Alice Echols - Janis Joplin: Piece of My Heart

  • Alice Echols - Janis Joplin: Piece of My Heart


    Eine der besten Biographien, die ich über Pop- oder Rockkünstler gelesen habe. Ein Buch, bei dem ich bedauerte, dass es zu Ende war. Bei mir sehr selten. Dabei hat es auch noch 550 Seiten.

    Es ist nicht zu übersehen und das sollte es auch nicht - ich bin von dem Buch sehr angetan. Und vielleicht wird es eines von vielleicht zehn Bücher, die ich in meinem Leben jemals ein zweites Mal lesen werde.


    Janis Joplin gehört zum Club der 27, also all der Künstler, deren Leben mit 27 Jahren bereits sein Ende fand. In der Regel ein unrühmliches. Schreibt sich gut am Anfang. Hat man hingegen das Buch gelesen, gibt man auf solche medialen Kategorien für einen Moment nicht viel, denn die Bio bringt einem JJ in ihrer Individualität derart nahe, dass man meint: Was soll der Scheiß mit der 27.

    JJ, inzwischen eine erklärte Ikone der Hippie-Ära, war eine gefeierte Künstlerin. Gut, lese ich mir mal die Biographie dieser Künstlerin durch. Worauf man trifft, ist jedoch die Bio einer Frau, die halt auch Sängerin war, die eben auch in der Hippiezeit ihre Erfolge feierte. Das ist Gegenstand der Betrachtungen, nicht aber deren Basis.


    „Unter die Haut gehend“ und „aufwühlend“ heißt es unter anderem im Klappentext. Weshalb soll ich dafür nun Synonyme suchen. Das trifft es. Eine wahrhaftige Kunst, wenn Fakten ohne jede Theatralik ein Buch bestimmen. Keine sentimentalen Anklänge. Echols setzt die Realitäten JJs Leben Stück für Stück zu zusammen. Nüchtern ist das Buch indes nie. Es nimmt einen für die Frau ein, selbst in Momenten, die schwer begreiflich anmuten. Keine verbissene Suche nach Antworten oder das Aufwerfen von bedeutungsschwangeren Fragestellungen. Nein. Baustein für Baustein wird die Vita von JJ so gesetzt, dass ein homogenes Bild entsteht, das beständig von Spannung getragen wird.


    All das geschieht natürlich nicht im luftleeren Raum, sondern im Kontext der sagenumwobenen Hippie-Welt. Hier liegt eine weitere Stärke des Buches. So wie es JJs Leben nicht verklärt, handhabt es die Autorin auch mit der Friede-Freude-Eierkuchen-Mär der Hippie-Szene. Sie zeichnet ein ernüchterndes Bild, das Klischees vor der Tür stehen lässt. Dadurch finden Außen- und Innenwelt von JJ in der Wahrnehmung des Lesers besser zueinander. Nicht besser, sondern wunderbar.


    Und jetzt kommt es noch ganz dicke: Diese Bio ist ein feministisches Manifest.

    Klingt nicht gut, denn es klingt nach Ideologie, Missionierung, Aktionismus, Besserwisserei, Wortglauberei, Ignoranz, strategischem Betretensein, Sektiererei, und Diskriminierung und vielem Grässlichen mehr.

    Das Buch zeichnet all dies nicht aus. Nicht im Ansatz. Die logische Essenz lässt einem zu dem Schluss kommen, dass in Sachen Gleichberechtigung noch etwas im Argen liegt. Nicht einen Satz wird man finden, der auch nur eine solche Konnotation trägt. Das hat Echols nicht nötig. Diese Blöße gibt sie sich nicht und es scheint zudem nicht ihr Anliegen gewesen sein. Ein Buch, das der Sache dienlich ist und sie nicht diskreditiert. Schön, dass es das auch gibt.


    Hat man nichts mit JJs Musik am Hut, nicht mit der Hippie-Ära oder femininen Aspekten. Egal. Ich glaube das Buch hat gleichfalls bei anderen eine gute Chance, als Zugewinn betrachtet zu werden.


    Noch erwähnenswert.

    Gut bebildert. Diskographie. Quellen. Anmerkungen. Register.


    Einfach durch und durch gelungen.