Als ich mich für das Buch beim Verlag bewarb, wusste ich gar nicht so genau, um was es sich dabei handelt. Ich wähle oftmals Bücher aus einer Laune heraus, lasse meinen Bauch die Oberhand gewinnen und verfalle optisch ansprechenden Covern. Die Kombination mit einem Signalwort im Titel lässt mich dann zugreifen und manchmal ist es ein Glücksfall, manchmal ein Reinfall.
Als ich es nun in den Händen halte, weiß ich nichts über die Autorin, die Band „Wir sind Helden“ sagt mir nichts. Ich muss erst googeln, verstehe überhaupt nicht, wieso ich so rein gar nichts kenne, bis ich auf Markus Lanz stoße und dann fällt der Groschen.
Nun also lese ich ein Genre, mit dem ich wenig anzufangen vermag, meist, weil ich das Leben der anderen nicht zwingend spannender finde als mein eigenes – und Probleme habe ich selbst genug.
Judith Holofernes grenzt ihre Biografie auf den Zeitraum 2010 – 2019 ein. Sie steht im Mittelpunkt der Ereignisse und erzählt im ersten Teil von ihren körperlichen und seelischen Leiden, die das Ende der so beliebten deutschen Popband „Wir sind Helden“ bedeutete.
Die Einzige, mit der ich nicht gerechnet hatte, war ich, mit meinen überraschenderweise doch nicht übermenschlichen Kräften.
Sie erwähnt ihr Familienleben während und nach der „Wir sind Helden“ Zeit, erläutert und analysiert ihre Versuche einer Solokarriere und berichtet gegen Ende des Buches von ihren aktuellen Projekten.
Nur fand er (der Manager Anm.) leider, ich sollte genau jene Projekte fallen lassen, die mir am meisten Spaß machten, die mich in Wallung brachten und meine Wangen glänzen ließen.
Meine persönlichen Leseeindrücke
Ich kenn das alles: das knallharte Durchkalkulieren von Tagesabläufen, das herzschwere Organisieren von Kleinkinderdasein, das Kind an die eigenen Bedürfnisse zu binden und nicht umgekehrt. Darin erkenne ich auch ein bisschen mein Leben. Und ich weiß auch, wie es sich anfühlt, wenn man trotz aller Anstrengung einsehen muss, dass der Kraftakt einen selbst, aber auch die Menschen, die einem am meisten bedeuten, an die Grenzen bringt. Dieser Teil der Biographie mit den Passagen, an denen ich an den körperlichen und seelischen Leiden teilhaben konnte, hat mir sehr gut gefallen. Sie hat dem Leser und somit mir eine Tür zu ihrem ganz privaten Ich geöffnet, und ich bin gerne eingetreten und habe mich gerne in ihrem Kosmos umgesehen.
Du bist zu anfällig, zu beeinflussbar, zu unklar in dem, was du jetzt, ohne die Helden, sein willst.
Womit ich hingegen weniger Freude hatte, waren die Abschnitte, bei denen es um ihre Musikgestaltung ging. Ich mag die vielen fremden Wörter nicht, wenngleich es sein kann, dass die Musikbranche gar kein deutsches Vokabular dafür anbietet. Das Funktionieren dieses Business‘ interessiert mich nicht, jedes Geschäft hat seine Sonnen- und seine Schattenseiten und von nichts kommt nichts. Das wissen alle in meinem Alter und insofern ging mir die Beschreibung ihrer Zweifel manchmal auf die Nerven.
Fazit
Judith Holofernes verarbeitet in ihrer Biographie das Ender der „Wir sind Helden“ Karriere und ihren weiteren künstlerischen Werdegang. Dabei gibt sie durchaus interessante Einblicke in ihr Musikerleben, wenngleich mir manchmal ihre Ichbezogenheit zu viel wurde. Am Ende des Buches erzählt sie über ihre aktuellen Projekte. Dabei denke ich, dass das nicht die schlechteste Art ist, um sich selbst zu promoten.
Wie man es auch anstellt, Rockstar zu sein, ist nicht wirklich gesund, Erfolg macht auch nicht glücklich, und von beidem ist der Entzug unendlich schwierig.