Arne M. Boehler - Das Weinen der Kinder (ab 21.09.2019) (mit Autor)

  • Es ist sehr interessant, zu sehen, wie unterschiedlich verschiedene LeserInnen Dinge aufnehmen und bewerten. Spannend!


    Bei allen, die schon durch sind, bedanke ich mich für die sehr faire Kritik (und natürlich auch das eine oder andere Lob).

  • Kapitel 12

    Das Kapitel beginnt erneut mit einer Kindheitserinnerung: Die Stiefmutter des Erzählers will das Kind in ein entferntes Internat "abschieben". Der Vater ist zwar erst dagegen, lässt sich aber durch Sex überzeugen.

    Dieser Umgang mit dem Kind ist einfach nur grausam, zumal seine Gefühle vollkommen außer acht gelassen werden. Es hat nicht einmal die Möglichkeit, sich zu äußern.

    Anke hat sich derweil wohl umentschieden, denn entgegen vorheriger Aussagen, schlägt sie Remigius nun eine Zusammenarbeit mit Niels vor und verteidigt diese inbrünstig. Das scheint auch notwendig, denn Remigius ist pleite und das Museum sollte wohl die Rettung seiner Finanzen sein. Fragwürdig, warum er dieses wichtige Projekt dann mit aller Verantwortung und allen Privilegien Zachy überlassen hat, ohne mal nachzufragen. Auch Yvonne scheint ihre Finger im Spiel gehabt zu haben, denn diese hatte sich auch für das Museumsprojekt ausgesprochen. Ist sie in das Verschwinden des Geldes verstrickt? Zachy hat wohl nicht nur das bereitgestellte Geld genommen, sondern zusätzlich auch Kredite aufgenommen, sodass das Projekt ein Schuldenhaufen ist.

    Remigius ist zwar wegen seiner Nichte Freya nicht gut auf Niels zu sprechen. Scheinbar haben die beiden früher unachtsam ein Kind gezeugt, woraufhin die damals 16-Jährige dieses abtrieb und nun keine Kinder mehr bekommen kann.

    Doch Anke kann ihn doch noch überzeugen und scheint sogar bereit, Niels zum Malen zu verführen. Mit dieser Art sammelt Anke bei mir gerade keine Pluspunkte, weil sie nie zu dem steht, was sie sagt und das zudem zur Manipulation nutzt.

    Kapitel 13

    Anke und Jakob sind vertrautet miteinander und auf dem Weg zum neuen Museum. Vor dem Eingang treffen sie auf einen jungen Künstler (Manuel Steinbrecher), der gern seine Werke ausstellen möchte, doch Anke weist ihn ab. Sie versucht dabei einfühlend zu sein, wirkt auf mich aber wegen ihrer abwertenden Gedanken eher herzlos.

    Sie setzen ihren ihren Weg in das Museum fort, dass jetzt eine Ausstellung beinhaltet. Jakob betont dabei erneut, wie wenig Ahnung er von Kunst hat. Anke versucht ihn dennoch zu überzeugen und führt ihn zu den Bildern von Niels unter dem Thema "Das Weinen der Kinder". Scheinbar hat sich Niels entschieden, die wiederentdeckten (?) Bilder doch auszustellen und jetzt sogar stolz darauf zu sein.

    Das Herzstück der Ausstellung stellt sich als ein Portrait von Jakobs lang verstorbener Tochter Anna heraus. Ich bin gespannt, was wir nun über deren Verschwinden erfahren. Versteckt sich auch ein Portrait von Lydia unter den Bildern? Hat jemand die Kinder entführt und festgehalten um damit ein perverses Kunstprojekt umzusetzen?

    Die Schilderung des Mädchenportraits gefiel mir übrigens ausgenommen gut. Die Atmosphäre war regelrecht spürbar.



    Damit bin ich mit Abschnitt 1 durch und werde wohl wegen des allgemeinen Lesetempos hier ab jetzt durchlesen.

  • Bis einschließlich Kapitel 19

    (Ich werde nicht die komplette Handlungen der Kapitel widergeben)


    Pro und Kontra

    + Der fluffig lesende Schreibstil wird beibehalten. Es liest sich leicht und ohne Mühe.

    - Ich selbst empfinde die vielen Handlungsstränge etwas mächtig.


    Kapitel 19, Seite 141

    Zitat

    Sie schlug die Tür so heftig hinter sich zu, dass vor Schreck der Beamer erlosch.

    Ernsthaft? :-k

  • Schade, dass du das Buch so schrecklich fandest

    Und genau das habe ich mit meiner Kritik nicht ausdrücken wollen. Ich habe mit keiner Silbe behauptet, dass ich das Buch schrecklich fand, wie du sagst. Ich habe lediglich festgestellt, dass das Buch meinen Geschmack nicht trifft und versucht, euch das nahezubringen. Damit sage ich nicht, dass deine Geschichte selbst schlecht ist. Geschmäcker sind nunmal verschieden und einem anderen Leser gefällt das Buch vielleicht sehr gut. Nur mich konnte es eben nicht überzeugen. Das ist nur meine persönliche Meinung gewesen.

    "Das Weinen der Kinder" ist kein Sachbuch über Suchterkrankungen, sondern pure Fiktion, die unterhalten soll.

    Das ist mir schon klar. Dennoch finde ich die Thematik in der heutigen Gesellschaft ziemlich schwierig, wo dank Facebook und Instagram oft wenig Wert auf wirkliche Fakten, als viel mehr auf Fiktion gelegt wird.

    Deswegen ist mir das irgendwie aufgestoßen.

    Was mich etwas gewundert hat, Arne M. Boehler ist die Fixierung von Anke im Krankenhaus nach ihrem üblen Rückfall. So weit ich weiß, geht das nur mit einer richterlichen Anordnung :-k .

    ...Und nachdem, was ich so über die anderen Meinungen zu dem Buch lesen konnte, hat mich das nochmal darin bestärkt, dass es die richtige Entscheidung von mir war, das Buch abzubrechen. Denn eine Diskussion über Fixierungen möchte ich nicht auch noch vom Zaun brechen, nachdem ich hier schon das Buch so kritisiert habe...:-#

    Unter dem Fell einer Katze

    lebt eine der freiesten Seelen der Welt.

    (Claudine Delville)

  • bis Ende des Buches


    Beendet und ich bin zwiegespalten. Der Schreibstil hat mir bis zum Ende hin gefallen. Er ist angenehm zu lesen und endlich wurde auch der dritte Teil spannend.

    Den Bruch zwischen zweiten und dritten Teil im Spannungsverlauf fand ich heftig. Langsam ansteigender hätte ich besser empfunden. Jetzt ging es richtig flott und war auch gut zu lesen. Auf den Täter wäre ich nicht unbedingt kommen, dafürHut ab.

    Schön fand ich wie Smoke, dass Charlie und Wigald nun miteinander klar kommen.

    Auch das sich alle offenen Fäden zusammengefügt haben finde ich positiv. Insgesamt ist alles schlüssig und passt zusammen.

    Lediglich die Fixierung im Krankenhaus ohne Gerichtsbeschluss ist Humbug und hätte ein Verfahren nach sich gezogen. Das muss ich kritisieren und an den Haaren herbeigezogen. Sorry. Oder hast du den Kniff gemacht, damit Martin, der Kotzbrocken, nochmal auftauchen konnte?


    Vielen Dank für die Leserunde und ich werde nich die Eindrücke der anderen verfolgen.

    Liebe Grüße von der buechereule :winken:


    Im Lesesessel


    Kein Schiff trägt uns besser in ferne Länder als ein Buch!
    (Emily Dickinson)



    2024: 010/03.045 SuB: 4.302

    (P/E/H: 2.267/1.957/78)

  • Kapitel 14 bis 21

    Unerwarteterweise bekommt Zachy noch mal eine Szene, in der sich bestätigt, dass er das Geld absichtlich veruntreut hat. Viel interessanter finde ich aber den namenslosen Charakter "Baby". Vielleicht der Inhaber des roten Nissan? Warum ist es eine "gefährliche Liebschaft"?


    Ankes Vernissage ist erst einmal ein Erfolg, trotz Niels' peinlichem Auftritt, der für eine Kunstperformance gehalten wird. Jedenfalls werden am folgenden Tag Niels' Erwartungen an den "Deal" enttäuscht, als Anke seine sexuellen Avancen abweist. Dass Anke so häufig Menschen manipuliert, stößt mir bitter auf, auch wenn ich keine Sympathie für Niels finde.


    Es stellt sich heraus - als wir eine Szene aus Sicht des Mörders lesen - dass Anke das eigentliche Ziel des Mordanschlags auf Yvonne war. Scheinbar hat sie sich früher einmal als Yvonne ausgegeben oder zumindest ihren Namen verwendet. Wundern würde mich das bei all den Lügengeschichten nicht. Jedenfalls kennt der Mörder nun ihre richtige Identität aus der Zeitung. Auch scheint es, als sei er der wahre Maler der weinenden Kinder..? Für mich liegt die Vermutung nahe, dass er die Bilder gestohlen und das Museum verwüstet hat. Schließlich ist die hinterlassene Nachricht an Yvonne gerichtet und der Mörder bezeichnet Anke weiterhin als Yvonne. Wer auch immer es war, er hatte scheinbar Zugang zum Schloss.

    Da ich noch "Baby" im Hinterkopf habe und der Ort des Museums Zachys Idee war, könnte da ein Zusammenhang bestehen?


    Nun ermittelt auch die Polizei, nachdem man sich scheinbar eine Weile auf der Festnahme des Obdachlosen ausgeruht hat. Ein bisschen befremdlich wirkt auf mich in Ermittlungsszenen dieser Art immer, dass eine Handvoll Menschen nur diesen einen Fall bearbeiten können. Klar könnte man argumentieren, dass es in einer ländlichen Gegend nicht besonders viele Kriminaldelikte gibt, aber was haben die dann die letzten Wochen gemacht?

    Jedenfalls rückt Anke in den Fokus der Ermittlungen, da sie für Yvonnes Ermordung kein Alibi hat und das Hotel mehrere Stunden verlassen hat. Da sie sich nicht erinnern kann, hat sie tatsächlich wieder getrunken? Das sie tatsächlich Yvonne ermordet hat, scheint vor dem Hintergrund der Einblicke in die Gedanken des Mörders unwahrscheinlich.


    Auch Jakob nimmt die Ermittlungen auf und ist entschlossen, den Unfall seiner Tochter Anna aufzuklären.

  • Kapitel 22 bis 25

    Mara wird scheinbar in der Schule gemobbt. Auch gibt es Andeutungen, dass sie einen Sprachfehler und Essstörungen hat, was ja schon in den Anfangskapiteln aufkam. Warum das so ist, kann ich aber aktuell nicht erkennen. In der neuen Schule ist sie ja höchstens ein paar Wochen und die Probleme hatte sie offenbar bereits davor. Ich bin nicht sicher, ob dem Buch genug Zeit bleibt, das ausreichend zu erörtern. Wenn nicht, empfinde ich die Hinweise als unnötig.


    Ich muss leider sagen, dass mein Lesevergnügen nachlässt. Ich versuche das so gut ich kann zu begründen.


    Zum einen ist es mir bisher nicht gelungen, mich mit irgendeinem der Charaktere emotional verbunden zu fühlen. Ihre Motive sind für mich nur schwer durchschaubar. Dabei haben einige der o.g. Kapitel es nach meinem Empfinden nötig, dass man mit Charakteren mitfühlt, insbesondere mit Mara und Anke.

    Im Falle von Mara habe ich das Gefühl, ich soll sie als schützenswert empfinden, (nur) weil sie ein Kind ist. Dabei weiß ich nicht wirklich mehr als das von ihr. Sie ist quirrlig, naiv und hängt aus mir unbekannten Gründen stark an ihrer Mutter. Mir fehlt etwas, um sie als Mensch wahrzunehmen.

    Bei Anke habe ich etwas mehr Eindrücke von ihrem Charakter gewinnen können, weswegen es mir leichter fällt. Leider neigt sie so zur Manipulation, gerade von Männern, dass ich keine Sympathie empfinden kann. So kommt es, dass ich mich in der Vernehmungssituation mit keiner der beiden Seiten identifiziere und die Szene sehr distanziert betrachte. Darunter leidet leider die Spannung.


    Es gibt u.a. eine Unterhaltung zwischen "Rosi" und Jakob, die mich gestört hat. Rosi wird aus der Sichtweise von Jakob als unfähig und dumm dargestellt. Davon bekomme ich als Leser mit, dass Rosi Redewendungen unsicher verwendet und noch unerfahren im Beruf ist. Das ist aus meiner Sicht nichts, was Jakobs Eindruck bestätigt, sondern ihn eher als arrogantes Arschloch charakterisiert, das andere von oben herab behandelt. Das war ja schon bei der Selbsthilfegruppe so. Ich bin nicht sicher, ob das gewollt ist.


    Ich will damit nicht sagen, dass Charaktere immer moralisch unfehlbar sein müssen, aber ich sehe leider auch nichts in ihnen, das mich mit ihnen mitfühlen lässt. Ich fürchte ihr Schicksal wird mich ziemlich kalt lassen.


    Ein anderer Punkt, der m.E. mit dem Schreibstil zusammenhängt ist Folgender: Man kann die Geschichte sehr flüssig lesen, was natürlich sehr angenehm ist. Allerdings ist man damit auch in einem sehr schnellen Lesefluss, was nicht allen Situationen gut tut. So ist bei mir in der Szene, wo Mara sich in die Gartenlaube verirrt und eine für sie bedrohliche Stimmung entsteht, eben diese Stimmung bei mir nicht angekommen. Ich hätte mir mehr Spannungsaufbau und einen langsameren Lesefluss dafür gewünscht. Hinzu kam, dass ich mich wieder als äußerer Beobachter nicht so in Mara hineinfühlen konnte, um die Situation selbst als bedrohlich zu empfinden.

  • Ich will damit nicht sagen, dass Charaktere immer moralisch unfehlbar sein müssen, aber ich sehe leider auch nichts in ihnen, das mich mit ihnen mitfühlen lässt. Ich fürchte ihr Schicksal wird mich ziemlich kalt lassen.

    Das hast du gut in Worte gefasst, und es geht mir ganz ähnlich.

    Was ich allerdings nicht so schlimm fand, denn viele der Protagonisten hat es in Vergangenheit und Gegenwart ganz schön gebeutelt. Die Distanz zu ihnen hat mir von daher eher gut getan :geek:.

  • Kapitel 26 bis 33

    Ich bin erleichtert, denn diese Kapitel haben mir wieder Vergnügen bereitet. Scheinbar habe ich vorher eine schlechte Kombination von Kapiteln erwischt.


    Die Familie Neuhaus wird ein bisschen mehr beleuchtet und ich bin froh, dass die Charakterisierung der Kinder jetzt nachgeholt wird. Auch Jakob ist im Ermittlermodus für mich erträglicher und strahlt zumindest eine gewisse Kompetenz aus.

    Anke zeigt, dass sie alles andere als routiniert im Umgang mit ihren Kindern ist. Nach meinem Empfinden belastet sie Cora mit zu vielen Vorwürfen, sieht aber eigene Fehler nicht ein. Stattdessen greift sie zu Gewalt, wenn sie überfordert ist.


    Nun nimmt der Mörder Kontakt zu Cora auf. Dafür hat er ihre Interessen und Freunde studiert. Allerdings ist ein soziales Netzwerk auch nicht gerade ein privater Ort, an dem man anonym bleibt.


    Auch die Identität von "Baby" klärt sich: der vermisst geglaubte Priester Raymond entpuppt sich als Zachys Affäre. Scheinbar haben die beiden zusammen jemanden mit dem Wissen Raymonds aus einer Beichte erpresst. Wasauchimmer daraus geworden ist, Zachy ist nun tot.

  • Kapitel 34 bis 41

    Anke stürzt ab. Sie erfährt, dass Holger das Sorgerecht zugesprochen bekommt. Ich bin etwas irritiert, dass das mal so eben passiert, nachdem man als Leser nur am Rande das Jugendamt wahrgenommen hat. Klar gab es einen Besuch, aber reicht das wirklich schon? Hier fehlt mir das Insiderwissen, um das richtig einordnen zu können. Mir erscheint es überzogen.


    Jedenfalls reicht das Schreiben, um das sprichwörtliche Fass für Anke zum Überlaufen zu bringen. Sie greift zur Flasche, wird handgreiflich und landet schließlich im Krankenhaus, dank Cora, die mehr Vernunft an den Tag legt als ihre Mutter bisher.


    Parallel ist der Mörder weiter in Kontakt mit Cora, womit diese emotionalen Halt findet. Auf die erste Einladung zu ihm geht sie nicht ein. Wir erfahren, dass der Mörder "zum Dienst muss". Er übt also ggf. ein öffentliches Amt aus, bei der Polizei oder im Krankenhaus? Das könnte natürlich auch eine Lüge sein.


    Raymond hat sich mittlerweile (nach Zureden von Zachy?) eine Pistole besorgt. Warum habe ich noch nicht erfahren. Die Polizei/Jakob nimmt sein Verschwinden nun ernster und Charlies Vater Karl Thürauf gerät in Jakobs Verdacht für den Mord an Yvonne und als Maler der Weinenden Kinder.


    Cora, die zusammen mit Mara bei Marlis übernachtet während Anke im Krankenhaus ist, bemerkt Geräusche im Dachgeschoss der Villa. Könnte das das Versteck von Raymond (und Zachy) sein? Verbirgt sich dort Niels, wo Marlis jungen Männern doch nicht abgeneigt ist?

    Jedenfalls gibt Cora schließlich den Angeboten der vermeintlichen "Princess" nach und lässt sich überreden, sich zusammen mit Mara abzuholen. Dabei scheint sich der Mörder als Holger auszugeben.


    Zunächst noch mit sich selbst beschäftigt, wird Anke unverhofft von dem verschmähten Hobbykünstler Manuel befreit. Seine Gründe kann ich nicht ganz verstehen. Er glaubt zumindest, ein Unglück für ihre Töchter vorhergesehen zu haben. Nachdem sie sich nach Hause zurückgekämpft hat, sammelt sich Anke wieder, findet scheinbar neuen Halt beim Gedanken an ihre Kinder. Dann erfährt sie, dass diese verschwunden sind.

  • Kapitel 42 bis zum Ende

    Also... die letzten Seiten des Buches haben mich unterhalten und ich habe sie flüssig durchgelesen. Es war spannend.


    Ein paar Kleinigkeiten haben mich noch irritiert. Zum einen hat Anke - unter Zeitdruck stehend und mit der Angst um das Leben ihrer Kinder - noch Zeit, um eine vermeintliche Leiche zu bewegen und die Kinder anzusehen und zu berühren. Ich denke, wenn es um das Leben ihrer Töchter geht, hätte sie das außer Acht lassen sollen. Klar hat sich eine Szene später gezeigt, dass der Mörder weiterhin eine Gefahr darstellte, aber davon ging sie nicht aus. Sie wollte ihre Kinder, die nichts um sich wahrnahmen und im Sterben lagen, nicht mit dem Anblick einer Leiche belasten...

    Nicht glücklich bin ich zudem mit der Motivation von Oskar Müller. Mörder weil verrückt ist ein bisschen wenig, zumal man ihn nur wenig in der Gegenwart kennengelernt hat. Hier hätte ich mir einfach mehr Tiefe gewünscht.

    Was noch überraschend war, dass Jakobs Schuldgefühle seiner Tochter Anna einfach verpufft sind. Dafür gab es nach meinem Empfinden nicht wirklich einen Anlass. Schön hätte ich hier gefunden, wenn er doch noch Hilfe von Außen angenommen hätte. Übrigens auch Anke.


    Mein Fazit

    Als erstes Fazit direkt nach dem Lesen kann ich sagen, dass der lockere Schreibstil die dynamischen Situationen gut gestützt hat, aber Schwächen bei spannungsgeladenen Szenen mit Horrorelementen hatte.


    Die Vielzahl der Charaktere hat sich nach meinem Empfinden nicht ganz ausgezahlt. Hier wäre es vielleicht sinnvoll, Prioritäten zu setzen, und geringeren Charakteren eventuell keine Vor- und Nachnamen zu geben. Ich hätte mich gefreut, die Hauptcharaktere in mehr Tiefe zu erleben, gerade weil psychische Erkrankungen hier eine zentrale Rolle einnehmen. Ich hatte den Eindruck, dass diese etwas oberflächlich beleuchtet wurden.

    Ich denke, es wäre durchaus möglich gewesen, in den ersten Kapiteln charakterzentrierter einzusteigen ohne dass zu viel Langeweile aufkäme. Stattdessen hat man sich als Leser versucht ein Bild der Charaktere und ihrer Beziehungen zu bilden, womit den einzelnen Personen weniger Fokus gegeben war.


    Weil mein Fazit aber so negativ klingt, möchte ich betonen, dass mich das Buch insgesamt sehr unterhalten hat und gerade im letzten Drittel viel Spaß beim Lesen gebracht hat.

  • Hallo zusammen! Bitte entschuldigt, dass ich mich jetzt erst wieder melde, ich lag über zwei Wochen total flach. Aber jetzt bin ich wieder in der Lage zu lesen. Darf ich denn noch mitmachen, obwohl die meisten schon fertig sind?

  • Ich schlage vor, das Buch zu dritteln: 1- 108, 109-217, 218-349. Je eine Woche pro Abschnitt.

    Sarah203 Es dürfte nichts dagegen sprechen :) Die letzte Woche läuft sogar noch, also bist du noch in der vorgegebenen Zeit.


    Unabhängig davon wäre ich auf jeden Fall noch bereit, ein bisschen mitzudiskutieren, wenn du Gedanken zum Buch hast.

    Das würde mich sehr, sehr freuen, danke!!!

  • Kapitel 11

    Uiuiui, ich muss schon sagen, ein Kapitel, das mich ein wenig sprachlos zurücklässt...


    Aber von Beginn an. Wieder gibt es einen Rückblick, eine Erinnerung unseres Unbekannten. Es handelt sich um eine Weihnachtsszene, in der er von seinem Großvater alle Utensilien geschenkt bekommt, die er zum Malen braucht, denn anscheinend hat er Talent. Seine Stiefmutter ist davon nur wenig begeistert und äußert sich abwertend. Eine Formulierung in dieser Szene macht mich nachdenklich: "Er warf meinem Vater einen wehmütigen Blick zu, wandte sich ab und rieb in seinen Augen herum." (Seite 82) In mir keimt der Verdacht, dass es der Opa mütterlicherseits ist. Und dass die verstorbene Mutter auch Künstlerin war. Vielleicht hat Yvonne sie durch eine vernichtende Kritik in den Selbstmord getrieben und dadurch die Familie zerstört. Das könnte ein Tatmotiv sein, warum er sie töten wollte.


    Als nächstes erleben wir eine Therapiesitzung einer sich wöchentlich treffenden Selbsthilfegruppe aus der Sicht des Polizisten Jakob Wigland, der von seinem Chef zu dieser Maßnahme als Voraussetzung für seine Rückkehr in den aktiven Dienst verdonnert wurde. Ich habe gerade gelesen, dass diese Schilderung hier sehr kontrovers gesehen wird. In meinen Augen hat Arne M. Boehler sehr eindrücklich beschrieben, wie groß die innere Ablehnung Jakobs gegenüber dieser Therapie ist. Indem Jakob die anderen Therapieteilnehmer und deren sehr mannigfaltigen Probleme (u.a. Misshandlung, Süchte aller Art) dermaßen entmenschlicht ("erbärmlich", "lauter Verlierer", "arme Würstchen", "Idiot", "Losern", "Blindgänger", "hirnrissige Chose") grenzt er sich sehr deutlich gegenüber den anderen ab und hält das eigene Bild des harten Hundes aufrecht, der nicht zu diesen Menschen gehört. Nur eine einzige Teilnehmerin wird von Jakob positiv wahrgenommen: Anke, die auch seit kurzem an diesen Treffen teilnimmt, weil das Jugendamt sie dazu aufgefordert hat.


    Nach der Therapiesitzung kommt es zwischen Anke und Martin, dem psychologischen Leiter der Selbsthilfegruppe, zu einer sehr eindrucksvoll und für mich als Frau sehr nachvollziehbaren Schilderung einer sexuellen Nötigung. Martin versucht Anke sexuell zu erpressen ("sei einfach ein wenig lieb zu mir" Seite 91), nur so würde er ihr die benötigte Bescheinigung für das Jugendamt ausstellen, die sichern soll, dass Anke trocken und nicht rückfallgefährdet ist, eine Voraussetzung, um ihre Töchter zu behalten. Anke wehrt sich körperlich und Martin verlässt wütend die Situation. Unklar bleibt, welche Auswirkungen das Ganze nun auf Anke und ihre Familie haben wird.


    Die Schilderung dieser Situation hat bei mir Gänsehaut ausgelöst, wirkte auf mich also glaubhaft. Dennoch stört mich das doch sehr klischeehafte Bild des Psychologen. Warum muss er ausgerechnet übergewichtig, unansehnlich, ungepflegt sein? Wäre eine sexuelle Nötigung durch einen attraktiven oder einen Durchschnittsmann etwa weniger schlimm? Nein, das wäre sie nicht! Ich finde es schade, dass die Figur dieses Psychologen so überzeichnet wurde.


    Am Schluss dieses Kapitels treffen Jakob und Anke aufeinander. Anke verschweigt den eben stattgefundenen Vorfall, hat jedoch in der Therapie über das Verschwinden ihres Kollegen Zachy geredet und Jakob verspricht, dessen Verschwinden nachzugehen.

  • Kapitel 12

    Dieses Kapitel beginnt mit einer für mich wirklich erschütternden Erinnerung des Unbekannten. Er erinnert sich, wie seine Stiefmutter seinen Vater davon überzeugt, ihn auf ein entferntes Internat und damit aus dem Haus zu schicken. Dadurch wird ihm auch sein einzig verbliebener Halt genommen: die Nähe und die Geborgenheit durch seinen Großvater. Mein Mitleid mit ihm wächst von Kapitel zu Kapitel.


    Im Hauptstrang der Geschichte steht Remigius finanziell vor dem Ruin. Sein privates Vermögen ist aufgebraucht, seine Geschäfte sind von Zachy als Kreditsicherheiten bei Banken hinterlegt worden, die er nun nicht mehr bedienen kann, wenn sich nicht schnellstens eine Lösung auftut. Anke hat die Idee, Niels als Zugpferd einzusetzen, um durch eine Versteigerung einiger seiner Werke wieder Liquidität zu erlangen. Remigius ist von dieser Möglichkeit alles Andere als begeistert und man erfährt, dass Niels vor Jahren eine Liaison mit Remigius minderjähriger Nichte hatte, die in einer Schwangerschaft und Abtreibung gipfelte. Auch wenn diese Idee vielleicht weithergeholt sein mag, aber ich frage mich, ob Niels dieses Kind vielleicht wollte und sich aus Kummer über den Verlust in seine Drogenwelt zurückzog und unter dem Einfluss dieser Geschehnisse unwissentlich die Bilder der weinenden Kinder malte?!


    Anke wird durch dieses Kapitel in zweifelhaftes Licht gerückt. Ist sie wirklich bereit, für den beruflichen Erfolg und die Rettung des Unternehmens, Niels sexuell zu verführen, um ihn wieder in "Schaffensdrang" zu versetzen und an die Galerie zu binden?

  • Kapitel 13

    Wochen nach dem letzten Kapitel ist klar, dass sich in der Galerie einiges geändert hat. Die Räume sind bereit für eine erste Vernissage und Niels ist mit an Bord und stellt die Bilder der weinenden Kinder aus. Bei einem Rundgang mit Jakob Wigland kommt es zur nächsten überraschenden Wendung: eines der Bilder zeigt das Portrait seiner vor Jahren verstorbenen Tochter! Natürlich fragt man sich nun unwillkürlich, wie diese ganzen Handlungsstränge zusammenhängen und ist neugierig, mehr darüber zu erfahren!


    Mit Ende des ersten Teils muss ich sagen, dass ich das Buch gern lese. Es ist flüssig geschrieben, die verschiedenen Handlungsstränge sind originell und noch ist für mich nicht ersichtlich, wie alles zusammenhängt. Dennoch bleiben die Charaktere für mich bis jetzt nicht wirklich greifbar. Anke zum Beispiel wird mir von Kapitel zu Kapitel unsympathischer. Allein ihre nicht ausgesprochenen Gedanken in diesem Kapitel über das Talent und das Werk des jungen Künstlers, der sich vertrauensvoll an sie wendet, machen auf mich den Eindruck einer sehr von sich selbst überzeugten und über allen anderen stehenden Frau. Natürlich ist die Kunstszene hart und nur wenige schaffen es, wirklich berühmt zu werden, und natürlich ist es ein hartes Business und Anke sieht in erster Linie nur das Geschäft, doch immer wieder habe ich den Eindruck, dass sie gern persönlich wird und andere abwertet, auch wenn sie es nicht ausspricht, sondern nur in Gedanken formuliert.

    Was mir bis hierher jedoch wirklich fehlt, ist der Bezug zu den Geschehnissen des ersten Kapitels. Ich hoffe, im nächsten Abschnitt wird da etwas mehr Zeit investiert, denn bisher drehen sich 99% des Buches um die Probleme und Hintergründe der Figuren, das eigentliche Verbrechen wird nur hier und da mal angeschnitten.

  • Kapitel 14

    So langsam zeichnet sich ein Bild ab, was Zachy mit dem ganzen veruntreuten Geld angestellt hat. Er und sein bisher nicht näher beschriebener Liebhaber haben das Geld gemeinsam verprasst. Zachy ersinnt gerade einen neuen Plan, um an Geld zu gelangen, denn er will zusammen mit ihm untertauchen. Zumal er selbst mit dem Rücken zur Wand steht, denn er hat nicht nur Remigius belogen, nein, er hat auch seinem Liebhaber eine Lügengeschichte nach der anderen aufgetischt und muss nun zusehen, nicht aufzufliegen. Dabei den Krebstod der eigenen Mutter und eine daraus resultierende Erbschaft zu erfinden ist in meinen Augen verabscheuungswürdig.


    Jakob ist nach der Entdeckung des Bildes seiner Tochter in der Galerie völlig durch den Wind und will dessen Ausstellung und Verkauf unbedingt verhindern. Er erzählt Anke, dass Anna bei einem Unfall ums Leben gekommen sei. Näheres erfährt man nicht. Jedoch deutet er an, dass es zwischen ihm und seiner Exfrau Gemma schon vor dem Unfalltod der Tochter gekriselt habe. "Ich glaube, dass Gemma sie manchmal bewusst krankgemacht hat, um sie dann gesund pflegen zu können." Bei diesem Satz steigt in mir eine ganz böse Vorahnung auf. Bitte, lieber Arne M. Boehler, bitte baue jetzt nicht noch die Problematik des Münchhausen-Stellvertreter-Syndroms in die Geschichte ein, denn das wäre wirklich zu viel des Guten!

  • Kapitel 15

    Ein wunderbares zum Schmunzeln einladendes Kapitel, das so herrlich die Bigotterie und Oberflächlichkeit der Kunstkennerszene und damit die oft auch im Zusammenhang stehende Oberschicht quasi am Nasenring durch die Manege zieht!


    Der Tag der Vernissage ist gekommen, das Museum voll mit berühmten und gut situierten vermeintlichen Kunstkennern, und Niels erscheint verspätet und völlig betrunken vor den Gästen. Nachdem er sie beleidigt und sich vor ihnen entblößt hat, verschwindet er wieder und lässt ein Publikum zurück, das sowohl fasziniert angewidert als auch völlig euphorisch ist, und der Wert seiner Gemälde steigt.


    Natürlich ist diese Darstellung klischeehaft und sehr überzogen, doch schildert sie wohl den Eindruck, den man bei den meisten dieser Veranstaltungen gewinnen kann. Nämlich das vermeintliche Kunstkenner Phrasen dreschen, um gebildet zu wirken, und dass es mehr um Schein als um Sein geht.