Guillermo Martinez - Der Fall Alice im Wunderland / Los crimenes de Alicia

  • Kurzmeinung

    Cordi
    Eine interessante Kriminalgeschichte rund um Lewis Carrol. Keine Bestseller - aber gut.
  • Kurzmeinung

    Mystery
    Schwer verständlicher Mathekrimi, noch schwerer zu ertragen.
  • Nach den "Pythagoras-Morden" legt der argentinische Schriftsteller und Mathematiker Guillermo Martínez den zweiten Fall für den Logik-Professor Arthur Seldom und seinen jungen argentinischen Mathematik-Doktoranden vor. "Der Fall Alice im Wunderland" kreist um den berühmten Schriftsteller Lewis Carroll (1832 - 1898), dessen berühmtes Werk "Alice im Wunderland" zum Gegenstand einer erbitterten Diskussion über (nicht bewiesene) sexuelle Neigungen seines Verfassers geworden ist.


    Die ehrwürdige Oxforder Lewis-Carroll-Bruderschaft ist einer Sensation auf der Spur: Aus dem Tagebuch des weltberühmten Schöpfers von Alice im Wunderland ist eine bis dato verschollene Seite aufgetaucht, die Brisantes offenbart. Doch bevor die Bruderschaft den Fund veröffentlichen kann, geschehen mehrere Morde, die durch das literarische Universum von Lewis Carroll inspiriert zu sein scheinen. Auch in ihrem zweiten Fall müssen Logik-Professor Arthur Seldom und sein junger argentinischer Mathematik-Doktorand scharf kombinieren, um den rätselhaften Fall zu lösen.


    Das interessante Cover gibt einen kleinen Vorgeschmack auf die Geschichte. Ein schwarzer Zylinder und eine altmodische Taschenuhr wecken Assoziationen an eine längst vergangene Epoche.


    Das Geschehen wird aus der Sicht des jungen argentinischen Mathematik-Doktoranden vermittelt, dessen (angeblich) unaussprechlicher Name mit einem "G" beginnt. Alle weiteren Angaben über seine Identität bleiben bewusst im Nebel, so dass gewisse Mutmaßungen, er könne als Alter Ego des Verfassers betrachtet werden, durchaus berechtigt sind. Honi soit qui mal y pense!


    An und für sich finde ich diese in Oxford spielende intelligent konstruierte, vielschichtige Geschichte sehr interessant, aber sie hat mich einfach nicht richtig gepackt. Wahrscheinlich liegt es an dem unterkühlten britischen Stil, der an die guten alten Sherlock-Holmes-und-Doktor-Watson - Romane erinnert. Dieses Buch hält sich an eine bewährte Tradition, die in der heutigen Zeit aus der Mode gekommen ist.


    Kommen wir zum Sprecher. Er besitzt eine sehr angenehme, klare Stimme, aber seine Art des Vortrages hat mir nicht zugesagt. Für Für meinen Geschmack fehlen jegliche Emotionen, alles wird sachlich zusammengefasst, bis in das kleinste Detail hinein analysiert und aus der nüchternen Sicht eines Wissenschaftlers betrachtet, was für einen Doktoranden der Mathematik durchaus angemessen ist.


    Bei der gerechten Beurteilung dieses Werkes tue ich mich schwer. Wer ein Faible für Mathematik besitzt, klassische Whoduneit-Krimis liebt und intelligente Unterhaltung bevorzugt, die wissenschaftliche Fakten mit literarischer Fiktion mischt, wird dieses anspruchsvolle Hörbuch gewiss genießen können. Viel Vergnügen!

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Guillermo Martinez: Der Fall Alice im Wunderland“ zu „Guillermo Martinez - Der Fall Alice im Wunderland / Los crimenes de Alicia“ geändert.
  • Spannender Krimi über einen kontroversen Autor

    Was für ein faszinierendes Dreieck: Mathematiker - Fantastische Literatur - Oxford/Cambridge. Beweis? Lewis Carroll für Oxford und Alan Alexandre Milne (Puh der Bär) für Cambridge.

    Zwar nicht Mathematik sondern Sprachwissenschaftler war auch J.R.R .Tolkien, der durch sein Werk auch den Beweis erbrachte, dass exakte Wissenschaften und Elite Universität einen hervorragenden Urboden für unsterbliche Fantasy-Literatur abgeben.



    Ich war in Oxford. Zwar viel zu kurz für meinen Geschmack, aber ich habe in diesem Hörbuch die Atmosphäre dieses bezaubernden Ortes wiedergefunden. Die geschäftigen Studenten, die ehrwürdigen Professoren, teilweise in ihren Dogmen, Talaren und Dünkel erstarrt, die Debatierkreise und Gesellschaften, die sich zur Lebensaufgabe einen einzigen Autor oder Thema gemacht haben, sie sind alle da. Hinzu kommen noch Verleger, Polizei. Ach ja, die Polizei: wer Endeavor oder Inspector Lewis kennt, die „Krimi in Oxford“ Serien, wird auch hier Parallelen zwischen dem ermittelnden Inspector Petersen im Hörbuch und den Inspektoren aus den geliebten Serien finden.


    Was mir wieder einmal bewusst geworden ist: jede Epoche hat seine eigene Einstellung zur Sexualität. Wenn im alten Griechenland noch die Knabenliebe ein vollkommen öffentliches Phänomen war, sollte sich das im Christentum ändern. Im 19 Jahrhundert in England, vor allem im viktorianischen Zeitalter, hatte sich die Sexualität gewandelt. Zu keiner Zeit gab es mehr Prostituierte in England als zur Zeit Königin Victorias. Und so prüde und ehrzüchtig die ehrwürdige Gesellschaft auch tat, galten Mädchen mit 12 Jahren als voll heiratsfähig. Nackte Mädchen zu fotografieren galt nicht als anrüchig, höchstens als schwierig, sie so lange zum Stillhalten zu bringen, bis die Platte korrekt beleuchtet war. Die Eltern dieser Mädchen dachten sich nichts Böses dabei und der Fotograf meistens auch nicht. Ja, im 20. Jahrhundert trat ein erneuter Wandel ein, aber seht mal nach in den Fotoalben eurer Kindheit: ganz bestimmt liegt da irgendwo ein nacktes Baby auf dem Bärenfell. Heutzutage, im 21. Jahrhundert würden wir solche Fotos nicht mehr machen, oder wenn doch, sie niemals ins Internet setzen. Aber das zeigt auch, wie pervers die Gesellschaft geworden ist, dass Babyfotos eine Gefahr für die Babys bedeuten könnten. Doch zurück zum 19. Jahrhundert und Lewis Carroll. Er war nicht pervers, er war ein Kind seiner Zeit. Da hat der Verleger Hinch im Roman hingegen richtig Kerbholz am Stecken. Denn was er tut, ist weder unschuldig noch uneigennützig. Ganz im Gegenteil. Aber ja, auch Hinch ist ein Kind seiner Zeit, oder eben unserer Zeit.


    Das Ende ist unerwartet, aber was macht einen guten Krimi aus? Eben die unerwartete Auflösung, der Mörder ist wieder einmal nicht der Gärtner, und in diesem Fall ist auch der Täter der drei Morde und des Mordversuches an Kristin nicht der gleiche. Schade auch, dass der argentinische Student am Ende so abrupt zurück nach Argentinien aufbrechen muss. Aber manche Herren der ehrenwerten High Society sind eben nicht ganz so ehrenwert, wie sie sich gerne geben. Und bevor G., der junge Doktorand ebenfalls in einen Unfall mit tödlichem Ausgang verwickelt wird, muss er fluchtartig das Vereinigte Königreich verlassen. Schade eigentlich.


    Denn ich habe nachgesehen: Dies ist nicht die erste kriminalistische Zusammenarbeit zwischen Professor Arthur Seldom und dem jungen Doktoranden in Oxford. Schon vor einigen Jahren erschien das Buch „Die Oxford Morde“, „Der Fall Alice im Wunderland“ war also die zweite gelungene Kooperation. Ob Martinez wohl doch noch ein drittes Buch plant? Wenn nicht in Oxford, dann vielleicht tatsächlich irgendwo in der Welt auf einem gemeinsam besuchten Kongress oder Tagung. Uns, die Leser und Hörer würde es freuen.


    Ein paar Worte noch zu Sascha Tschorn: Er hat eine angenehme, tiefe Stimme. Sein Vorlese-Stil ist zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, weil fast eintönig und mit wenig Modulationen. Doch sobald Dialoge auftauchen, vermag er jeder Person im Detail einen eigenen stimmlichen Charakter zu verleihen und das Eintönig-Einschläfernde verschwindet vollkommen, der Hörer ist ihm nun mit Haut und Haaren verfallen.