A. C. Benson - Berührungen der Nacht

  • Horror- und Dark-Fantasy-Romane waren nicht immer selbstverständliches Genre der Bücherwelt, inzwischen aber hat sich die fantastische Literatur hat sich fest etabliert. Die Fantastikgemeinde verdankt vieles den Autoren der Vergangenheit wie z.B. E.A.Poe. Aber auch die englische Geistergeschichte gehört zu den Vorläufern. Die "Berührungen der Nacht" stellen englische Geistergeschichten in der Tradition von M.R. James vor, geboren 1862, Dekan von Eton, aufklärerischer Agnostiker, der sich wegen seiner erkenntnistheoretischen Interessen in seiner Freizeit gruselige Geschichten schrieb. Er ging dabei distanzierter zu Werke als sein 30 Jahre jüngerer Kollege Lovecraft, der bei allem Materialismus dem Mystischen zuneigte.


    Wer die treu-britische Variante der Geistergeschichte kennenlernen will, eine der Grundlagen der heutigen Horror-Welt, hält mit den "Berührungen" eine übersichtliche Zusammenstellung in den Händen. die Vorbemerkungen enthalten kluge Versuche, die Entstehung der englischen Geistergeschichte sozio-psychologisch einzuordnen. Der Herausgeber sieht einen Zusammenhang mit dem harten Imperialismus Großbritanniens: Die Weltherrschaft verlangte - auch innerlich - eine Disziplin des Denkens und Fühlens, die die Untaten der kolonialen Zeit vergessen machen sollte. Aber im Herzen spürten viele Menschen eine namenlose Unrast und Bedrohung, sozusagen als Wiederkehr des offiziell Verdrängten.


    Die Auswahl der kurzen Geistergeschichten beginnt mit M.R.James und seiner "Gang" und endet mit jüngeren Autoren. Bei L.T.C. Rolt (gestorben 1974) fallen moderne Ausprägungen der Gattung auf. Anstelle der bevorzugten Kirchen und Bibliotheken treten aufgegebene Minen und stillgelegte Fabriken als Schauplätze des Horrors auf. Das Milieu freilich bleibt die obere Mittelklasse: Man kann eben Latein und hat eben Bedienstete.


    Gut gefallen haben mit Vorwort und Nachwort, eine verständliche Verortung der Geistergeschichte. Sehr angetan war ich von allen Geschichten, die flott erzählt werden, um Namen zu nennen: Swain (Familie Richpin), Cowles (Das Haus der Tänzerin) und Irwin (Das Buch). Je weiter die Verfasser von James abrücken, desto psychologisch fassbarer wird der Text. Persönlich ist mein Favorit "Die Tänzerin", gewiss auch, weil Erotik hier mitschwingt, aber ebenso aus dem Grund, dass hier keine dunklen oder höllischen Wesen aktiv sind, sondern das Finale vollzieht sich durch und in der Zombie-Gestalt der Frau. Wer Horror-Unterhaltung sucht, sollte nicht zu diesem Buch greifen. Wer sich für die Geschichte des Genres interessiert, wird viel Gutes finden.

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Scheck und Hauser - Berührungen der Nacht“ zu „A. C. Benson - Berührungen der Nacht“ geändert.
  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat das Label Fantasy-Abenteuer hinzugefügt.