Claudia Pietschmann - Leben rückwärts lieben

  • Leben rückwärts lieben - Claudia Pietschmann


    Arena Verlag

    344 Seiten

    Jugendbuch

    Einzelband

    21. September 2018


    Inhalt:


    Nina erwacht aus dem Koma. Sie hatte einen Unfall, daran erinnert sie sich ganz genau - doch ihre Eltern und ihre Freunde widersprechen. Nichts von dem, was sie erzählt, sei wahr.

    Aber Nina hat Bilder im Kopf, Bilder von einer Bergtour, einem Haus und einem Jungen, in den sie verliebt ist.

    Keiner ihrer Freunde weiß, wovon sie spricht. Da steht der Junge plötzlich vor ihr: Arthur. Er kennt Nina nicht, doch all die Erlebnisse in ihrem Kopf treten nun genauso ein, wie sie sich erinnert. Nina kann sich dem gefährlichen Sog von Arthur und den Bildern nicht entziehen ... und muss den Unfall verhindern, der ihr in der Erinnerung bereits zugestoßen ist.


    Meinung:


    Ein unheimlich ansprechender Klappentext, gepaart mit diesem Cover hieß für mich: Ich brauche das!

    Außerdem war es mein erstes Buch der Autorin und ich liebe es immer zum ersten Mal in Schreibstile und Welten einzutauchen.

    Die Idee oder besser gesagt das Aufgreifen und Verarbeiten von Erinnerungslücken fand ich schon immer faszinierend, weil ich mir einfach nichts darunter vorstellen kann. Wie auch? Ich hatte sowas bisher noch nicht.

    Und bereits auf den ersten Seiten dachte ich mir so: „Ups... okay? What the...?“

    Da waren abgehackte Informationen, Dinge, die vorher anders waren - es muss die Hölle für das Lektorat gewesen sein die sogenannten „Logikfehler“, die ja in dem Fall gewollt sind, einfach drin zu lassen.


    Nina ist siebzehn als sie nach einem Sturz ins Koma fällt.

    Der Körper braucht Zeit, um zu heilen. Und so dauert es eine Weile, bis sie daraus wieder erwacht - in einer Welt, in der irgendwie alles nicht mehr gerade ist, ja fast schon verrückt wirkt, weil Nina sich an so viele Dinge nicht mehr erinnert. Oder anders erinnert. Sie weiß fast nichts mehr von den letzten sechs Monaten vor ihrem Sturz. Nur ihre Eltern geben ihr nach und nach Erinnerungen zurück. Hin und wieder passieren noch merkwürdige Sachen, sie hat Blackouts, aber sie kämpft sich zurück - geht wieder zur Schule, trifft Bekannte und als da dieser neue Junge in die Klasse kommt... man kann es sich ja denken, oder?

    Pustekuchen.


    Die Autorin hat einen fesselnden, einnehmenden Schreibstil. Sie schafft mit ihren Worten eigene „Gedankenwelten“, so wie Nina zum Gedächtnistraining ihren Palast - eine anerkannte Methode, um Patienten mit Gedächtnisverlust zu helfen sich zu erinnern. Und es hilft. Für eine Weile. Ninas Leben geht weiter. Aber es gibt immer noch Unstimmigkeiten.


    Ich muss gestehen, ich hatte anfangs meine Probleme mit Nina. Vor allem aber mit ihren Eltern. Ich habe mir die wildesten Szenarien ausgemalt und immer eine ungewohnte Skepsis gegenüber dem, was ihre Eltern ihr vom Unfall erzählt haben.

    Diese ganzen unlogischen Dinge von Beginn haben nicht nur die Protagonistin, sondern auch mich aus dem Konzept geworfen.

    Aber nicht nur die Hauptcharaktere bereiteten mir etwas Kopfzerbrechen.

    Auch die Nebenfiguren waren mir suspekt. Ihre nicht vorhandenen Freunde - wer hat mit 17 denn keine Freunde?

    Nicht mal eine beste Freundin? Nicht mal Online-Bekanntschaften, die sie ja aufgrund ihres Hobbys hätte haben müssen?

    Es ist jetzt nicht so, dass sie niemanden kennt, aber so innige, tiefe Freundschaft findet man hier nicht.

    Das hat sich zwar im Endeffekt aufgelöst, passte für mich aber einfach nicht in die Szenerie. Doch von diesen Kleinigkeiten mal abgesehen hat mir die Geschichte wirklich gut gefallen.


    Dadurch, dass Nina viele Dinge nicht weiß, war permanent Spannung vorhanden - und wenn sie im Laufe der Zeit dann durch ihre Deja-Vus flog gab es viele „Aha“ Momente auf die ich oft nicht gekommen wäre.

    Der männliche Gegenpart Arthur tat sein übriges um Romantik und Humor in die sonst doch eher ernste Geschichte zu bringen.

    Und diese Auflösung war der Knaller schlechthin. Zum Ende hin musste ich wirklich nochmal die Luft anhalten...


    Fazit:


    Mit „Leben rückwärts lieben“ ist der Autorin eine gute Geschichte gelungen, die von Erinnerungen erzählt und beschreibt, wie es ist, wenn man sich selbst nicht mehr vertrauen kann. Die bedrückende Angst nicht mehr zu wissen was wahr ist und was nicht, wurde sehr gut verarbeitet, auch wenn das anfänglich zu Startschwierigkeiten führte. Die Protagonistin war zeitweise leicht zu beeindrucken, aber das hat der romantischen Seite der Story natürlich in die Karten gespielt.


    Lasst euch nicht vom Titel abschrecken, hier wird nichts rückwärts erzählt, man kann der Geschichte mit dem ernsten Hintergrund ganz normal folgen - bekommt nur manchmal einen kleinen Knoten ins Hirn. ;)


    Bewertung:


    ⭐️⭐️⭐️⭐️ (4/5)

  • Große Sogwirkung durch ein Geflecht aus Vermutungen und Unsicherheiten


    Klappentext

    „Nina erwacht aus dem Koma. Sie hatte einen Unfall, daran erinnert sie sich ganz genau – doch ihre Eltern und ihre Freunde widersprechen. Nichts von dem, was sie erzählt, sei wahr. Aber Nina hat Bilder im Kopf, Bilder von einer Bergtour, einem Haus und einem Jungen, in den sie verliebt ist. Keiner ihrer Freunde weiß, wovon sie spricht. Da steht der Junge plötzlich vor ihr: Arthur. Er kennt Nina nicht, doch all die Erlebnisse in ihrem Kopf treten nun genauso ein, wie sie sich erinnert. Nina kann sich dem gefährlichen Sog von Arthur und den Bildern nicht entziehen … und muss den Unfall verhindern, der ihr in der Erinnerung bereits zugestoßen ist.“


    Gestaltung

    Das Cover finde ich unfassbar gut gelungen. Mir gefallen die Farben, die schön mit den rot-blau Kontrasten spielen. Der blau-weiße Vordergrund lenkt den Blick des Betrachters auf die warmen Farben des Mädchengesichtes und des rötlichen Hintergrundes. Auch den Blick des Mädchens in die Kamera bzw. in die Augen des Betrachters finde ich ausgesprochen gelungen, da er einen geradezu magisch anzieht.


    Meine Meinung

    Nachdem ich „Cloud“ von Autorin Claudia Pietschmann schon gelesen und gerne gemocht hatte, konnte ich die Finger nur schwer von „Leben rückwärts lieben“ lassen, denn vor allem der Klappentext zog meine Neugierde an. In dem Buch geht es um Nina, die sich an einen Unfall erinnert, der gar nicht passiert ist – oder vielmehr der noch nicht passiert ist. Sie weiß als einzige was passieren wird und setzt alles daran, den Unfall zu verhindern…wird ihr dies gelingen?


    Das Thema des Buches fand ich sehr komplex, denn es geht um Erinnerungen. Nina erinnert sich an etwas, von dem ihr Umfeld sagt, dass es nicht passiert ist. Und hier wird es spannend, denn als Leser war ich mir nie sicher, was denn nun stimmt. Sind Ninas Erinnerungen nur Schein? Oder spielen ihr ihre Freunde und Familie etwas vor, um sie vielleicht zu schützen? Ein spannendes Geflecht webt sich so langsam und breitet sich über den Leser aus, nimmt ihn gefangen und lässt ihn bis zum Schluss nicht mehr los.


    Dabei watet das Buch auch immer wieder mit Überraschungen und unerwarteten Wendungen auf, die erstaunen und das Spannungslevel noch mehr in die Höhe treiben. Dabei lässt sich „Leben rückwärts lieben“ durch den angenehmen Schreibstil von Claudia Pietschmann unglaublich schnell verschlingen, denn es entsteht schon nach wenigen Seiten geradezu ein Lesesog, durch den ich gar nicht merkte, wie viele Seiten ich auf einmal verschlang. Die Beschreibungen sind anschaulich und sorgen für wahres Kopfkino. Gleichzeitig sind sie aber nicht zu ausufernd, sodass das Lesen nicht anstrengend wird.


    Mir persönlich hat Protagonistin Nina gut gefallen, da sie trotz all der Unsicherheiten bezüglich ihres Gedächtnisses weiter mutig voranschreitet, um ihr Ziel zu verfolgen. In ihre Gedankenwelt konnte ich auch trotz der Erinnerungslücken und Verwirrungen um diese sehr gut einsteigen und mich zu Recht finden. Der männliche Protagonist Arthur hat für mich etwas Leichtigkeit, Humor und Romantik in die sonst sehr ernste Geschichte gebracht.


    Fazit

    Über „Leben rückwärts lieben“ möchte ich gar nicht mehr verraten, außer: lest dieses Buch, denn es wird euch überraschen, in seinen Bann ziehen und nicht mehr loslassen. Die Geschichte ist fesselnd und spannend bis zum Schluss, denn es entsteht ein Geflecht aus Vermutungen und Unsicherheiten, bei denen man lange Zeit nicht weiß, woran man ist. Genau dies macht die Sogwirkung des Buches aus, wodurch ich es nicht mehr aus den Händen legen konnte.

    5 von 5 Sternen!


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