Zana Fraillon - Wenn nachts der Ozean erzählt / The Bone Sparrow

  • Inhalt

    Der neunjährige Subhi vom Volk der Rohingya wächst in einem Auffanglager für Flüchtlinge auf. Er kennt nichts anderes, denn er wurde dort geboren. Zäune und Stacheldraht begrenzen seine Welt. Er spielt mit den Dingen, die die staubige Erde und die wenigen Habseligkeiten der Bewohner ihm bieten. Seine Mutter und seine Schwester jedoch wissen noch, wie es ist, in Freiheit zu leben - so wie viele andere Menschen im Lager.

    Und dann ist da noch Jimmie, ein Mädchen "von draußen". Als Subhi und Jimmie sich eines Tages begegnen, entsteht eine ganz besondere Freundschaft.

    Erzählt wird die Geschichte abwechselnd aus Subhis und Jimmies Sicht, wobei Subhi aus der Ich-Perspektive berichtet. Seine Gedanken und Erlebnisse nehmen den größeren Teil des Buches ein.

    Meinung

    Dieses Buch hat mich sehr berührt. Ich habe geweint und geschmunzelt, manchmal beides gleichzeitig.

    Besonders schön fand ich die sehr fantasievolle Erzählweise. Subhi lebt in seiner eigenen Welt, zusammengesetzt aus der Realität des Flüchtlingslagers, den Geschichten seines Volkes und seinen kindlichen Vorstellungen.

    Dieses Fantasievolle, Kindliche kollidiert im Laufe der Geschichte zunehmend mit den harten Bedingungen im Lager. Die Menschen wurden dort einfach eingesperrt und vergessen. Es gibt minderwertiges Essen, zu wenig Wasser, eine schlechte medizinische Versorgung, Gewalt, Willkür - und der Rest der Welt bekommt davon nichts mit oder verschließt die Augen davor.

    Und mitten in dem Gefühl eines sich zusammenbrauenden Unheils taucht plötzlich Jimmie auf. Durch sie bekommt Subhi eine Ahnung davon, was es hinter dem Zaun alles zu entdecken gibt. In seiner engen, staubigen Welt öffnet sich ein Fenster und gibt den Blick auf ein Leben frei, von dem er bisher nur aus Erzählungen wusste.


    Das alles ist so wunderschön und zart und gleichzeitig so tieftraurig, ungerecht und brutal, dass mir mehr als einmal die Tränen gekommen sind. Das letzte Drittel habe ich verschlungen und konnte gar nicht mehr aufhören zu Lesen, so spannend und ergreifend fand ich es. Bei aller Härte und Grausamkeit birgt dieses Buch doch eine unbändige Lebensfreude und lässt einen hoffnungsvoll zurück.


    Wunderschön finde ich übrigens auch das Cover: Der Ozean hinter dem Maschendraht, und die oberen Reihen des Zauns verwandeln sich in Vögel. Was für ein tolles Bild für die Themen, die hier zur Sprache kommen.

    Fazit

    Meiner Meinung nach bekommt dieses Buch zu wenig Aufmerksamkeit. Die Einstufung als reines Jugendbuch würde ihm nicht gerecht, denn auch Erwachsene können sich von dieser fantasievollen Erzählung verzaubern und erschüttern lassen. Die Autorin hat ein sehr schwieriges, ernstes Thema aufgegriffen und verpackt es in einer herzergreifenden Geschichte, die micht glücklich und traurig zugleich zurückgelassen hat.


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