Kirsten Nähle - Vertraute Qualen

  • Schonungslos & Möglich :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:


    Der Roman: "Vertraute Qualen" ist der 2. Teil einer Triologie. Die Autorin Kerstin Nähle lebt und arbeitet in Würzburg/Bayern.

    Die Schriftstellerin Kerstin Nähle ist schon seit ihrer Kindheit eine begeisterte Geschichtenerzählerin. Ihr Bücher erzählen oftmals schonungslose Geschichten.

    Das Cover ist schon auf den ersten Blick ein Hinweis, auf die folgende schonungslose Geschichte, rund um das Verschwinden, eines Jungen.

    Zum Inhalt:

    Würzburg: Leon ist nach der Party bei einem Freund nicht nach Hause zurückgekehrt. Nach seinem Verschwinden dauert es nicht lang und ein weiterer Schüler verschwindet. Die Angst um ihre Kinder, versetzt eine ganze Stadt in den Ausnahmezustand...

    Meine persönliche Leseerfahrung:

    Erzählstil, Realistik, Spannung

    Ich habe das elektronische Leseexemplar in einem Rutsch gelesen. DIe erzählte Geschichte ist in manchen Teilen ängstigend & bedrückend.

    Da sich derartige Verbrechen durchaus in unserer Welt abspielen können. In einigen Abschnitten habe ich mich in meine eigene Schulzeit zurückversetzt gefühlt. Zum Glück musste ich, die hier geschilderten Erfahrungen, nicht erleben.


    Zusammenfassung:

    Eine Kriminalgeschichte, die absoult realistisch erzählt wird.

    Das Entsetzen der Opfer, die Verbindungen der Ermittler untereinander sowie die, den Täter prägenden Erreignisse: alles ist sehr realistisch konstruiert und erzählt. :montag:


    Fazit: Ein sehr guter Roman, der ohne Umschweife erzählt und mitempfinden lässt.


    Ich vergebe eine 4*Sterneleseempfehlung verbunden mit einer Triggerwarnung. [-X


    Folgende Bücher aus der Reihe um Würzburg:

    Zwölf Sünden ASIN ‏ : ‎ B08M5JHL5P

    Vertraute Qualen ISBN: 9783751716734

    Frische Wunden ASIN: B09JVM1LT7 ( erscheint April 2022 )

  • Lahme Auflösung!


    Der Schüler Leon Gruber wird vermisst! Der 16-Jährige hat die Party bei seinem Freund Kai nachts verlassen und ist nie zu Hause angekommen. Die Eltern, Freunde, die ganze Schule sind verzweifelt. Auch seine Freundin Marie, die die Tochter der Oberkommissarin der Würzburger Kripo ist. Victoria Stahl ermittelt auf Hochtouren. Dann verschwindet ein weiterer Junge….



    Da dieser Thriller das Verschwinden und Straftaten Jugendlicher behandelt, dreht sich vieles um Jugendthemen. Mobbing ist ein zentrales Thema, jedoch auch Freundschaft, erste Liebe, Cybermobbing, Teenagerschwangerschaft und immer wieder Szenen, die in der Schule handeln. Etliche der Protagonisten sind Schüler und spielen eine Rolle im Fall um den verschwundenen Leon. Im ersten Drittel des Buches hatte ich dadurch oft das Gefühl, ein Jugendbuch zu lesen. Das ändert sich nach diesem ersten Drittel und es tauchen Szenen auf, die widerwärtig und brutal sind, was nun die Genreeinteilung „Thriller“ rechtfertigt. Sehr eindrücklich und schaurig sind die Passagen, in denen die Gefangenschaft der Jugendlichen thematisiert wird.


    Lange hatte ich das Gefühl, zu wissen, wer der Entführer der jungen Leute ist. Okay, ich lag falsch und der Rätselfaktor ist unbestritten hoch. Allerdings wurden einige an den Haaren herbeigezogene Elemente eingefügt, die für mich die an und für sich spannende Geschichte verwässert haben. Da ist eine Frage der Mittäterschaft, die ich nicht nachvollziehen konnte. Dann ein Indiz, das nicht stimmig war. Der Täter hat sich da nämlich vom eiskalt kalkulierenden Mörder zu einem zur Schau gestellten Detail hinreißen lassen, das mir zu sehr nach „irgendwie muss die Auflösung herbeigeführt werden“, roch. Schade, damit erhält die Geschichte einen schalen Beigeschmack.


    Der Schreibstil lässt sich gut lesen. Allerdings hätte ich mir zu Beginn weniger häufige Perspektivwechsel gewünscht, um erstmal in der Geschichte anzukommen. Kurze Kapitel, die immer aus der Sicht einer anderen Figur handeln, die leider nicht näher erläutert werden, haben mich herausgefordert. So dauerte es einige Zeit, bis ich wusste, wer denn wer ist und welche Verbindung besteht. Kurze kursiv gehaltene Gedanken verschiedenster Figuren geben oft den Dialogen einen „Widerhall“, was ich als gutes Stilmittel empfand, um die Gefühle der jeweiligen Figur besser erfassen zu können.


    Ein solider Thriller, bei dem mehr Gewicht bei der Auflösung hätte gelegt werden können. Durch oben genannte Punkte empfand ich diese als lahm und an den Haaren herbeigezogen.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Glaubhafte Auseinandersetzung mit Mobbing, Erpressung und Vergewaltigung


    „Vertraute Qualen“ ist der zweite Band von Kirsten Nähles Kriminalroman-Trilogie und somit Nachfolger ihes Krimi-Debüts „Zwölf Sünden“. Widerum steht das Würzburger Ermittler-Duo Victoria Stahl und Daniel Freund im Mittelpunkt des Geschehens. Recht unterhaltsam wird der Leser gleich von Beginn an mitten in die Handlung geworfen und es dauert einen Augenblick bis er sich zu orientieren vermag. Sobald man aber die Protagonisten von den Nebencharakteren zu unterscheiden gelernt hat, lässt sich der Handlung leicht und problemlos folgen.


    Gleich zu Beginn befindet sich der 16-jährige Leon angetrunken auf dem Nachhauseweg von einer Party. Den letzten Bus hat er verpasst, seine ein Jahr jüngere Freundin Marie war nicht auf der Party und in der Hoffnung bei ihr übernachten zu dürfen, ruft er sie an. Marie nimmt seinen Telefonanruf allerdings nicht entgegen und so muss er also mit einem längeren Fußmarsch ans andere Ende der Stadt vorlieb nehmen, bis ein Auto anhält und ein ihm bekannter Fahrer vorschlägt ihn heim zu fahren. Leon steigt zögerlich ein und es wird lange dauern bis wir wieder von ihm hören - auf welche Weise sollte an dieser Stelle nicht vorweggenommen werden. Weitere männliche Teenager aus Leons Klasse verschwinden und gleich mehrere Personen, unter ihnen auch die Lehrer der Schüler, geraten als potentielle Täter ins Fadenkreuz der Ermittlungen und stehen unter Verdacht. Besondere Brisanz und Dramatik erhält der Plot dadurch, dass Leons Freundin Marie die Tochter der ermittelnden Oberkommissarin Stahl ist. Zu den Hauptcharakteren hinzu gesellt sich der schüchterne Außenseiter Samuel, der von seinen Mitschülern keinerlei Beachtung findet, gemobbt, erpresst und aufs Übelste erniedrigt wird. Darüber hinaus werden dann als Ausgleich zur spannenden Haupthandlung und zur durchaus sehr kritischen Thematik des Mobbings zum Durchatmen für den Leser die jeweiligen privaten Probleme in Ehe bzw. Beziehung des Ermittlerduos mit eingestreut und es entfaltet sich eine durchaus interessante Kriminalgeschichte, bei welcher der Leser über weite Strecken die Gelegenheit zum Mitermitteln und -rätseln bekommt. Die Handlung folgt dabei einem „Geradeauskurs“ ohne größere Schnörkel und Abschweifungen.


    Insgesamt ist der flotte Schreibstil von Kirsten Nähle sprachlich eher einfach gehalten, Sätze sind nur äußerst selten kompliziert aufgebaut. Die einzelnen, kurzen Kapitel aus diversen Perspektiven sind mit den jeweiligen Namen der Protagonisten überschrieben. Die Geschichte wird auch Tempo-reich, recht spannend und schlüssig erzählt, ohne zu viel vorab bereits zu verraten, ist für den Leser auch sehr gefällig geschrieben und ein Spannungsbogen wird zunehmend aufgebaut - ja, bis zu dem Punkt, als sich der Täter dann zufällig, unvorsichtig und völlig unnötigerweise im Prinzip fast schon selbst verrät. Hier gibt es eine etwas enttäuschende Wendung und ab diesem Zeitpunkt ist die Handlung dann äußerst vorhersehbar und leider reißt hier dann auch der zuvor aufgebaute Spannungsbogen zwar nicht komplett, aber dennoch spürbar ab. Trotzdem ist der Krimi weit davon entfernt, ein schlechter Roman zu sein und in einer Hinsicht dann sogar mehr als herausragend: Denn Kirsten Nähle greift einige Probleme der heutigen Gesellschaft auf und thematisiert insbesondere Mobbing, Erpressung, Vergewaltigung und Sex mit Minderjährigen – nicht, dass es das nicht schon immer gegeben hätte, aber diese sehr problematischen Herausforderungen haben in der heutigen Zeit enorm zugenommen und sind bedauerlicherweise bereits zum Alltagsgeschehen geworden. Und in der Auseinandersetzung mit genau dieser Problematik besteht die eigentlich wahre Stärke des Buches. Ohne große Umschweife wird dies hier nicht tabuisiert, sondern in den Mittelpunkt des Geschehens gerückt, was den Leser zum Nachdenken über sich selbst, seine Kinder oder Enkel ermuntert und die Frage aufwirft, wo habe ich in der Vergangenheit vielleicht selbst jemanden gemobbt, allzu leicht und bequem weggesehen oder möglicherweise zumindest nicht entschieden genug dagegen opponiert. Äußerst sympathisch ist in diesem Zusammenhang ferner, dass das Ermittler-Duo, unterstützt durch weitere Personen in ihrer Einheit bei der Kriminalpolizei, nicht einfach nur seinen Job durchführt, sondern mehrfach auch sich selbst kritisch nach Fehlern und Versäumnissen hinterfragt.


    Bis sich dem Leser die Bedeutung des Buchcovers, eine hellblaue Gartenlaube auf einem kleinen Grundstück in einen gelblichen Schimmer getaucht, oder der Buchtitel „Vertraute Qualen“ erschließen, dauert es eine gehörige Weile, final wird ihm der Zusammenhang dann aber nach ca. 2/3 des Buches komplett klar.


    Fazit: „Vertraute Qualen“ ist der spannende zweite Band von Kirsten Nähles Kriminalroman-Trilogie, der durchaus zu überzeugen vermag, bei welchem jedoch ab einem gewissen Punkt die Handlung ein wenig zu vorhersehbar wird. Unterm Strich bleibt aber die Spannung dennoch einigermaßen erhalten und seine größte Bedeutung erhält der Kriminalroman durch seine kritische Auseinandersetzung mit der aktuellen Thematik von Mobbing, Erpressung und Vergewaltigung in der heutigen Gesellschaft. Auf dieser Ebene besticht „Vertraute Qualen“ und ragt im Vergleich zu anderen Büchern dieses Genres deutlich heraus. Als Leser dürfen wir nun dem bereits angekündigten dritten und letzten Band der Trilogie „Frische Wunden“ entgegen fiebern, in welchem eine Frau grausam getötet und ein Baby entführt wird. Wir dürfen gespannt sein, wie Victoria Stahl und Daniel Freund in diesem Fall dann ermitteln und ihn lösen werden.