Lisa Lamp - Wenn die Nacht stirbt und dein Herz aufhört zu schlagen

  • Wenn die Nacht stirbt und dein Herz aufhört zu schlagen - Lisa Lamp


    AAVAA Verlag

    199 Seiten

    Fantasy

    Band 1

    01. August 2018


    Inhalt:


    „Sie wehrte sich tapfer, aber sie würde keine Chance haben. Niemand von uns hatte eine Chance.“


    Als sich die glühenden Brandzeichen in Reads Haut brennen, ist der Schülerin sofort klar, dass sich ihr Leben für immer verändern wird. Mit ihren neugewonnenen Fähigkeiten reist Read ins Hexeninternat und wird prompt in einen Strudel aus Geheimnissen und Lügen gezogen. Während eine Mitschülerin in der Junghexe eine Gefahr sieht und die anderen gegen sie aufhetzt, sucht Hunter, Reads angeblicher Seelenverwandter, ihre Nähe, obwohl er in einer Beziehung steckt. Zusätzlich stiften die Alpträume der Junghexe Verwirrung und lassen sie daran zweifeln, was wahr ist und was nicht. Als plötzlich Schüler spurlos verschwinden, ist das Chaos perfekt, und ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt.


    Meinung:


    Hexen? Zauberei? Eine Schule für Menschen mit magischen Begabungen?

    Pah, das gibt es doch alles nicht!

    So denkt Read, eine Jugendliche mit streng katholischer Mutter und ebenso strengen Bestrafungen über das ganze Thema, bis sie eins Tages mitten in ihrer Schule von einer Chooserin gezeichnet wird.

    Klang für meine Verhältnisse auf den ersten Blick leicht nach House of Night.

    Read erhält Hexenmale, die sie nun für immer als Freak abstempeln.

    Mit diesen Unverzierungen kann sie nicht nach Hause, denkt sie sich und ergreift ohne großen Plan die Flucht.

    Weit kommt sie allerdings nicht ohne von Visionen und göttlichen Besuchen geplagt zu werden. Mit der Ankunft auf der Hexenakademie beginnt somit auch die aufregendste Zeit ihres Lebens, auch wenn sie das mit aller Macht zu verleugnen versucht.


    Der Einstieg in das Debüt der Autorin las sich bombastisch.

    Der Leser wird mit einer Rückblende in die Zeit der Hexenverbrennungen und Inquisition gelockt und gefangen gehalten.

    Diese ziehen sich, neben den Erzählungen zur Hauptstory, durch die gesamte Geschichte und haben mir mit am besten gefallen. Denn sie sind brutal, fesselnd und ungeschönt.

    Da brutzelt Haut, da brechen Knochen und die Schreie der Gefangenen dringen einem durch Mark und Bein. Einfach herrlich düster. Und auch der Rest der Story kann sich sehen lassen. Eigentlich.

    Dennoch hatte ich ein paar Probleme. Aber dazu später mehr.



    Ich brauchte ein wenig Zeit, um mich an die Erzählweise zu gewöhnen und war zu Beginn ein bisschen verwirrt.

    Die Geschichte wird aus der Sicht von Read in der Ich-Perspektive geschildert, was ich normalerweise liebe.

    Allerdings sind die Kapitel in Briefform verfasst. Sie beginnen mit „Liebe...“ und enden jeweils immer mit „Deine Read“.

    Die Protagonistin erzählt ihre Sicht der Dinge und es ist keinesfalls schlecht zu lesen. Hin und wieder wird die Person, an die sie schreibt, direkt angesprochen. Beispielsweise: „Du bliebst, wo du warst, während ich mich an den Tisch setzte.“

    Das machte die Sache manchmal etwas komplizierter, aber nichtsdestotrotz habe ich das Lesen nach kurzer Zeit sehr genossen.


    Während ich die Handlung verfolgte und mehr und mehr Schlüsse über den Verlauf der Geschichte zog, fragte ich mich jedoch immer mehr, was denn der Titel „Wenn die Nacht stirbt und dein Herz aufhört zu schlagen“ mit der Story zu tun haben könnte. Leider hat sich mir das immer noch nicht ganz erschlossen. Das ist jetzt kein großes Manko, ein passenderer Titel hätte mich jedoch gefreut.


    Was mich allerdings sehr gestört hat war das Tempo der Erzählung und die Authentizität der Protagonisten. Versteht mich nicht falsch, ich habe ihnen fast jedes Wort geglaubt, das sie von sich gaben, doch irgendwie fühlte es sich zu schnell an. Anders. Falsch. So als sei jede Freundschaft mit einem Fngerschnipsen da gewesen (was es natürlich geben kann, aber in diesem Kontext wirkte es einfach deplatziert). Mir fehlte einiges an Tiefe. Die Geschichte schreitet sehr schnell voran, das Buch hätte für meinen Geschmack noch gut und gerne 100 Seiten mehr haben können, um den Charakteren den nötigen Schliff zu geben.

    Und dennoch: während ich Read anfangs nicht mochte, weil sie alles was irgendwie ungewöhnlich war verleugnete, wuchs sie mir mit der Zeit ans Herz. Genauso wie Tara, Hunter, Jona, Jaimie, Mel und all ihre anderen Freunde.

    Selbst ohne die gewisse Tiefe. Es ist wirklich schwer zu beschreiben.

    Sie alle haben Persönlichkeit, gar keine Frage - aber die darf der Leser fast nicht selbst ergründen, sondern sie wird einem beim ersten Aufeinandertreffen vor die Füße geworfen. Jona ist so, Jaimie ist so, Mel so usw.

    Ich konnte mir kein eigenes Bild machen und das störte mich.


    Der Schreibstil ist für ein Debüt mehr als genial. Leicht gehoben und doch irgendwie jugendlich, mit einer Sogwirkung, die einen hin und wieder staunen lässt. Auch Spannung und Magie kommen in diesem Buch nicht zu knapp.

    Doch die storymäßige Entwicklung weist in meinen Augen - durch die Briefform - ein paar Lücken auf, die mich wahnsinnig gemacht haben. Ein wenig mehr Ausführlichkeit hätte nicht geschadet und so werden manche Ereignisse in der „realen“ Welt nur oberflächlich gestriffen, wie zum Beispiel der erste Leichenfund, während in der Vergangenheit jedes Detail zu stimmen scheint.


    Ihr seht, es gab einige Ungereimtheiten und Dinge, die mir nicht gefallen haben. Aber auf der anderen Seite war die Geschichte an sich einfach genial. Ebenso wie der Stil. Trotzdem fiel es mir schwer eine Bewertung zu finden, die sich damit vereinbaren lässt.


    Fazit:


    „Wenn die Nacht stirbt und dein Herz aufhört zu schlagen“ ist wieder eins von diesen Büchern, das einen zwiegespalten zurücklässt. Einerseits halte ich es für großartige Fantasy in Bezug auf die Hexenverfolgung und Inquisition.

    Es enthält brutale, atmosphärisch beklemmende Szenen und lässt Gänsehaut nicht aus. Und auf der anderen Seite wirkt es wie ein chaotisches Jugendbuch, schnelllebig und etwas unausgereift, eben wie das bei manchen Debüts nun mal so ist.

    Spannung trifft Chaos trifft Magie trifft fehlende Tiefe.


    Hier muss jeder selbst entscheiden, ob er der Geschichte rund um die junge Hexe Read und ihren Freunden, eine Chance geben will. Tendenziell ist nach oben alles offen.


    Bewertung:


    ⭐️⭐️⭐️? (3,5/5)