Marie Sanders - Schicksalswende

  • Rückkehr nach St. Peter

    1955 Hamburg. Annis Privatleben ist ein Scherbenhaufen, sie flieht mit ihrer Tochter vor ihrem Mann nach Hamburg und landet einige Zeit später wieder in heimatlichen St. Peter im elterlichen Hotel „Seeperle“. In St. Peter trifft sie auch endlich wieder auf ihre Freundinnen, die Lehrerin Edith und Helena. Als Ärztin lässt Helena nicht nach in ihrem Engagement, schwangeren Frauen einen Weg aus ihrer ausweglosen Situation zu zeigen und bewegt sich dabei auf sehr gefährlichem Terrain. Derweil kämpft Edith für mehr Frauenrechte und lässt sich auf eine Ehe ein, die ihr und ihrem Mann Sicherheit verspricht. Auch Rena hatte in Wien mit ihrer Ehe kein Glück und läuft ihrem gewalttätigen Ehemann davon, weil sie die ständigen Schläge und Misshandlungen nicht mehr ertragen kann. Anni hat alle Hände voll zu tun, die „Seeperle“ auf Kurs zu halten und muss mit ihren Freundinnen so manche Schlacht schlagen…


    Marie Sanders hat mit „Schicksalswende“ den zweiten Band ihrer historischen Zeitenwende-Trilogie vorgelegt, der nahtlos an den ersten Teil anknüpft, so dass es dem Leser leicht fällt, sich sofort wieder im Nordseeküstenstädtchen St. Peter zwischen den Freundinnen niederzulassen und ihre einzelnen Schicksale mitzuverfolgen. Der einladend flüssige Schreibstil lässt den Leser vor allem Anni folgen, denn die Autorin hat durch die Form des Ich-Erzähltons eine besondere Nähe geschaffen, die es erlaubt, ihre Gedanken- und Gefühlswelt während des Handlungszeitraumes gut nachzuverfolgen. Die Autorin setzt mit ihren Protagonistinnen die 50er Jahre gut in Szene und lässt den Leser teilhaben an der Entwicklung des Hotels und das sich immer weiter entwickelnde Selbstbewusstsein der Frauen, dem sich die damalige gesellschaftliche Ordnung immer noch entgegen stellt und den Männern mehr Sprachrecht einräumt. Die Vielfalt der behandelten Themen setzt sich auch in diesem Band fort, neben illegalen Schwangerschaftsabbrüchen, Kampf um Frauenrechte und Misshandlungen in der Ehe geht es diesmal zusätzlich um Homosexualität. Die Landschaftsbeschreibungen sind farbenfroh dargestellt und lassen bei der Lektüre ein wenig Küstenzauber herüberwehen. Der Spannungsbogen allerdings ist nur mäßig angelegt und auch die Handlung selbst kratzt durchweg nur an der Oberfläche.


    Die Charaktere sind glaubwürdig mit menschlichen Ecken und Kanten inszeniert. Der Leser kann seine Sympathien gerecht verteilen und folgt ihnen unsichtbar bei ihrem Tun. Anni hat aus ihren Fehlern gelernt und zieht die Konsequenzen. Die Rückkehr in die „Seeperle“ ist gleichzeitig eine Rückkehr zu ihren ehemaligen Zielen, die sie nun mit aller Kraft angeht. Helena ist eine verantwortungsbewusste und mitfühlende Seele, die sich mit ihrer Hilfsbereitschaft in Teufels Küche bringt. Rena musste durch eine harte Schule, um endlich den Mut zu finden, ihr Leben in die Hand zu nehmen. Edith ist eine Kämpfernatur, der man so manches gar nicht zutrauen würde und von ihr überrascht wird. Weitere Nebendarsteller bringen einigen Wind in die Geschichte und machen sie recht kurzweilig.


    „Schicksalswende“ ist ein durchweg unterhaltsamer historisch angehauchter Roman über Freundinnen, die durch so manche persönliche Tragödie müssen und sich dabei gemeinsam auf ihrem jeweiligen Lebensweg unterstützen. Auch wenn die Geschichte an Tiefgang vermissen lässt, beschert sie nette kurzweilige Lesestunden.


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    Albert Einstein


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