere Gedanken
Ein so ganz anderes Buch! Beinahe unmöglich, es in eine bestimmte Schublade zu stecken. Gerade das machte den ungeheuren Reiz dieser Lektüre aus. Dabei hat das Buch, vor allem im letzten Drittel, durchaus seine Eigenheiten.
Zunächst einmal ist die ungeheuer liebevolle und künstlerische Gestaltung hervorzuheben. Schon allein als Gegenstand ist das Buch wundervoll. Blautöne dominieren; es gibt Karten, und zu jedem Kapitelbeginn stimmungsvolle Fotos. Das Lesebändchen ist dabei das Sahnehäubchen!
Den Inhalt nachzuerzählen, würde dem Buch Gewalt antun. Denn damit ist sein Potenzial bei weitem nicht erschöpft. Das "Rezept" des Autors ist dabei einzigartig. Er nahm eine moralisch-philosophisch-religiöse Grundidee, und band diese an einen Gegenstand - eine blaue Kugel. Er verquirlte das Ganze munter mit Elementen eines Krimis - die Kugel wird immer wieder im Laufe der Handlung von diversen Menschen anhand von Spuren gesucht. Dann gibt es noch das allseits beliebte Familiendrama - Graham Yeomans ist der Hüter der Kugel, und will seine Nichte und seinen Neffen, Lynn und Paul, vor ihr beschützen. Dann wiederum gibt es märchen- und legendenhafte Elemente. Es werden Geheimdienstdokumente gefunden, die im Stil von indischen Legenden abgefasst sind. Gegen Ende des Romans häufen sich diese Wendungen - ein wenig Schiller, ein wenig "der Fischer und seine Frau". Sehr gelungen ist das auch teils offene Ende, das dem Leser Raum für Spekulationen lässt.
Dieses Buch eignet sich jedoch durchaus nicht für eine "verschlingende" Lektüre. Zum einen ist da die Sprache, die teils durchaus üppig und blumenreich ist. Zum anderen erschweren die Vor- und Rückblenden den eilfertigen Konsum. Die moralisch-philosophischen Überlegungen tun ihr Übriges.
Durchgehend wird man auch unwillkürlich an den "Herrn der Ringe" erinnert, in dem es ja auch um den einen Gegenstand ging, der seine Besitzer beeinflusst, und Unheil bringt... ob dieser Vergleich dem Buch letztlich jedoch gut tut, sei dahingestellt. Hübener geht m. E. durchaus weniger schubladenhaft vor als Tolkien. Mit dem er aber stilistisch durchaus einiges gemeinsam hat.
Das Buch selbst wirkt wie diese blaue Kugel - faszinierend und so ganz andersartig. Man mag zu dem nicht leicht zu klassifizierenden Inhalt stehen, wie man will - von dieser Art Buch sollte es mehr geben.