Hanne Hippe - Die Geschichte einer unerhörten Frau

  • Kurzmeinung

    Tine13
    Bewegender Kampf für ein eigenständiges Leben als alleinerziehende Frau Anfang der 60er Jahre
  • Kurzmeinung

    Bartie
    Interessante Bilder der Nachkriegszeit in Deutschland
  • Lebendige Bilder der deutschen Nachkriegszeit


    Zufällig erfährt Augusta Fink über dubiose Machenschaften und die unzähligen Lügen ihres Mannes. Sie fühlt sich betrogen und reicht die Scheidung ein, was von ihrer Familie und vielen Bekannten argwöhnisch beäugt wurde. Ungeachtet dessen zieht sie mit ihren zwei Kindern nach Köln um. Trotz aller Schwierigkeiten und Hindernisse ist sie bereit als eine geschiedene Frau und alleinerziehende Mutter einen Neuanfang zu wagen.



    In ihrem Buch „Die Geschichte einer unerhörten Frau“ erzählt Hanne Hippe über das Leben einer Frau, die ungeachtet der Konventionen der Fünfzigerjahre in Deutschland ihren eigenen Lebensweg selbständig bestreiten wollte. Die Geldveruntreuung, die ihr Mann begangen hat sowie seine zahlreichen außerehelichen Eskapaden waren für die perfekte Ehefrau und Mutter Grund genug für die Scheidung und einen Neuanfang mit ihren zwei Kindern. Gussy, wie ihr Ex-Mann sie nannte, nahm alle Hürden auf sich und kämpfte um ihr Glück und die bessere Zukunft für ihre zwei Kinder.


    Diese scheinbar naive, von der eigenen Mutter und Schwester schikanierte Frau, ist in Wahrheit eine starke Persönlichkeit. Das hat sie bereits 1945 bei ihrer Flucht aus Breslau bewiesen, als sie sich alleine ohne ihren Mann nach Westen durchschlagen musste.


    Dieser Roman ist für mich jedoch viel mehr als ein Porträt einer „unerhörten“ mutigen Frau. Es ist ein sehr interessantes lebendiges Bild der deutschen Nachkriegszeit. Diese raue Zeit war alles andere als friedlich, wurde unter anderem von der Flucht und Vertreibung aus Schlesien geprägt, von der amerikanischen und russischen Besatzung beeinflusst, von der Trauer und nicht zuletzt von der Hoffnung begleitet. Der Roman erzählt auch über das Leben in der DDR, über das Leben in Fünfziger- und Sechzigerjahren in Westdeutschland sowie über die Rolle der Frau in der Familie und in der Gesellschaft. All diese Ereignisse bestimmen das Schicksal von Gussy und ihren Ex-Mann Hermann; Einiges wurde aus der Sicht von ihrer Tochter Eva erzählt.


    In dem Nachwort verrät die Autorin, dass sie einige Ereignisse aus dem Leben ihrer Angehörigen in diese Geschichte eingeflochten hat. Ich kann mir vorstellen, dass viele Leser*innen, die die Fünfziger- und Sechzigerjahre nicht nur aus Erzählungen kennen, großen Gefallen an diesem Buch finden würden. Ich fand den Roman sehr interessant und würde ihn allen Leser*innen empfehlen, die mehr über die Nachkriegszeit in Deutschland erfahren wollen. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:


    Ich bedanke mich bei dem Goldmann Verlag für das Rezensionsexemplar.

  • Besser Witwe sein als Geschieden…!


    Augusta Fink genannt Gussy, trennt sich Anfang der 60er Jahre von ihrem Mann, einem zwar allseits beliebten Hallodri, doch nachdem seine betrügerischen Geschäfte auffliegen, sieht sie keine Zukunft für diese Beziehung! Mit ihren zwei Kindern zieht sie von Frankfurt nach Köln, in die Nähe ihrer ungeliebten Schwester und Mutter. Schnell stellt sie dort fest, als Vertriebene geschiedene, evangelische Frau, hat man dort kein leichtes Standing! Doch Gussy lässt sich so schnell nicht unterkriegen….!


    Der Roman mit dem treffenden Titel “Die Geschichte einer unerhörten Frau” von Hanne Hippe, ist das Porträt einer jungen Frau mit ihren zwei kleinen Kindern, die sich entschließt ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und allen Vorurteilen und Konventionen die Stirn zu bieten. Dafür sucht sie sich eine recht bigotte Stadt und Zeit aus, denn eine Frau ohne Mann darf es in den 60er Jahren nur als Witwe geben! Was nicht sein soll, das darf nicht sein, oder ab damit unter den Teppich! Es gibt ungeschriebene Regeln was sich gehört und was nicht;). Aber Gussy und auch ihre kleine Tochter Eva machen da nicht mit;)! Es ist herrlich die beiden Charaktere durchs Buch zu begleiten, in traurigen wie in guten Abschnitten. Der Schreibstil ist erfrischend locker, lebhaft und sehr unterhaltsam. Die Autorin widmet sich dem Thema „Was Frau darf, was nicht“, mit einer guten Prise Humor und zeigt dabei gekonnt den damaligen Zeitgeist auf und legt den Finger in offene Wunden. Dabei greift sie auch erstaunliche und kuriose autobiografische Details aus ihrer Familiengeschichte auf. Auch die Nachkriegszeit mit Vertreibung, Ängsten und Schrecken werden in Gussys Schicksal deutlich gemacht.

    Mein Fazit:

    Ein wirklich gelungenes Zeitporträt, zwischen 1945 und 1965, das mich komplett begeistert, teils ein wenig traurig gemacht hat. Obwohl sich seitdem viel verändert hat, gibt es immer noch viel zu viele, die voller Neid und Missgunst am Fenster hängen, voller Interesse daran was andere machen/dürfen, obwohl die Kehrwoche doch eigentlich längst abgeschafft wurde;). :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :thumleft: