A. L. Kahnau - Juli im Winter

  • Juli im Winter - A. L. Kahnau


    Books on Demand

    280 Seiten

    Jugendbuch

    Einzelband

    08. Dezember 2017


    Inhalt:


    „Du bist deines eigenen Glückes Schmied.“

    In diesem Glauben wurde Juli großgezogen und dementsprechend selbstbewusst geht sie durch die Welt.

    Juli ist klug, charmant und beliebt.

    Als eine neue Mitschülerin in ihre Klasse kommt, ahnt sie nicht, dass diese ihr sehr bald zeigen wird, wie falsch sie lag.

    Julis Leben gleicht plötzlich einem Sturzflug, dessen Ausgang ungewiss ist.


    Hinweis der Autorin: Dieses Buch dreht sich vorrangig um das Thema Mobbing. Daher spreche ich lieber eine Warnung für all diejenigen aus, die dieses Thema persönlich betrifft. Es könnte euch eventuell emotional sehr mitnehmen.


    Meinung:


    Es gibt im Leben nicht viele Bücher, die wichtig sind.

    Also, so richtig wichtig. Nicht im Sinne von lebensverändernd, aber doch tiefgreifend.

    Bücher, die unter die Haut gehen und an verborgenen Ängsten rütteln. Bücher, die die Unzulänglichkeit der Menschheit aufzeigen, die anklagen ohne anklagend zu sein. Bücher, die verändern wollen.

    Juli im Winter ist so ein Buch.


    Bevor ich euch sage, warum mich diese Geschichte so berührt, müsst ihr wissen, dass ich die Thematik zu Genüge kenne.

    Das Mobbing. Das höhnische Lachen. Das falsche Lächeln.

    Das Urteilen von Anderen, ohne den Lebensweg zu kennen. Und auch ich bin nicht frei von Vorurteilen.

    Habe bereits selbst bewusst und unbewusst gemobbt.

    Leider gehört das zum Menschsein dazu. Das Einzige, was man tun kann, ist stetig an sich arbeiten. Lernen nicht wegzusehen. Vor allem im Schulbereich.


    Nach einer großen Tragödie braucht Julia, genannt Juli, einen Neuanfang.

    An ihrer neuen Schule, einem Internat, sind alle tolerant, aufgeschlossen, liebenswert. Mobbing hat dort keinen Platz.

    Juli engagiert sich als Streitschlichterin, geht mit offenem Blick durch die Welt, weil sie weiß, wie grausam Menschen in ihrem Alter sein können. Mit ihrer besten Freundin Monia lebt sie ein ganz normales Schülerleben.

    Bis Nessa auftaucht und ihre Umgebung systematisch in ihre Einzelteile zerlegt.


    Den Schreibstil der Autorin kannte ich bereits aus ihren anderen Geschichten.

    Frau Kahnau verarbeitet stets brisante Themen.

    Mit enormem Fingerspitzengefühl. Unaufdringlich. Leicht und trotzdem mit diesem gewissen Know-How, das diverse Situationen mit sich bringen. Die Seiten fliegen nur so dahin. Obwohl man mit der Protagonistin mitleidet.

    Obwohl man am liebsten selbst an ihre Stelle treten und bestimmten Charakteren in die arroganten Gesichter spucken möchte. Oder vielleicht fließt die Handlung deshalb so schnell dahin, eben weil man mitten drin ist.


    Ich konnte Julis Empfindungen verdammt gut nachvollziehen.

    Wenn man gemobbt wird, vor allem auf so hinterhältige, gewalttätige Weise - egal ob emotional oder körperlich - und man keinen Ausweg aus der Situation findet, dann hilft das Eingreifen von Außen oft nicht.

    Es macht alles nur schlimmer. Manchmal wollte ich Juli einfach in den Arm nehmen und sagen „I feel you“.

    So authentisch. So aufwühlend.


    Aber es gibt immer zwei Seiten einer Medaille.

    Der erste Eindruck täuscht oft. Man kann den Menschen nicht in die Köpfe schauen.

    Und auch diese Tatsachen wurden von der Autorin mit in die Geschichte eingebaut. Bei Klassenschwarm Alex zum Beispiel.

    Oder Hobbyfotograf Leon. Selbst Antagonistin Nessa hat Gründe für ihr Tun.

    Deshalb fällt es auch schwer die einzelnen Szenen zu beurteilen, wenn man das Ganze nicht kennt.


    Julis Leben wird durcheinander gewirbelt. Und dennoch bleibt sie stark.

    Beim Lesen solcher Bücher kann ich nicht von Spannung sprechen.

    Eher von einer Neugier, die einen vorantreibt.

    Besonders bei einem Thema, von dem man selbst betroffen war.


    Fazit:


    „Juli im Winter“ ist einer dieser wortstarken Romane, die an Schulen gelesen werden müssten.

    Die Autorin verpackt das Thema Mobbing authentisch und atmosphärisch ansprechend, sodass man die ganze Zeit voll in den Gefühlen der Protagonistin aufgehen kann.

    Die Geschichte piesackt, zwickt dort, wo es weh tut, aber immer nur in kleinen Schritten, so viel, dass man denkt, es geht irgendwann wieder weg. Ähnlich wie das bei seelischen Grausamkeiten der Fall ist.

    Aber die blauen Flecke, die dabei entstehen, brauchen Ruhe, um zu heilen.

    Ein grandioses Buch.


    Bewertung:


    ⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️ (5/5)