Malcolm Lowry - Unter dem Vulkan / Under the Volcano

  • Kurzmeinung

    mofre
    Mexiko 1939: Die Welt schlittert in einen furchtbaren Krieg, der Alkoholiker Firmin in seinen Untergang. Großartig!
  • Autor: Malcolm Lowry
    Titel: Unter dem Vulkan, aus dem Englischen übersetzt von Susanna Rademacher
    Originaltitel: Under the Volcano, erschien erstmals 1947
    Seiten: 464 Seiten
    Verlag: Rowohlt
    ISBN: 9783499135101


    Der Autor:
    Malcolm Lowry, am 28. Juli 1909 in Merseyde / England geboren, lebte bis zu seinem 14. Lebensjahr wegen einer chronischen Augenentzündung isoliert und durfte weder spielen, noch lesen oder schreiben. Erst spät kam er in die Schule, studierte später in Cambridge Philosophie. Zwischen 1937 und 1944 schrieb Lowry verschiedene Fassungen seines Hauptwerks «Unter dem Vulkan». Im Juni 1955 stirbt Lowry an einer Überdosis Schlaftabletten.


    Inhalt: (Klappentext)
    «Lieber Gott, wenn unsere Zivilisation zwei Tage nüchtern wäre, würde sie am dritten an Gewissensbissen sterben.»
    Der fortschreitende Alkoholismus und Verfall von Geoffrey Firmin, ein ehemaliger britischer Konsul, spiegelt seiner Meinung nach den Zustand der Welt. Seine geschiedene Frau, die Schauspielerin Yvonne, kehrt schließlich zurück und setzt noch einmal alles daran, den Mann zu retten, den sie nach wie vor liebt. Gemeinsam mit Hugh, Geoffreys unstetem, ziellosem Halbbruder, kämpft sie um sein Leben.


    Meinung:
    Herrje, die Geschichte ist so voller Themen und komplex erzählt, dass ich gar nicht versuchen möchte, den Inhalt zusammenzufassen.


    Nur soviel: es ist Tag der Toten im Jahr 1938 in Mexiko. Der britische Botschafter Geoffrey Firmin ist nahezu arbeitslos, da die diplomatischen Beziehungen beider Länder eingefroren sind. Der Zyniker Geoffrey ist dem Alkohol stark verfallen, seine Frau lebt getrennt von ihm, sein Bruder kommt zu Besuch. An diesem Tag lernen wir Geoffrey gut kennen: viele Rückblenden und Erinnerungen aus Sicht Geoffreys aber auch seiner Bekannten, führen dazu, dass wir über seine Kindheit, seinen Werdegang, die militärische Auszeichnung, das Kennenlernen mit seiner Frau, die Beziehung zu seinem Bruder, usw erfahren.


    Mich erinnerte die Lektüre ein wenig an James Joyce «Ulysses» und an Charles Jacksons «Das verlorene Wochenende». Letzteres Werk wird auch in diversen Kommentaren als Grund aufgeführt, weshalb Lowrys Roman ein wenig im Schatten steht und kein Bestseller wurde: Jacksons Meisterwerk zum Thema «Alkoholsucht» wurde kurz zuvor veröffentlicht und auch rasch verfilmt. Dadurch reduziert man Lowrys Roman aber auch auf den Alkoholismus, dabei geht es im Sprachstil, ja in jedem einzelnen Satz um den Zerfall der Welt an sich.

    Bei Jackson plant einer das Wochenende im Delirium zu verbringen, aber bei Lowry ist der Alkohol eine notwendige Stütze, um das Elend drumherum auszuhalten.


    Und es ist nicht leicht zu lesen, von der Thematik her nicht, aber auch die Experimentierfreude, die Lowry beim Schreiben hatte. Innere Monologe, plötzliche Ort- und Zeitsprünge, eine chaotische Erzählweise, bei der sich Abschnitte widersprechen – es sind die wirren Gedanken eines Betrunkenen, bei dem man als Leser nicht sicher sein kann, was nun stimmt, was real ist, und was übertrieben und eingebildet. Zudem spielt Lowry mit einer Menge Symbolen, Hinweisen, um diese dem Untergang geweihten Umgebung Ausdruck zu verleihen.


    Dadurch liest sich der Text etwas sperrig und anstrengend. Konzentration und Interesse sollte man aufbringen, wie bei jedem guten Buch, das neben purer Unterhaltung auch etwas vermitteln möchte. Und hier hat ein Meister jahrelang an jedem Wort gefeilt, das merkt man dem Text an, Querverweise, kein Wort zu viel, auch wenn die Herausgeber den Roman zunächst kürzen wollten. Aber auch in seiner Gänze ein Werk, das man mehrmals lesen kann, um Neues zu entdecken. Gross(artig)e Literatur!