Iris Schürmann-Mock - "Ich finde es unanständig, vorsichtig zu leben". Auf den Spuren vergessener Schriftstellerinnen

  • Anscheinend fällt es mir bei biografischen Büchern leichter, etwas zu schreiben. Eigentlich sind es ja auch die Bücher, die mich am meisten interessieren.

    Diesen Text habe ich zwar - bis auf die letzten drei Absätze - schon im Thread "Welche Bücher lest Ihr momentan, die Ihr mit mindestens 4,5 Sternen bewertet." gepostet, da er aber zu gefallen schien, dachte ich, ich stelle das Buch hier noch einmal vor, damit es auch bei den Rezensionen gefunden wird.


    Der AvivA-Verlag hat sich wieder mal auf die Spuren vergessener Schriftstellerinnen begeben. Dabei herausgekommen ist ",Ich finde es unanständig, vorsichtig zu leben'". Auf den Spuren vergessener Schriftstellerinnen", in dem 25 Schriftstellerinnen aus 250 Jahren vorgestellt werden. Frauen, die zu Lebzeiten zumeist bekannt und erfolgreich waren. Wie zum Beispiel Sophie La Roche. Ihr "Die Geschichte des Fräuleins von Sternheim" gilt als erster deutschsprachiger Roman, der von einer Frau geschrieben wurde.


    Doch im Laufe der Zeit wurden sie dem Vergessen preisgegeben.


    Zum Glück gibt es den ein oder anderen Verlag - für mich an vorderster Front Britta Jürgs mit ihrem AvivA-Verlag -, die uns diese Frauen wieder sichtbar machen.


    Jede der 25 Schriftstellerinnen wird kurz porträtiert. Zudem gibt es eine kleine Leseprobe aus einem ihrer Werke, Hintergrundinformationen, Literaturtipps und Infos, wo sie ihre Spuren hinterlassen haben.


    Um diese Frauen gehts hier:

    Anna Louisa Karsch (1722-1791)
    Sophie Mereau (1770-1806)
    Louise Aston (1814-1871)
    Friederike Kempner (1828-1904)
    Gabriele Reuter (1859-1941)
    Clara Viebig (1860-1952)
    Hedwig Lachmann (1865-1918)
    Harriet Straub (1871-1945)
    Margarete Beutler (1876-1949)
    Lena Christ (1881-1921) (hier musst ich arg schlucken)
    Emmy Ball-Hennings (1885-1948)
    Alma Johanna Koenig (1887-1942)
    Gertrud Kolmar (1894-1943)
    Adrienne Thomas (1897-1980)
    Paula Ludwig (1900-1974)
    Lilli Recht (1900- ?)
    Margarete Steffin (1908-1941)
    Susanne Kerckhoff (1918-1950)
    Selma Merbaum (1924-1942)
    Caroline Muhr (1925-1978)
    Inge Müller (1925-1966)
    Hertha Kräftner (1928-1951)
    Edeltraud Eckert (1930-1955)
    Maxie Wander (1933-1977)
    Diana Kempff (1945-2005)


    Kürzlich wurde ich zu einer DDR-Autorin (geb. 1933) gefragt, warum sie ihre Krimis unter einem Männernamen geschrieben hat. Einer schrieb: "Fixe Ideen enden manchmal auch bei Frauen männlich." Ein anderer: "Eigentlich nichts Ungewöhnliches."


    Meine Antwort war:

    Vielleicht ein geschichtliches Erbe. Vielleicht war sie der Meinung, dass ihre Bücher so eher verkauft und/oder gelesen werden.

    Man braucht sich nur die ersten drei Seiten vom DDR-Blog anschauen. Hauptsächlich Autoren. Wenn ich die Beiträge vorbereite, freue ich mich direkt, wenn endlich mal wieder eine Schriftstellerin auftaucht.


    In diesem Buch ist diesem Thema eine ganze Seite gewidmet. Und es ist auch heute noch so, dass Frauen unter männlichem Pseudonym schreiben, weil sie sonst vielleicht nicht gelesen werden. Bekanntestes Beispiel sind wohl die Harry-Potter-Bücher, bei denen Joanne K. Rowling geraten wurde, als J.K. Rowling zu schreiben, weil die Kinder sie sonst nicht lesen.

    Denn ich, ohne Bücher, bin nicht ich. - Christa Wolf


    2022 - 64

    2023 - 84 von 80 - geschafft :)

  • Wundervolle Rezi, liebe Biografiefan :love: Es ist inzwischen möglich, den vollen Namen auf das Cover zu drucken, ohne aufgrund Geschlechtszugehörigkeit einen Aufstand auszulösen. Dennoch gibt es auch heute nicht wenige, die bei voll ausgeschriebenen Namen vielleicht auch beim Buchkauf ganz unbewusst in das gesellschaftlich vorgelebte Schubladendenken rutschen. Ein gutes Buch ist ein gutes Buch, ich warte sehnsüchtig auf den Tag, an dem in allen Lebensbereichen die Frage des Geschlechts unerheblich ist. Den Buchtitel feiere ich total - ab auf die Wunschliste!

  • Danke für deine Rezi!

    Ja der AvivA Verlag.. immer wieder eine Fundgrube für gute Bücher.

    Zu meiner Schande musste ich gestehen, dass ich mir mit den Namen der Schriftstellerinnen etwas schwer tat.

    Einzig Susanne Kerckhoff sprang mir sofort ins Auge,.da ich bereits ein Buch von ihr gelesen habe, allerdings aus einem anderen als dem AvivA Verlag. Hab es unten verlinkt.

    :study: Audre Lorde: Sister Outsider (eBook)

    :study: Joseph Roth: Hiob (eBook) - MLR

    :study: Thomas Chatterton Williams: Selbstportrait in Schwarz und Weiss - Unlearning Race



    „An allem Unrecht, das geschieht, ist nicht nur der Schuld, der es begeht, sondern auch der, der es nicht verhindert.“

    Erich Kästner

    "Das fliegende Klassenzimmer"


    Warnhinweis:
    Lesen gefährdet die Dummheit

    :study:

  • Vielen Dank für die interessante Rezi! Auch ich muss gestehen, dass mir von der Liste nur ein Name geläufig ist: Maxi Wander, die ich früher sehr gern gelesen habe.


    Zum Thema männliche Pseudonyme sei noch angemerkt:

    Und es ist auch heute noch so, dass Frauen unter männlichem Pseudonym schreiben, weil sie sonst vielleicht nicht gelesen werden. Bekanntestes Beispiel sind wohl die Harry-Potter-Bücher, bei denen Joanne K. Rowling geraten wurde, als J.K. Rowling zu schreiben, weil die Kinder sie sonst nicht lesen.

    Besagte J.K. Rowling veröffentlicht ihre Krimis zudem ja auch als Robert Galbraith.

    Gelesen in 2024: 9 - Gehört in 2024: 6 - SUB: 626


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark