Rachel Campbell-Johnston - Der Junge und der Elefant / The Child's Elephant

  • ab 12 Jahre


    Verlagstext

    Durch Zufall muss Bat, ein Hirtenjunge aus der Savanne, die grausame Tötung eines Elefanten ansehen. Als er sein verwaistes Elefantenjunges entdeckt, nimmt er es mit in sein Dorf. Dort zieht er das Elefantenmädchen, das sie Meya nennen, fünf Jahre lang groß. Bat kann sich ein Leben ohne Elefant nicht mehr vorstellen, doch seine Großmutter weiß, dass der Tag kommt, an dem Meya dem Ruf der Wildnis folgen muss. Der Abschied trifft Bat mitten ins Herz. Auch die Idylle des Dorflebens findet ein jähes Ende, als Bat und seine beste Freundin Muka von Rebellen gekidnappt werden, um sie zu Kindersoldaten auszubilden. Von einem Tag auf den anderen finden sich die Kinder inmitten eines Strudels der Gewalt wieder. Als ihre Verzweiflung am größten ist, geschieht etwas Magisches. Etwas, auf das Bat seit Langem gehofft hat.


    Die Autorin

    Rachel Campbell-Johnston ist Literaturkritikerin und Journalistin, deren Herz für Afrika schlägt. Sie hat in Englischer Literatur promoviert und in London und Norfolk zusammen mit ihrer Familie und ihrer Schafherde.


    Inhalt

    Bat, die Fledermaus, wird der 7-jährige Nakisisa genannt. Der Junge lebt bei seiner Großmutter und hütet in der afrikanischen Savanne ein paar Rinder. In Afrika ist es nicht ungewöhnlich, dass Kinder nicht bei ihren leiblichen Eltern leben. Von Bats Dorf Jambula zeichnet Rachel Campbell-Johnston ein archaisches, zeitloses Bild. Die Menschen leben in traditionellen grasgedeckten Lehmhütten, Frauen und Mädchen wickeln sich in Tücher und das Wasser wird von der Wasserstelle in Tonkrügen zu den Hütten getragen. Bat wächst inmitten einer vielfältigen Pflanzen- und Tierwelt auf. Als der Junge ein winziges Elefantenbaby findet, dessen Mutter vermutlich von Wilderern getötet wurde, möchte er die kleine Elefantenkuh Meya gern aufziehen. Die weitere Handlung folgt der unrealistischen Annahme, dass Bats Großmutter, die selbst von ein wenig Handel lebt, auf Bats Arbeitskraft verzichten kann und ein Haustier duldet, das 20 Stunden am Tag frisst. Bat hat mehr Freiheiten, sich um Meya zu kümmern, weil das Mädchen Muka ihn als Hirtin vertritt; mit Muka im Haushalt muss nun wiederum der Lebensunterhalt für drei Personen und den jugendlichen Elefanten verdient werden.


    Mensch und Elefant sind direkte Konkurrenten um einen schwindenden Lebensraum. Auf der Suche nach Futter und Wasser zerstören Elefanten Felder und Wasserstellen der Menschen, in Panik sind die riesigen Grasfresser für Menschen lebensgefährlich. Vom Fischer Bitek lernen die Kinder eine Menge über die Bedürfnisse und das Verhalten der Elefanten. Bitek dringt darauf, dass die inzwischen dreijährige Meya in eine vorbeziehende Elefantenherde ausgewildert werden soll.


    Im zweiten Teil der Handlung werden Gerüchte Wirklichkeit über entführte Kinder, die als Soldaten in eine Rebellenarmee gepresst werden. Bat und Muka werden von den Rebellen entführt. Aus Angst verlassen die Menschen ihre Dörfer und ziehen in Flüchtlingslager. Entscheidend für das Schicksal der Kinder werden Bats Wissen über Elefanten sein und die jahrhundertealten Wege der Herdentiere.


    Fazit

    Nicht gefallen hat mir die verwirrende Bezeichnung der durchziehenden Elefantenherde als Wildelefanten (S. 140). Diese Wortwahl könnte suggerieren, dass es sich bei den frei lebenden und den in Gefangenschaft aufgezogenen Tieren um zwei unterschiedliche Arten handelt oder dass die Handaufzucht von verlassenen Jungtieren der Normalzustand wäre. Den Einblick in die Emotionen der Kindersoldaten in der zweiten Hälfte des Buches finde ich dagegen durchweg gelungen. Ohne die Gründe für den bewaffneten Konflikt weiter zu vertiefen, wird hier die Verletzlichkeit und Verlorenheit der Kinder deutlich, die in einem verwüsteten Land gar nicht wüssten, wohin sie vor ihren erwachsenen Unterdrückern fliehen sollten, falls sich eine Chance zur Flucht bieten würde.


    Rachel Campbell-Johnstons Stärke sind ihre Naturbeschreibungen, die jüngere Leser vermutlich weniger interessieren werden. Über das Verhalten von Elefanten fließt eine Menge Wissen in das Buch ein. Die Autorin schildert ein Afrika wie aus dem Museum, das man in dieser Form nur noch selten antreffen wird. Die Handlung beruht auf realen Ereignissen in Uganda 1986 und Interviews der Autorin mit Kindersoldaten. Die im Buch gezeigte Dorfidylle bleibt nicht klischeefrei, das Buch vermag jedoch gerade aufgrund seiner Zeitlosigkeit dem Afrikabild aus europäischer Perspektive neue Facetten hinzuzufügen.


    In einem Jugendroman mit dem Thema Kindersoldaten hätte ich mir gewünscht, dass dieses besonders Jungen ansprechende Thema zügiger zur Sprache gekommen wäre.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Naylor - Die Stimme der Kraken

    :musik: --


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow