Marie Golien - Cainstorm Island: Der Gejagte

  • Cainstorm Island ist das Ghetto der Neuen Welt. Wer in Asaria nicht zu den Reinen zählt und vom überschießenden Reichtum profitieren kann, ist hier zu Hause: Der Müllhalde der Welt, umzäunt von einer fetten Mauer. In dieser Armutsfalls lebt Emilio. Ein Junge, der bereit ist, für seine Familie alles zu geben. Und so lässt er sich, geködert von einem Talentscout, die neuste Unterhaltungstechnologie der asarischen Firma „Eyevision“ ins Gehirn pflanzen um fortan mit seinen Stunts zur Belustigung der dortigen Bevölkerung beizutragen. Der Deal: Eine halbe Stunde am Tag wird durch seine Augen alles gefilmt, die Videos auf einen Kanal geladen, dafür kann Emilio seine Familie über Wasser halten. Es erinnert an eine moderne Version unserer heutigen Social-Medias. Doch dann passiert eines Tages ein Missgeschick: Emilio mordet während seiner Hauptsendezeit in Notwehr ein ranghohes Mitglied der gefürchteten „Las Calebras“, Cainstorms gefürchtetster Motorad Gang und wird über Nacht zum gesuchtetsten „Gesicht“ der Insel. Ein Augenblick und die Einschaltquoten explodieren und ein tödliches Spiel beginnt.


    Das Buch hat mich von Anfang an gepackt und die detialreichen Erzählungen der Lebensumstände Emilios sehr beeindruckt. Es ist mir zu Beginn sehr leicht gefallen, mich in die Welt einzufühlen und die Darstellungen lösten eine ganze Bandbreite an Emotionen in mir aus.

    Nicht nur dass ich ganz oft an unsere heutige Gesellschaft, ihren steigenden Media-Trend und die stetig wachsend Schere zwischen Arm-und Reich, sowie den breiten Flüchtlingsstrom denken musste, auch die Umgangsweise der der Zuschauer ärgerte und schockierte mich. Zu sehr erinnerten mich „weinende Katzenemojis“ vor verhungernden Kindern und sensationeller, perverser Blutdurst an die heutige „Verkehrsunfallmentalität“ des Gaffens. Somit schafft die Autorin für mich mit Cainstorm Island ein sehr polarisierendes Werk: Ich find dieses Buch gleichzeitig gut, wie auch schlecht.


    Ein weiterer Kritikpunkt ist für mich der Handlungsverlauf. Den Einstieg in die Geschichte und den Hauptteil erlebe ich als wesentlich spannender als den Schluss. Zwar wird das gigantische Finale, auf das die einzelnen Handlungsstränge hinzielen erfüllt, doch fühlt es sich im Kontext zu dem Buch nicht stimmig an und erinnert mich ein bisschen zu sehr an übertriebene Teenie-Action. Ich hätte mir etwas mehr Authentizität gewünscht, ganz nach dem Motto: Manchmal ist weniger mehr.


    Fazit: Ein durchweg zweigeteiltes Buch, dass sich aus dystopischer Sicht mit Problemen unserer heutigen „Mehr- Klassen- Gesellschaft“ befasst und diese durch sympathische Hauptcharaktere transportiert. Ich glaube, dass dieses Buch Jugendliche gut erreichen kann.

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Cainstorm Island, Der Gejagte - Marie Golien: Augenblick“ zu „Marie Golien - Cainstorm Island: Der Gejagte“ geändert.
  • DreamingXO Zur Rezension gehört dazu, dass Du die ISBN einträgst. Die Zeile dafür findest Du, wenn Du den Reiter "Buch" anklickst. Und in die Titelzeile gehören nur der Autor und der Buchtitel, in dieser Reihenfolge. Danke :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Rasant und erschreckend


    Eine Welt in der Zukunft, wo eine Seemauer die beiden Kontinente Asaria und Cainstorm trennt. In Asaria soll alles so perfekt wie möglich sein, es herrscht großer Reichtum, es wird aber auch jede_r abgeschoben, die_der nicht den jeweiligen Normen entspricht. In Cainstorm herrscht hingegen äußerste Armut und das Leben ist vom Kampf ums Überleben geprägt. Hier lebt auch der junge Emilio, der den Lebensunterhalt für sich und seine Familie dadurch verdient, dass er durch einen Chip, den er sich hat implantieren lassen, eine halbe Stunde pro Tag das filmt, was er sieht und dies online stellen lässt.
    Was als einfaches halbstündiges Filmen beginnt entwickelt sich zu einer actionreichen Jagd auf den Jungen, als er in Notwehr den Bruder eines Clanchefs tötet und von Seiten der Betreiberfirma wird alles getan, um die Einschaltquoten zu erhöhen, koste es was es wolle.
    Bei Cainstorm Island handelt es sich zwar auf den ersten Blick um einen Zukunftsroman, die Geschichte lässt aber stark auch an aktuelle Realitysoaps denken, wo der Sensationsgier der Zuschauer_innen jegliche Form von Menschlichkeit geopfert wird und Einschaltquoten alles bedeuten.
    Der Autorin ist ein überaus spannendes Buch gelungen was die Leser_innen nachdenklich und teilweise auch wütend / traurig zurück lässt, aber auch mit der Frage, welchen Wert humaner Umgang untereinander für eine_n selber hat. Ein sehr lesenswertes Buch was ich nur von Herzen empfehlen kann.

  • Cainstorm Island (Der Gejagte) - Marie Golien


    Dtv Verlagsgesellschaft

    336 Seiten

    Jugendbuchthriller

    Band 1

    28. Februar 2019


    Inhalt:


    Eine atemlose Flucht durch eine Megacity. Und Millionen schauen zu.

    »Meine Zuschauer lieben die Gefahr. Zumindest, wenn ich sie erlebe und sie durch meine Augen dabei zuschauen dürfen.«


    Emilios Welt ist geteilt. Auf der einen Seite das reiche Asaria. Auf der anderen Seite Cainstorm Island, überbevölkert, arm und von Gewalt zerfressen.

    Dort kämpft der 17-Jährige, umgeben von brutalen Gangs, gegen die Schulden seiner Familie. Eines Tages spricht ihn ein Mitarbeiter von Eyevision an und bietet Emilio einen Deal.

    Emilio willigt ein, sich einen Chip in den Kopf implantieren zu lassen. Dieser Chip ist an seinen Sehnerv angeschlossen und überträgt jeden Tag eine halbe Stunde lang, was Emilio sieht.

    Seine Videos, waghalsige Kletter- und Trainsurf-Aktionen, kommen an, die Zuschauerzahlen steigen langsam. Bis sein Leben eine unvorhergesehene Wendung nimmt:

    Emilio gerät in das Gebiet einer Gang und tötet einen der Anführer in Notwehr.

    Live und auf Sendung.

    Das Video verbreitet sich rasend schnell und Emilio wird zum Gejagten.

    Und zwar nicht nur von der Gang, sondern auch von Eyevision, die sehr eigene Pläne mit Emilio haben.


    Meinung:


    Meine ersten Gedanken nachdem ich das Buch zugeschlagen habe:

    „Was ist das denn bitte für ein Ende?“ und „Das hat irgendwie Spaß gemacht.“

    Mal im Ernst. Die Vorstellung eines Chips im Hirn, der überträgt und unabhängig gesteuert wird, ist nicht mehr so antiquiert wie noch vor ein paar Jahren. Ich kann also absolut verstehen, warum Emilio der Idee nach dem schnellen und einfachen Geld verfallen ist.

    Auch, wenn niemand damit gerechnet hat, was danach passiert.


    Emilio und seine Familie leben auf dem Kontinent Cainstorm Island, wo sich Stadt an Stadt reiht, Müll an jeder Ecke stapelt und alle selbst für ihr Überleben verantwortlich sind.

    Die sprichwörtliche Schere zwischen Arm und Reich existiert hier wirklich. Cainstorm ist von der Außenwelt abgeschnitten.

    Das Ganze erinnerte mich während des Lesens ein wenig an die „Trueman Show“, auch wenn Emilio im Gegensatz zu den anderen weiß, dass er überwacht wird.

    Es stört ihn nicht, solange er damit seine Familie schuldenfrei halten und ernähren kann.


    Und damit das alles auch interessant bleibt, hat Emilio keinerlei Kontrolle über die Technik in ihm. Einmal drin, kann er nicht mehr ungefährlich entfernt werden. Bin ich ein schlechter Mensch, wenn ich sage, dass ich die Geschichte sehr aufregend fand, obwohl einige moralische Aspekte die negativen Auswirkungen unserer heutigen Gesellschaft widerspiegeln?

    Immer auf der Suche nach dem nächsten Kick.

    Auf der Suche nach Aufmerksamkeit. Höher, schneller, weiter.

    Bloß die Zuschauer nicht langweilen. Je gefährlicher, desto besser.

    Das ist Emilios Welt. Bis er unfreiwillig seinen ersten Mord begeht.

    An einem Gangmitglied. Vor laufender Kamera.

    Und er weiß eins mit absoluter Sicherheit: Er ist jetzt so richtig am Arsch.


    Ich muss gestehen, ich kannte die Autorin nicht und die Geschichte klang für mich einfach zu gut, um wahr zu sein, also ich habe nicht wirklich mit so einer guten Umsetzung gerechnet.

    Der Schreibstil liest sich flüssig, sehr jugendbuchlastig, nicht zu komplex - man fliegt förmlich durch die Seiten, weil es zu keinem Zeitpunkt irgendwie nicht spannend ist.

    Das ist den Umständen geschuldet, dass da ein Chip im Kopf des Protagonisten sitzt, der jederzeit angehen und den Mitgliedern der rachsüchtigen Las Culebras seinen Standort verraten könnte. Und daran, dass der Leser das Ganze aus der Ich Perspektive miterleben darf.


    Emilio ist für seine 17 Jahre schon ziemlich erwachsen.

    Klar, er lebt in einem Land, in dem es jeden Tag ums nackte Überleben geht und musste sich schon früh irgendwie selbst helfen. Allerdings war er noch nie auf der Flucht und trotz der grausamen Umstände wirkte er selten panisch oder unorganisiert.

    Will nicht heißen, dass er emotionslos war, aber der Schutz seiner Familie ließ ihn in manchen Situationen klarer denken als sonst.


    Man stelle sich also mal vor: Ein Drecksloch von Stadt, eine richtig große, fiese Gang, die dir nach dem Leben trachtet, eine Firma, die nur darauf aus ist aus deinem Leid Profit für die reichen Leute von der anderen Seite der Welt zu schlagen und keine Möglichkeit sich zu verstecken. Wirklich, so gut wie gar keine.

    Was macht man also?

    Genau.

    Rennen.

    Um sein Leben.

    Adrenalinkick pur.

    (And then keep running, running and running, running and running, running...!)


    Ich habe mit Emilio mitgefiebert, wurde mit jedem Summen im Kopf paranoider und fragte mich: Was hat Eyevison jetzt schon wieder vor, um Quote zu machen?

    Denn das war deren einziges Ziel. Ohne Rücksicht auf Verluste.

    Da musste ich zeitweise echt den Kopf schütteln über so viel Herzlosigkeit.

    Nicht, dass es in dem Buch keine Liebeleien gäbe, nur weil da Thriller drauf steht, nein.

    Auf seinem Weg trifft Emilio neue Freunde fürs Leben und da ist auch ein Mädel dabei, das irgendwie der Auslöser für diese Katastrophe war.

    Allerdings ging mir diese emotionale Phase definitiv zu fix.

    Die Gründe dafür würden euch aber spoilern, deswegen lass ich sie weg.

    Glaubt mir einfach, die Liebe geht unmögliche Wege - manche kann ich glauben und manche eben nicht. Hier war das nicht so ganz der Fall, aber das war auch nur ein minimaler Punkt, der vom Rest der Geschichte in den Schatten gestellt wurde.


    Eine letzte Anmerkung vor dem Fazit gibt es aber noch:

    Es steht Thriller drauf, es hat auch Thrillerelemente drin - ist aber für mich auch sehr dystopisch angehaucht. Eine geteilte Welt, Arm gegen Reich, Technik gegen Rückschritt - es wird ganz sicher nicht langweilig. Vor allem, weil ich auf eine Fortsetzung mit dem Land der Schönen und Reichen hoffe: Asaria.


    Fazit:


    Würde ich Cainstorm Island mit drei Worten beschreiben müssen, würde ich sagen:

    Aufregend, fesselnd, erschütternd.

    Aufregend, weil die ganze Geschichte mir irgendwie total Spaß gemacht hat beim Lesen. Fesselnd, weil die Flucht mit Emilio, das „Sich nicht ausruhen können“ ganz schön an den Nerven zehrt und man nie weiß, was als nächstes kommt. Und erschütternd, weil es immer wieder erstaunlich ist, wie weit manche Menschen gehen würden, um ihrem regulären Alltag zu entkommen. Sie würden jagen und jagen lassen. Reue kennen sie nicht.

    Es passiert ja irgendwo anders. Weit weg. Nicht ihr Problem.


    Cainstorm Island überzeugt mit einem dramatischen Setting, mit emotionalen Begebenheiten, greifbaren Charakteren und einem unglaublichen Grund für eine Menschenjagd: Sensationsgier.


    Bewertung:


    ⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️ (5/5)



  • Einstieg in eine neue Welt :)

    Der Thriller ist gut aufgebaut und umgesetzt. Die Autorin hat mich in Emilios Welt mitgenommen und ich konnte mich gut hineinversetzen. Ich denke, der Roman wird die Zielgruppe, also Jugendliche, sehr ansprechen. Emilios Kampf ist sehr spannend und auch die angedeutete Liebesgeschichte, die sich wohl noch weiter entwickeln wird, ist gelungen. Eine neue Reihe auf die ich gespannt bin - der erste Teil hat mich gut unterhalten, ich freue mich auf Teil 2.

  • Die Autorin

    Marie Golien, 1987 in Wiesbaden geboren, wollte schon immer ihre eigenen Geschichten erzählen, nachdem sie ihre Kindheit in den fantastischen Welten von Hergé und Winsor McCay verbracht hat. Nach dem Abitur studierte sie Design mit dem Schwerpunkt auf interaktiven Medien, entwickelte Spiele-Apps und begann parallel dazu zu schreiben. »Cainstorm Island - Der Gejagte« ist nach einigen kürzeren Veröffentlichungen ihr erster Roman.

    Inhalt

    Emilios Familie hatte Schulden und lebte früher in Milescaleras, die Stadt der Treppen, in einer Wohnwagensiedlung. Das Angebot, für den Eyevision-Konzern als lebende Kamera Videos aufzunehmen, scheint deshalb dem Siebzehnjährigen der einzige Ausweg, um selbst zum Unterhalt beizutragen. Er unterschreibt den Vertrag mit Eyevision, erhält einen Chip direkt am Sehnerv implantiert und sendet nun auf einem eigenen Kanal täglich eine halbe Stunde live aus seinem Leben als Fassadenkletterer. Emilios Fans sind Jugendliche vom sauberen und sicheren Kontinent Asaria; seine Zuschauerzahlen bestimmen sein Einkommen. Weil Emilio täglich online ist, erhält er als einer der Wenigen auf Cainstorm Island umgekehrt Einblick in die schöne Glitzerwelt von Asaria, die er unreflektiert für Realität hält.


    Die Insel zeigt sich als verdreckter, übervölkerter Kontinent, auf dem Firmen aus Asaria früher Bodenschätze abgebaut haben. Gewinne fließen in die Kassen des wohlhabenden Kontinents, Umwelt- und Gesundheitsschäden bleiben den Leuten von Cainstorm. In den hinterlassenen Kratern bauen die Bewohner; eng gedrängt stapeln sich Häuser und Treppen den Berg hinauf. Emilios Familie lebt inzwischen am Strand in einem Haus auf Stelzen - jedes Fleckchen auf Cainstorm muss ausgenutzt werden. Das Meer dient den Asariern als Müllkippe und hat die einheimischen Fischer, Muschelsucher und Perlentaucher um ihre Lebensgrundlage gebracht. Arbeit gibt es nur für Jugendliche – 16-Stunden-Schichten in Textilfabriken. Als Emilio in Notwehr den Kopf der herrschenden Schlangen-Gang tötet, sitzt er wegen seines Kamera-Implantats in der Patsche. Auf der Flucht vor den Schlangen muss er seine Familie in Sicherheit bringen und unbedingt den Chip aus seinem Kopf loswerden. Doch wenn Emilio von Eyevision täglich geortet wird, ist es kein Kunststück ihn aufzuspüren und auszuliefern.

    In ihrem beinahe postapokalyptischen Szenario lässt Marie Golien einen 17-jährigen Kletterkünstler in einen ausweglosen Konflikt zwischen eine mächtige Gang und einen alles verschlingenden IT-Konzern geraten. Emilio hat sich nie dafür interessiert, warum sein Stiefvater so strikt dagegen war, dass er einen Vertrag mit Eyevision schließt. Für Serge waren der Konzern und der ganze Kontinent Asaria ein Feind, den es zu bekämpfen galt. Aus dem Knebelvertag mit Eyevision wird Emilio nie wieder herauskommen – und seine verwöhnten Fans wollen täglich Action sehen.


    Die gewählte Perspektive eines gewieften Fassadenkletterers klingt zunächst vielverprechend; denn die Dächer seiner Stadt bieten Emilio einen ungewöhnlichen Blick von oben auf eine wirtschaftlich und sozial abgehängte, sowie von Malaria gebeutelte Region. Eine systematische Weltenbildung kann ich nicht erkennen; die Ursache der politischen und sozialen Verhältnisse wird am Ende aus dem Hut gezaubert, ist jedoch alles andere als utopisch. Über weite Strecken merkt man Marie Goliens Erstling an, dass sie Spieleentwicklerin ist und sich der filmischen Sichtweise verschrieben hat. Sie beschreibt anfangs kaum etwas, als würde sie im Kopf ihrer Leser fertige Bilder erwarten, die sie nur anklicken und abrufen muss. Besonders die Beschreibung von Emilios Körpergefühl bei seinen Klettertouren habe ich vermisst. Wie fühlen sich diverse Baumaterialien unter seinen Händen und Füßen an, wie reagiert sein Körper – in diesem Teil wird viel behauptet, aber wenig gezeigt. Lösung und Ausweg aus Emilios lebensgefährlicher Lage stammen leider nicht aus der Welt der Logik.


    Für die Zielgruppe ab 13 Jahre finde ich den Grundkonflikt treffend gewählt, dass ein Jugendlicher spontan eine Entscheidung trifft, deren Folgen er nicht absehen kann. Zu Anfang habe ich präzisere Beschreibungen aus der Sicht des Icherzählers vermisst und konnte vermutlich deshalb meine Distanz zu den Figuren schwer überwinden. Sprachlich wirkt der Roman flach und klischeehaft, auf einer Länge von über 300 Seiten fehlt es mir besonders an der Logik der Abläufe. Texte für Jugendliche dürfen m. A. nach stilistisch und inhaltlich gern anspruchsvoller sein.


    :bewertung1von5::bewertung1von5:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Naylor - Die Stimme der Kraken

    :musik: --


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Unglaublich spannendes Debüt mit vielen fesselnden Wendungen


    Klappentext

    „Emilios Welt ist geteilt. Auf der einen Seite das reiche Asaria. Auf der anderen Seite Cainstorm Island, überbevölkert, arm und von Gewalt zerfressen. Dort kämpft der 17-Jährige, umgeben von brutalen Gangs, gegen die Schulden seiner Familie. Eines Tages spricht ihn ein Mitarbeiter von Eyevision an und bietet Emilio einen Deal. Emilio willigt ein, sich einen Chip in den Kopf implantieren zu lassen. Dieser Chip ist an seinen Sehnerv angeschlossen und überträgt jeden Tag eine halbe Stunde lang, was Emilio sieht. Seine Videos, waghalsige Kletter- und Trainsurf-Aktionen, kommen an, die Zuschauerzahlen steigen langsam. Bis sein Leben eine unvorhergesehene Wendung nimmt: Emilio gerät in das Gebiet einer Gang und tötet einen der Anführer in Notwehr. Live und auf Sendung. Das Video verbreitet sich rasend schnell und Emilio wird zum Gejagten. Und zwar nicht nur von der Gang, sondern auch von Eyevision, die sehr eigene Pläne mit Emilio haben.“


    Gestaltung

    Passend zum Buchinhalt ziert die Covermitte der schwarze Umriss eines Auges, welches ernst den Betrachter des Covers anschaut. Da in dem Buch das Sehen eine wichtige Rolle spielt, finde ich dieses Motiv sehr passend gewählt. Die gelbe Farbe des Hintergrundes mit den leicht bläulichen Verzierungen hebt das schwarze Auge nur noch mehr hervor. Zudem sieht der Hintergrund aus wie eine alte Wand, was wie ich finde recht gut zum Setting des Buches passt. So vermittelt das Cover schon die perfekte Stimmung für das Buch.


    Meine Meinung

    Da der Klappentext einiges an Spannung versprach, hat er mein Interesse sofort geweckt. In „Cainstorm Island – Der Gejagte“ geht es um Emilio, welcher die Schulden seiner Familie begleichen möchte. Im Armenviertel kämpft er täglich ums Überleben. Dann geht er einen Deal mit einer Firma ein, die ihm einen Chip implantiert, welcher mit seinem Sehnerv verbunden ist. So wird täglich live übertragen, was Emilio sieht. Auch dann, als er aus Notwehr den Anführer einer Gang tötet. Ab diesem Zeitpunkt wird Emilio zum Gejagten, sowohl von der Gang als auch von der Firma, die ihm den Chip implantiert hat…


    Mich hat die Welt, die Autorin Marie Golien geschaffen hat, sehr fasziniert, denn es stehen sich sehr gegensätzliche Seiten gegenüber. Zum einen ist da das wohlhabende und reiche Asaria, zum anderen gibt es auch Cainstorm Island, welches von Armut und Gewalt gekennzeichnet ist. Es ist leicht verständlich, dass diese Parteien nicht gut miteinander klar kommen und dass Wut und Hass überdeutliche Gefühle sind. Gerade bei Emilio und seinen Freunden in Cainstorm Island. Ich hätte mir bezüglich des Settings nur gewünscht, dass ein wenig genauer auf die Entstehung dieser Gesellschaft eingegangen wäre. Ein wenig mehr Hintergründe und Entwicklungen, die zum momentanen Stand im Buch geführt haben, hätten mich sehr interessiert.


    Die Figuren fand ich auch gut dargestellt, denn vor allem Emilio war ein sehr beeindruckender Charakter. Bei ihm stehen seine Familie und deren Sicherheit über allem und er würde wirklich alles tun, um sie zu schützen. Er ist aufrichtig und ehrenhaft und aufgrund dieses Wunsches der Sicherheit seiner Familie tut er alles – eben auch eine Chip-Implantation. Dadurch wird zwar für ihn und seine Familie nichts besser (eher im Gegenteil), aber sein Mut und sein Wille, seine Liebsten zu schützen, sind unglaublich greifbar und sehr beeindruckend.


    Die Handlung empfand ich als durchweg spannend. Zunächst tauchte ich mitten in das Geschehen ein, lernte die Unterschiedlichkeit des Settings kennen und begleitete Emilio dann dabei, wie er sich auf den Deal mit Eyevision einließ. Ab diesem Zeitpunkt klebte ich geradezu an Emilios Geschichte, denn es gab so viele mögliche Verläufe seiner Geschichte, dass ich gar nicht vorausahnen konnte, wie es mit ihm weitergehen würde. Besonders gelungen empfand ich dabei, wie die Autorin immer wieder überraschende und vor allem unerwartete Wendungen in die Handlung eingeflochten hat, denn durch diese wurde ich immer wieder erstaunt und eiskalt erwischt. Das Ende des Buches gipfelt in einem recht offenen Cliffhanger, welcher dafür sorgt, dass man sich wünscht, sofort zum nächsten Band greifen zu können…


    Fazit

    In meinen Augen ist „Cainstorm Island – Der Gejagte“ ein spannender Auftakt einer dystopisch angehauchten Thriller-Reihe, die nicht nur durch das offene Ende dafür sorgt, dass man unbedingt weiter lesen möchte. Die Handlung ist immens spannend und überzeugt durch immer neue Wendungen und Entwicklungen. Das Setting fand ich auch sehr ansprechend, da hier Gegensätze dargestellt werden, durch die die Emotionen der Charaktere sehr gut greifbar werden, wobei ich mir gewünscht hätte, noch mehr über den Weltenaufbau hinsichtlich seiner Hintergründe zu erfahren.

    Gute 4 von 5 Sternen!


    Reihen-Infos

    Einzelband (?)