Benjamin Quaderer - Für immer die Alpen

  • Kurzmeinung

    kleinschorschi
    kein leichter, aber dennoch guter Roman
  • Kurzmeinung

    Abroxas
    Grandioses Debüt voller Erzähllust und Experimentierfreude
  • Kurzmeinung

    mapefue
    Hochklassige Literatur,Fulminant, spannend, tragisch und komisch zugleich
  • Daten aus Liechtenstein brachten im Jahr 2008 den bis dahin größten Steuerhinterziehungsskandal der Bundesrepublik ans Licht. Jetzt gibt es einen Roman über den Informanten von damals – der Schriftsteller Benjamin Quaderer erzählt in seinem Debütroman Für immer die Alpen die halsbrecherische Geschichte eines Datendiebes aus dem Fürstentum. Auf historischer Grundlage: Diesen Dieb hat es tatsächlich gegeben. Ein Porträt eines Hochstaplers, der die Gesellschaft spiegelt, die er betrügt.


    Ein tollkühner Roman über die Macht des Geldes und die Macht des Erzählens.


    Verlagsinformation (Luchterhand) /Klappentext

    Staatsfeind Nummer 1 zu sein ist nicht leicht. Das gilt auch dann, wenn dieser Staat einer der kleinsten der Erde ist: das Fürstentum Liechtenstein. Johann Kaiser, Sohn eines Fotografen, Weltenbummler, Meister der Manipulation, lebt unter falschem Namen an einem unbekannten Ort. Mit dem Verkauf gestohlener Kundendaten einer großen Bank hat er so gut verdient, dass es sich unbesorgt leben ließe – wären da nicht die Verleumdungen aus seiner Heimat, die aus ihm einen Verräter machen wollen. Im Versuch, die Deutungshoheit über sein Leben zurückzuerlangen, greift Johann zu Stift und Papier.

    Es sind die fiktiven Aufzeichnungen eines aberwitzigen Lebens: von einem Kinderheim in Schaan über eine Eliteschule in Barcelona bis in ein Verlies in Argentinien – die Geschichte von Johannes Suche nach sich selbst.

    Diese Geschichte erzählt von Erpressung, Geldwäsche und Größenwahn. Und erzählt davon, wie Johann eines Tages dieses Land in den Alpen für immer verlassen muss, ohne ihm je zu entkommen.


    Benjamin Quaderer geboren 1989 in Feldkirch, Österreich, in Liechtenstein aufgewachsen, studierte Literarisches Schreiben in Wien und Hildesheim. Mittlerweile lebt der Schriftsteller in Berlin.

    Schon während seines Studiums wusste Benjamin Quaderer, dass er gern etwas über Liechtenstein schreiben würde, und hatte auch verschiedene Versuche unternommen. Doch erst mit der Figur des Datendiebs sei der Moment gekommen, in dem er sicher war, auf der richtigen Spur zu sein.


    An seinem Erstlingswerk Für immer die Alpen hat der Nendler (LIE) Autor Benjamin Quaderers fünf Jahre gearbeitet. Darin hat er mit viel Liebe zum Detail und tiefgreifenden Recherchen das Gefühlsleben wie auch die Lebensumstände des Datendiebs Johann Kaiser – angelehnt an die Geschichte Heinrich Kiebers - aufgearbeitet.

    Seine Romanfigur basiere daher in gewissen Beziehungen auf der tatsächlich existierenden Person Heinrich Kieber, aber es handelt nicht von Heinrich Kiebers Leben, sondern von Johann Kaisers Leben, den Protagonisten in Für immer die Alpen. Unverkennbar sind einige Gemeinsamkeiten zwischen Johann Kaiser und Kieber, sofern man sich mit dessen aufregenden und spannenden Lebensgeschichte befasst hat (er habe Daten bei der dem Liechtensteiner Fürsten gehörenden drei Buchstaben-Bank gestohlen und im Jahr 2008 dem Bundesnachrichtendienst verkauft; es besteht immer noch ein aufrechter Haftbefehl der Liechtensteiner Justiz). Das führte unter anderem zur Verhaftung des deutschen Postchefs Klaus Zumwinkel.; es sind die Unterschiede, die überwiegen: Heinrich Kieber gibt es wirklich. Johann Kaiser ist eine literarische Figur. Für immer die Alpen ist ein Roman und kein Sachbuch.


    Für immer die Alpen ist ein mehrdimensional, über weite Teile des 585-seitigen Romans Johann Kaiser als Ich-Erzähler, fasziniert Quaderer mit der Darlegung des Mikrokosmos des kleinen Liechtenstein: Vom Fürstenhaus über die Sportvereine bis hin zu den Stammtischen der Beizen im Land - jede und jeder scheint eine Geschichte mit ihm (Kieber) zu haben.

    Es sind diese Sätze Quaderers, die die literarische Qualität belegen: „Ein Satz je schöner, desto mehr Wahrheit er enthält.“ „Es war eine Spezialform des Magnetismus, die ihre Beziehung bestimmte.“ „…im Angesicht einer Zeichnung, die eine Dose zeigte, fand ich (Johann) zu mir selbst.“

    Johann, der Sancho Panza des Liechtenstein. Bei dem Großen, dem Dicken und dem Dünnen, Männer der Finanzelite Liechtensteins, kommen mir „The Good, the Bad and the Ugly” Sergio Leone, 1966) in den Sinn. In diesem Moment wurde eine epochale überwältigende Idee geboren.


    Selbst die Fußnoten haben es in sich und sind lesenswert: „Der Zwergenstaat (LIE) am Rande der Alpen, umringt von der Schweiz und Österreich, ist das verschwiegenste Steuerparadies in Europa. Das kleine Land ist eine Festung, ein Hochsicherheitstrakt für die vom Fiskus verfolgten, die ehrbaren und die anderen. Kein anderer Staat in Europa hat so viele Briefkästen-Adressen, die nicht erkennen lassen, wer in Wahrheit die Post abholt.“ (Die Stifter im Dunklen aus DER SPIEGEL v. 15.12.1997, Bölke/Scheiber).

    Quaderer beschreibt die Digitalisierung der Stiftungsdokumente mit chirurgischer Präzision, bezeichnen sich doch die Mitarbeiter als Mediziner und ihre Kunden als Patienten.

    Der (ein) Kriminalpsychologe attestiert den brillant formulierten Passagen (Johanns Brief an Fürst Hans-Adam II.) soviel Tragik wie Komik. Der Briefschreiber sein ein außergewöhnlicher Mensch. Sympathie oder Ablehnung des Helden von B. Quaderer?

    Fürstliche Entlohnung vom BND für die Übergabe der deutschen Kundenmandate, „fürstlich“ - welch Ironie.


    Quaderers Für immer die Alpen erfordert eine ambitionierte und aufgeschlossene Leserschaft, die sich gern auf Neues einlässt, was Stil und Format betrifft. Ein Stück deutsche Zeitgeschichte, literarisch brillant umgesetzt. Ein epochaler Finanzskandal, die einen werden sich daran erinnern, die anderen werden erst überrascht, dann fasziniert sein.


    Cover

    Erstellt nach einer Illustration von Ruth Botzenhardt, die stilisiert das Schloss Liechtenstein in Vaduz darstellt, in dem Fürst Hans-Adam II. residiert.


    Literaturtipps

    Der Fürst. Der Dieb. Die Daten

    Tatsachenbericht von Heinrich Klieber, 2009, pdf-Edition.
    Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste

    Autor: Sigvard Wohlwend

    ISBN: 978-3867891455

    Herausgeber: Rotbuch Verlag; 1. Auflage (12. Oktober 2011)

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  • Im Grunde kann ich mich der Rezension von mapefue anschließen.

    Der Roman gefiel mir gut, er ist humorig, lakonisch und anfangs liest er sich flüssig. In der 2. Hälfte wird es mit dem Lesen etwas schwieriger - die ellenlangen Fußnoten, manche über Seiten, stören doch den Lesefluss, auch wenn sie selbst ebenfalls lesenswert sind. Schwierig ist auch die Passage, bei der auf der linken Seite in rot ein Kriminalpsychologe den Protagonisen Johann Kaiser analysiert und auf der rechten Seite in schwarz Johann Kaiser selbst sein Leben lebt. Unterhaltsam, mit wenigen Längen, ist der Roman aber doch.

  • Rauriser Literaturpreis 2021 geht an Benjamin Quaderer


    Salzburg – Der mit 10.000 Euro dotierte Rauriser Literaturpreis 2021 geht an den aus Liechtenstein stammenden Autor Benjamin Quaderer für sein Romandebüt "Für immer die Alpen". Das gab Kulturreferent LHStv. Heinrich Schellhorn (Grüne) am Mittwoch bei einer Online-Pressekonferenz anlässlich der Präsentation der Pläne für die diesjährigen Rauriser Literaturtage bekannt.


    Der Rauriser Literaturpreis ist mit 10.000 Euro dotiert und wird vom Land Salzburg vergeben. Die 50. Auflage des Literaturfestivals soll vom 7. bis 11. April – je nach Coronasituation – vor Publikum, als Hybrid oder gänzlich im Internet über die Bühne gehen.


    "Ebenso unterhaltsam wie literarisch ambitioniert"


    Die Jury lobte das Romandebüt "Für immer die Alpen" von Benjamin Quaderer als "ebenso unterhaltsam wie tiefsinnig und literarisch ambitioniert". Der 31-jährige Autor zeichne ein "mutiges Porträt voller kritischer Schärfe seiner Heimat Liechtenstein. Das Debüt zeugt von großer literarischer Reife. Es ist ein Wurf", heißt es in der Begründung.


    Quelle: "Der Standard.at" vom 18.02.2021

  • Johan Kaiser, Sohn eines Amateur-Fotografen und einer Spanierin, wird am 31. März 1965 in Vaduz, Lichtenstein, geboren. Er durchlebt eine nicht so schöne Kindheit, irgendwann wird er, zusammen mit seinen Zwillingsschwestern „ausgesetzt. Sie landen in einem Kinderheim in Schaan. Unter diesen Umständen macht er die Bekanntschaft mit Fürstin Gina.


    Irgendwann verlässt er in einer Nacht und Nebelaktion Lichtenstein macht er sich auf die Suche nach seiner Mutter. Sein Ziel ist Barcelona. Dort angekommen gibt er sich als Johan „Hilti“, Sohn des namhaften Bohrmaschinenherstellers, aus und landet auf einer Eliteschule. Doch das sollte nicht die letzte Station in seinem Leben sein. Zur Feier seines Geburtstages wurde er nach Argentinien eingeladen, was sich aber als Hinterlist herausstellte. Er landet in einem Wasserturm, wo er gefoltert wurde.


    Er merkt, dass er es als Staatsfeind nicht einfach hat. Denn er wendet sich gleich zu Beginn des Buches mit den Worten: "Denn diese Geschichte, meine Geschichte, ist alles, was mir geblieben ist, um mich gegen diejenigen zu verteidigen, die mich tot sehen wollen.", an die Leser diesen Romans. Mittlerweile lebt er unter neuem Namen in einem Zeugenschutzprogramm an einem unbekannten Ort.




    Fazit/Meinung:


    Das Buch um und über Johan Kaiser beginnt in der Gegenwart und wird dann in der Ich-Form von ihm selbst erzählt. Es ist in 14 einzelne Bücher unterteilt, immer mit einem Jahreszeitraum versehen, um den es sich gerade dreht, und in ein letztes Buch.


    Ich bin gut ins Buch reingekommen, es ist sehr flüssig und spannend, geschrieben. Alles das, was wichtig ist, erfährt man. Auch dank den Fußnoten und Anmerkungen des Autors. Dann gibt es hier und da mal geschwärzte Notizen, was dem Leser etwas mehr Aufmerksamkeit verleiht, da man sich mehr darauf konzentrieren muss, was einem der Autor damit sagen, bzw. verschweigen will.


    Kein leichter, aber trotzdem ein guter Roman, der dem Autor in seinem Debüt sehr gut gelungen ist.


    Lesenswert und aufschlussreich