Robert Steinhauser - Hagendorf - Ein Söldner im Dreißigjährigen Krieg

  • Ich möchte Euch an dieser Stelle meinen Historischen Roman um die Person des Söldners Peter Hagendorf vorstellen. Anbei eine kurze Leseprobe:


    Langsam näherte er sich dem Zelt, dessen Eingang, leicht aufgeschlagen, einen Blick ins Innere gewährte. Erschrocken strauchelte Peter rückwärts. Zwei milchig-trübe Augen, deren Besitzerin gleichsam mit der rauchgewölkten Finsternis des Zeltes verschmolz, starrten ihm geradewegs ins Gesicht. Eine Frau so alt wie die Schöpfung trat langsam hervor. Braune Haut umlotterte, unzählige Runzeln werfend, den im Laufe der Äonen eingeschnurrten Körper, der, von der Last der Zeiten schwer gekrümmt, in einem beigefarbenen Wollwickel steckte. Peter wollte nichts wie weg, doch blieb er wie angewurzelt stehen, fixiert von den blinden Augen, die, obgleich sein Äußeres nicht sehend, tief in seine Seele blickten.


    „Du hast der Dinge viel verloren, mein Sohn“, raunte die Alte, mit rauchig-warmer Stimme in einem fremdländischen Akzent.


    „Tritt in mein Zelt. Drei Groschen gib mir, damit ich schaue, was weiter du zu dulden hast, ‒ wohin dein Weg dich führt.“


    Wie gebannt stolperte Peter in das Zelt, nestelte drei Groschen heraus und nahm gegenüber der Wahrsagerin auf dem Teppich Platz. Zwischen ihnen glomm Glut in einem von der Zeltdecke herabbaumelnden Thuribulum, aus dem duftschwangere Schwaden hervorquollen und Peters Sinne betörten. Die Alte nahm seine Hände in die ihren. Peters Blick fiel auf die langen, gelben, wie Hobelspäne verdrehten Fingernägel. Schaudern. Er war versucht, sich zu entziehen, allein er war zu schwach, der Rauch so dicht und schwer. Die Augen fest geschlossen, saß die Alte da und atmete tief, wobei die bronzenen Ringe, in den zu fleischernen Lianen mutierten Ohrläppchen hängend, langsam im Takt dazu schwangen. Röchelnd sog sie ein, um leise rasselnd auszublasen, das Gesicht wie schlafend, ohne Ausdruck. Plötzlich zuckten ihre Lider, die blinden Augen rollten wie unter Schmerzen. Eine dunkle, klare Männerstimme drang, wie aus dem Schacht des tiefsten aller tiefen Brunnen tönend, aus dem halb geöffneten Mund, dessen Lippen keine Worte formten, noch er zu sprechen schien. Von Grauen gepackt, versuchte Peter, sich loszureißen, doch die entfleischten Knochenfinger hielten ihn mit eisernem Griff gefangen.


    „Peter Hagendorf! Dir ist viel Unrecht widerfahren. Doch dies Unrecht wirst du tausend und abertausend Male vergelten an jenen, die dir keines zugefügt.“


    Woher kannte das Weib seinen Namen? Hatte er sich vorgestellt? Benommen die Gedanken, außerstande sich zu entsinnen, hörte er wie paralysiert weiter zu.


    Dumpf quälten sich die Worte aus dem Grabmal ihres Körpers, indes der Schaum in dicken Flocken von ihren dürren Lippen troff.


    „Deine Heimat wird dir fremd, die Fremde zur Heimat dir werden. Die Saat des Todes wirst du auf den Feldern ausbringen ‒ nirgends willkommen und von aller Welt gehasst, wird selbst der Tod dich verachten und stets nur jene zum Tanze fordern, die du geliebt. ‒ Dein Weib wirst du an ihn verlieren, die Liebste wird statt deiner er beschlafen, dein eigen Fleisch und Blut wird er dir rauben …“



    Zum Inhalt:


    Als sich im Jahr 1618 ein Komet mit einem funkensprühenden Schweif am Himmel zeigt, deuten die Menschen ihn als Bote kommenden Unheils. Auch der junge Peter Hagendorf beobachtet die unheimliche Erscheinung. Nachdem sein jüngerer Bruder die elterliche Mühle übernimmt und Peter bei einem Überfall seines Erbteils beraubt wird, prophezeit ihm eine Wahrsagerin eine düstere Zukunft. Er lässt sich anwerben und zieht als Söldner durch halb Europa. Während er an blutigen Schlachten teilnimmt, ehelicht der ihm verhasste Bruder seine Jugendliebe. Peter wird Zeuge von Hexenverbrennungen, entsetzlichen Hungersnöten und schrecklichen Krankheiten. Beim Sturm auf Magdeburg wird er schwer verwundet. Während er im Zelt des Feldschers um sein Leben ringt, begibt sich Ehefrau Anna auf Plünderung in die brennende Stadt. Doch die Reiter der Apokalypse fegen bereits über das Land, bereit auch Peters Schicksal eine ungeahnte Wendung zu geben… Ein historischer Roman über den Söldner Peter Hagendorf, dessen Tagebuch 1988 entdeckt wurde.